Dr. Alfred Simlacher, Dr. Stephan Vossel
Rn. 520
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Wegen ihrer Wesensgleichheit finden die handelsrechtlichen Vorschriften des Verschmelzungsrechts ebenso für Spaltungen Anwendung (vgl. § 125 UmwG), so auch die Vorschriften der Schlussbilanz (vgl. § 17 Abs. 2 UmwG). Indes sind Besonderheiten zu beachten, die sich insbesondere aus den Spezifika der drei Spaltungsarten "Aufspaltung" und "Abspaltung" sowie "Ausgliederung" (vgl. § 123 UmwG) ergeben. Da bei den Spaltungsarten nicht das ganze Vermögen des übertragenden Rechtsträgers (bzw. im Falle der Aufspaltung) auf einen übernehmenden Rechtsträger übergeht, ist eine genaue Identifikation und Bestimmung der zu übertragenden Aktiva und Passiva im Spaltungs- und Übernahmevertrag erforderlich. Daher wird ergänzend zu oder an Stelle einer Gesamtschlussbilanz die Einreichung von Teilschlussbilanzen für das übergehende und verbleibende Vermögen (Abspaltung) bzw. für das übergehende Vermögen (Aufspaltung und Ausgliederung) befürwortet (vgl. IDW RS HFA 43 (2012), Rn. 8f.). Die Zuordnung des Vermögens kann frei vorgenommen werden. Restriktionen, um welches Vermögen es sich handeln muss, bestehen nicht. Indes darf kein Verstoß gegen die Kap.-Erhaltungsgrundsätze gegeben sein.
Rn. 521
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die steuerlichen Vorschriften verweisen in § 15 Abs. 1 Satz 1 und § 16 Satz 1 UmwStG auf die Verschmelzungsnormen und differenzieren zwischen KapG und PersG als aufnehmenden Rechtsträger. Gegenüber den handelsrechtlichen Anforderungen muss das zu übertragende Vermögen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit eine steuerneutrale Übertragung zu Buchwerten erfolgen kann. U.a. muss das Teilbetriebserfordernis (bei Aufspaltung und Einbringung) bzw. das doppelte Teilbetriebserfordernis (bei Abspaltung) erfüllt sein (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Steuerminderungspotenziale des übertragenden Rechtsträgers, wie etwa ein Verlust- oder Zinsvortrag, gehen nicht (anteilig) auf den übernehmenden Rechtsträger über (vgl. Vossel (2012), S. 355). Bei einer Abspaltung reduziert sich dessen Volumen anteilig im Verhältnis der gemeinen Werte von übergehendem Vermögen zum Gesamtvermögen (vgl. § 15 Abs. 3 UmwStG).
Rn. 522
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Eine Besonderheit im steuerlichen Spaltungsrecht ist die Einbringung von UN-Teilen in eine KapG (vgl. § 20 UmwStG) und eine PersG (vgl. § 24 UmwStG) mit der Möglichkeit einer steuerneutralen Übertragung von Vermögen auf einen anderen Rechtsträger. Zivilrechtlich kann eine Einbringung die Voraussetzungen einer Ausgliederung (vgl. § 123 Abs. 3 UmwG) erfüllen, so dass es sich um eine Vermögensübertragung im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge handelt. In einem solchen Fall gelten die nachfolgenden Ausführungen zur Bilanzierung von latenten Steuern. Alternativ dazu kann es sich bei einer Einbringung um eine Sacheinlage mit Einzelrechtsnachfolge handeln, im Rahmen dessen ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil als Sacheinlagenobjekt eingelegt wird (vgl. HdR-E, HGB § 274, Rn. 571ff.).
Rn. 523
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die unterschiedlichen Ansatz- und Bewertungsgrundsätze in handels- und steuerrechtlicher Schlussbilanz begründen temporäre Differenzen. Damit verbunden ist die Notwendigkeit, latente Steuern zu ermitteln. Für die drei Spaltungsarten gelten die für Verschmelzungsfälle dargestellten Grundsätze entsprechend (vgl. HdR-E, HGB § 274, Rn. 482ff.). Demgemäß sind aktive latente Steuern auf Steuerminderungspotenziale, die infolge der Spaltung entfallen und weder für den übertragenden noch für den übernehmenden Rechtsträger künftig nutzbar sind, in der Schlussbilanz nicht mehr zu berücksichtigen.
Rn. 524
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Bei Anwendung der Buchwertverknüpfung durch den übernehmenden Rechtsträger (vgl. § 24 UmwG) eröffnet sich zudem für den übertragenden Rechtsträger ein größerer Gestaltungsspielraum, die Ansatz-, Bewertungs- und Darstellungsstetigkeit zu durchbrechen. Die Anwendung der Buchwertverknüpfung stellt einen begründeten Ausnahmefall dar, von der bisherigen Vorgehensweise abzuweichen und bereits auf die Ansatz- und Bewertungsgrundsätze des übernehmenden Rechtsträgers überzugehen (vgl. IDW RS HFA 43 (2012), Rn. 5, 17). Indes beschränkt sich diese Möglichkeit bei Abspaltungen und Ausgliederungen auf das übergehende Vermögen (vgl. Vossel (2012), S. 350).
Rn. 525
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Eine besondere Konstellation ist gegeben, wenn mit der Einbringung von Vermögen in eine KapG (vgl. § 20 UmwStG) zeitgleich eine ertragsteuerliche Organschaft begründet wird. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, ob in der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers die latenten Steuern erfolgswirksam auszubuchen sind und (eine logische Sekunde später) der übertragende Rechtsträger in seiner Eigenschaft als Organträger diese erfolgswirksam zu erfassen hat oder ob es zulässig erscheint, die beim übertragenden Rechtsträger angesetzten latenten Steuern fortzuführen. Für eine unveränderte Fortführung spricht, dass sowohl das (unmittelbare) Eigentum an einem ...