Prof. Dr. Karlheinz Küting, Dr. Michael Reuter
Rn. 225
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Ein Erlassvertrag begründet regelmäßig eine Pflicht zur Auflösung der betreffenden Verbindlichkeit, da diese durch den Erlass beseitigt wird (vgl. zustimmend Döllerer, in: FS Forster (1992), S. 199 (203); Häuselmann, BB 1993, S. 1552 (1553), m. w. N.; Thiel, GmbHR 1992, S. 20 (26); zudem BFH, Urteil vom 30.05.1990, I R 41/87, BStBl. II 1991, S. 588 (591ff.)). Aufgrund einer Besserungsabrede ggf. zukünftig neu entstehende (ungewisse) Schulden sind nur in die Bilanz aufzunehmen, wenn sie am BilSt bereits wirtschaftlich verursacht sind. Dazu muss nach der Rspr. des BFH der Tatbestand, dessen Rechtsfolge die Verbindlichkeit ist, i.W. vor dem BilSt verwirklicht sein. Das endgültige Entstehen der Schuld darf mithin nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängen (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 35ff.). Bei aufschiebend bedingten oder unter einer auflösenden Bedingung erlassenen Verbindlichkeiten stellt der Bedingungseintritt ein wirtschaftlich wesentliches Tatbestandsmerkmal dar (vgl. Döllerer, in: FS Forster (1992), S. 199 (203); Niemann/Mertzbach, DStR 1992, S. 929 (932); Schmidt: EStG (2023), § 5, Rn. 550). Sie sind daher erst dann zu passivieren, wenn aufgrund der Entwicklung bis zum BilSt. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt der jeweiligen Bedingung auszugehen ist.
Rn. 226
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Anders stellt sich die Situation dar, wenn der zwischen Gläubiger und Gesellschaft geschlossene Erlassvertrag keine echte Entlastung des Stichtagsvermögens mit sich bringt, sondern wirtschaftlich einer Stundung gleichkommt. Dies ist bspw. der Fall, wenn die (auflösend bedingt erlassene) Forderung des Gläubigers in der Insolvenz der Gesellschaft wieder aufleben soll. Unter dieser Voraussetzung kommt eine Ausbuchung der Verbindlichkeit nicht in Betracht (vgl. ADS (1998), § 246, Rn. 155, m. w. N.). Dies gilt dann nicht, wenn ein Anspruch nur bei Liquidation der Gesellschaft und nach Befriedigung aller Gläubiger gleichrangig mit den Gesellschaftern geltend gemacht werden kann.
Rn. 227
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Eine etwaige Auflösung von Verbindlichkeiten infolge eines Forderungserlasses ist grds. erfolgswirksam nachzuvollziehen und führt zum Ausweis eines sonstigen betrieblichen Ertrags in der GuV. Verzichtet ein Gesellschafter auf seine Forderung gegen die Gesellschaft, steht es ihm alternativ frei, den Zuschuss als andere Zuzahlung nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 zu gewähren, die ohne Berührung der GuV in die Kap.-Rücklage einzustellen ist (vgl. Häuselmann, BB 1993, S. 1552 (1553), sowie allg. HdR-E, HGB § 272, Rn. 102ff.; kritisch zu diesem Wahlrecht NWB HGB-Komm. (2023), § 246, Rn. 98).
Rn. 228
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Wurde eine Besserungsabrede getroffen, ist mit dem Eintritt der an sie geknüpften Bedingung die ursprünglich erlassene Verbindlichkeit wieder in voller Höhe auszuweisen. Buchungstechnisch erfolgt ihre Bildung analog zur Auflösung entweder erfolgswirksam oder erfolgsneutral durch Verwendung der nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 gebildeten Kap.-Rücklage. Wirkt der Bedingungseintritt schuldrechtlich zurück, sind die für die Zeit der Krise nachträglich zu zahlenden Zinsen im Jahr des Bedingungseintritts erfolgswirksam zu erfassen (vgl. BFH, Urteil vom 30.05.1990, I R 41/87, BStBl. II 1991, S. 588 (592f.); Sender, GmbHR 1992, S. 157 (158f.)).
Rn. 229
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Mittelgroße und große KapG ebenso wie haftungsprivilegierte PersG i. S. d. § 264a sind gemäß § 285 Nr. 15a verpflichtet, das "Bestehen von Genussscheinen, Genussrechten, Wandelschuldverschreibungen, Optionsscheinen, Optionen, Besserungsscheinen oder vergleichbaren Wertpapieren oder Rechten, unter Angabe der Anzahl und der Rechte, die sie verbriefen", anzugeben. Zur Frage, inwieweit die aus Besserungsabreden resultierenden bedingten Verbindlichkeiten als sonstige finanzielle Verpflichtungen angabepflichtig sind, vgl. HdR-E, HGB §§ 284–288, Rn. 556ff.).