Prof. Dr. Karlheinz Küting, Dr. Michael Reuter
Rn. 233
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Der bilanziellen Abbildung von Genussrechtskap. im handelsrechtlichen JA hat sich der HFA des IDW in seiner Stellungnahme "Zur Behandlung von Genußrechten im Jahresabschluß von Kapitalgesellschaften" angenommen (vgl. HFA 1/1994, WPg 1994, S. 419ff.; fernerhin Dürr (2007), S. 227ff.). Diese sieht in Abhängigkeit von der jeweiligen Ausgestaltung der Genussrechte eine unmittelbare Einstellung in das EK, eine Passivierung als FK oder eine erfolgswirksame Vereinnahmung des Kap. vor.
Rn. 234
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Eine erfolgsneutrale Passivierung des überlassenen Genussrechtskap. in Form eines Sonderpostens innerhalb des EK (nach dem gezeichneten Kap., den Gewinnrücklagen oder als letzter Posten des EK) ist – unabhängig davon, ob die Kap.-Zufuhr durch einen Gesellschafter oder einen Nichtgesellschafter erfolgt – unter drei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen geboten (vgl. im Einzelnen HFA 1/1994, WPg 1994, S. 419 (420f.); Küting/Kessler/Harth, BB 1996, Beilage Nr. 4 zu Heft 8, S. 1ff.):
(1) |
Nachrangigkeit des Genussrechtskap.: Ein Rückzahlungsanspruch der Genussrechtsinhaber darf im Fall der Insolvenz oder Liquidation der Gesellschaft erst nach Befriedigung der Ansprüche solcher Gläubiger entstehen, deren Kap.-Überlassung nicht die Voraussetzungen für einen Ausweis im EK erfüllt. |
(2) |
Volle Verlustbeteiligung und Erfolgsabhängigkeit der Vergütung für die Kap.-Überlassung: Um eine Umgehung der gesetzlichen Kap.-Erhaltungsregelungen zu vermeiden, dürfen eingetretene Verluste solche EK-Bestandteile, die aufgrund rechtsformspezifischer Vorschriften gegen Ausschüttungen besonders geschützt sind, erst dann angreifen, wenn zuvor das Genussrechtskap. durch Verlustverrechnung vollständig aufgezehrt wurde. Eine Teilnahme des Genussrechtskap. am Verlust muss spätestens im Zeitpunkt seiner Rückzahlung erfolgen, und zwar mindestens in dem Umfang, in dem diese Verluste nicht von ausschüttungsfähigen EK-Bestandteilen getragen werden können. Die Voraussetzung der Erfolgsabhängigkeit ist nach der Stellungnahme des HFA erfüllt, wenn durch die Zahlung einer Vergütung für die Kap.-Überlassung die besonders gegen Ausschüttung geschützten EK-Bestandteile nicht angegriffen werden, dem UN mithin keine Haftungssubstanz entzogen wird. Eine erfolgsunabhängige Mindestverzinsung soll der Qualifikation des Genussrechtskap. als EK dann nicht entgegenstehen, sofern die Gefahr eines Abflusses von Haftungssubstanz als Folge der zu zahlenden Vergütung durch entsprechende Ausgleichsverpflichtungen Dritter ausgeschlossen ist. Gleiches gilt, wenn die Genussrechte – ähnlich wie kumulative Vorzugsaktien – mit einer an die Existenz frei verfügbarer EK-Bestandteile geknüpften Mindestvergütung ausgestattet werden und den Inhabern ein (bedingter) Nachholanspruch für den Fall zusteht, dass die gezahlte Verzinsung den garantierten Mindestbetrag nicht erreicht. |
(3) |
Längerfristigkeit der Kap.-Überlassung: Das Genussrechtskap. muss der Gesellschaft für einen längerfristigen Zeitraum überlassen werden, währenddessen eine Rückzahlung durch den Genussrechtsemittenten nicht erfolgen darf bzw. vom Genussrechtsinhaber nicht verlangt werden kann. |
Rn. 235
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Da sich aufgrund eines möglichen Rückforderungsanspruchs des Genussrechtsinhabers die Qualität des überlassenen Kap. (kurzfristig) ändern kann, fordert der HFA im Interesse des Gläubigerschutzes eine Angabe im Anhang, für welchen Zeitraum das im EK ausgewiesenes Genussrechtskap. aus Sicht des jeweiligen BilSt die Kriterien für die Einstufung als EK erfüllt. Insbesondere ist der frühestmögliche Kündigungs- oder Auszahlungstermin zu nennen.
Rn. 236
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Die vom HFA vertretene bilanzielle Behandlung von Genussrechtskap. folgt den zuvor bereits erläuterten Merkmalen des materiellen EK-Begriffs (vgl. HdR-E, HGB § 272, Rn. 201ff.; überdies Küting/Kessler/Harth, BB 1996, Beilage Nr. 4 zu Heft 8, S. 1ff.) und ist in der Literatur im Kern auf Zustimmung gestoßen (vgl. z. B. Beck Bil-Komm. (2022), § 247 HGB, Rn. 195; kritisch zur geforderten Längerfristigkeit der Kap.-Überlassung Haufe HGB-Komm. (2023), § 272, Rn. 236; strenger NWB HGB-Komm. (2023), § 246, Rn. 121). Sie fordert zu Recht keinen Ausschluss des Rückforderungsanspruchs für eine Zurechnung des Genussrechtskap. zu den eigenen Mitteln. Wie mehrere spezialgesetzliche Regelungen zu den klassischen EK-Formen zeigen, findet einerseits eine derart restriktive Auslegung des Merkmals "Nachhaltigkeit der Kap.-Überlassung" im Gesetz keine Grundlage (vgl. HdR-E, HGB § 272, Rn. 205ff.). Andererseits sind für einen Ausweis kündbarer oder befristeter Mittel im EK Regelungen zu fordern, die einen Abzug des Kap. nur zu bestimmten Anlässen und mit einer gewissen Vorlaufzeit zulassen. In dieser Frage erweist sich die Stellungnahme als wenig ergiebig: Die Zurechnung des Genussrechtskap. zum EK wird lediglich von einer Überlassung des Kap. "für einen längerfristigen Zeitraum" (HFA 1/1994, WPg 1994, S...