Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
aa) Fremdkapitalzinsen als "Bewertungshilfe"
Rn. 310
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Von der RegB (vgl. BT-Drs. 10/317, S. 88) ebenso wie mehrheitlich vom Schrifttum (vgl. z. B. Bonner-HdR (2021), § 255 HGB, Rn. 203; Meyer-Landrut/Miller/Niehus (1987), §§ 238–335 HGB, Rn. 235; Beck Bil-Komm. (2022), § 255 HGB, Rn. 502; Staub: HGB (2021), § 255, Rn. 38; Karrenbrock, in: FS Börner (1998), S. 3 (20)) wird das Einbeziehungswahlrecht für FK-Zinsen als "Bewertungshilfe" bezeichnet. Diese Interpretation erscheint jedoch nicht sachgerecht, da dieses Wahlrecht durch den pagatorischen HK-Begriff gedeckt ist. Das Realisationsprinzip wird durch die Bindung an die im Zeitraum der Herstellung tatsächlich angefallenen FK-Zinsen nicht verletzt (vgl. HFA 1974, WPg 1974, S. 324; Hofbauer, in: FS von Wallis (1985), S. 383 (390)). Soweit die zeitlichen und sachlichen Voraussetzungen für deren Aktivierung gegeben sind, unterscheiden sich Finanzierungsaufwendungen materiell nicht von den übrigen GK-Arten. Gegen ein allg. quotales Einbeziehungswahlrecht kann auch nicht glaubhaft vorgebracht werden, dass es bedenklich sei, die Höhe der HK von der Finanzierungssituation des UN abhängig zu machen; denn die HK sollen eben gerade die individuellen Verhältnisse widerspiegeln (vgl. Hofbauer, in: FS von Wallis (1985), S. 383 (390f.)). Eine Objektivierung des FK-Zinsbetrags erfolgt i. R.d. Bewertung gemäß § 253 (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 4). Schließlich spricht auch die gesetzessystematische Stellung des § 255 Abs. 3 gegen die Interpretation als "Bewertungshilfe".
bb) Geltung des Stetigkeitsgrundsatzes
Rn. 311
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 6 gilt für die Einbeziehung von FK-Zinsen in gleicher Weise wie für die in § 255 Abs. 2 gewährten Bewertungswahlrechte; denn materiell nimmt das Recht zur Aktivierung der Finanzierungsaufwendungen keine Sonderstellung ein (vgl. Schmidt, DB 1988, S. 1277 (1278); bezüglich der Anwendung des Stetigkeitsgebots bei der Ermittlung der HK HdR-E, HGB § 255, Rn. 321ff.). Der im Schrifttum vertretenen Auffassung, die Ausübung des Wahlrechts gemäß § 255 Abs. 3 sei bei der Bewertungshilfe "FK-Zinsen" an den Grundsatz der Bewertungsstetigkeit gebunden (vgl. Bonner-HdR (2021), § 255 HGB, Rn. 203), kann daher nicht gefolgt werden. Die Vergleichbarkeit der JA im Zeitablauf kann bei unsteter Ausübung des Wahlrechts durch die Vermerkpflicht des § 284 Abs. 2 Nr. 4, der lediglich eine Angabe dem Grunde nach fordert (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 305f.), nicht herbeigeführt werden.
cc) Nachweis der Kreditverwendung
Rn. 312
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Voraussetzung der Aktivierung zeitanteiliger FK-Zinsen ist die Verwendung des FK zur Herstellung eines VG. Diese wird immer dann als gegeben angenommen, wenn das UN nachweisen kann, dass das aufgenommene FK für die Finanzierung der Herstellung eines bestimmten VG verwendet worden ist (vgl. mit a. A. Schmidt, FR 1976, S. 189 (190)), z. B. anhand von Kreditvereinbarungen, in denen auf den herzustellenden VG Bezug genommen wird (vgl. Tubbesing, WPg 1964, S. 178 (180)), oder anhand von Finanzierungsplänen, die eine solche Bindung aufzeigen (vgl. Jung, DB 1981, S. 1577 (1578)). I.A. kann jedoch keine eindeutige Beziehung zwischen der Finanzierung eines UN und der Mittelverwendung für Zwecke der Herstellung von VG nachgewiesen werden. Prinzipiell "läßt sich nicht sagen, wofür Fremdkapital verwendet wird, außer zur Finanzierung des Vermögens als Ganzem" (Selchert, DB 1985, S. 2413 (2415)). Vereinfachend kann demnach unterstellt werden, die hergestellten Erzeugnisse seien zum gleichen Anteil fremdfinanziert wie das Gesamt-UN. Alternativ könnte man von anderen Zurechnungsfiktionen ausgehen, wie sie auch i. R.d. horizontalen Bilanzstrukturanalyse zur Anwendung gelangen (vgl. Küting/Weber (2015), S. 154ff.). So wäre es – in idealtypischer Betrachtung – denkbar, zu unterstellen, dass das AV möglichst fristenkongruent nahezu ausschließlich mit EK finanziert ist. In jedem Fall ergibt sich daraus: Ein Einzelnachweis ist insoweit nicht erforderlich (vgl. Selchert, DB 1985, S. 2413 (2417); Meyer-Landrut/Miller/Niehus (1987), §§ 238–335 HGB, Rn. 236; ADS (2023), § 255, Rn. 336; nicht eindeutig Beck Bil-Komm. (2022), § 255 HGB, Rn. 504ff.).