Rn. 154

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Der Mindestumfang der HK ergibt sich aus der Addition der einbeziehungspflichtigen Bestandteile der HK. Sie können gemäß § 255 Abs. 2 Satz 2 wie folgt untergliedert werden:

(1)

Einzelkosten (EK)

  • Material-EK;
  • Fertigungs-EK;
  • Sonder-EK der Fertigung;
(2)

Gemeinkosten (GK)

  • Material-GK;
  • Fertigungs-GK;
  • Werteverzehr des AV (soweit durch die Fertigung veranlasst).

Die angemessenen Teile der produktionsbezogenen GK wurden erst durch das BilMoG Bestandteil der Wertuntergrenze. Die Wertobergrenze wird entsprechend ergänzt durch die bisher schon von den produktionsbezogenen GK auch syntaktisch getrennt beschriebenen Kosten der allg. Verwaltung und freiwilligen sozialen Kosten.

 

Rn. 155

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Charakteristisch für die seit jeher als einbeziehungspflichtig geltenden EK ist es, dass sie direkt (unmittelbar, unter Umgehung der Kostenschlüsselung im Zuge der Kostenstellenrechnung) einem Bezugsobjekt zugerechnet werden können. Die direkte Zurechenbarkeit bezieht sich dabei allein auf den zur Herstellung eingesetzten mengenmäßigen Güterverzehr, also auf das sog. Mengengerüst der HK und nicht auf die Bewertung (vgl. auch Beck Bil-Komm. (2022), § 255 HGB, Rn. 248). Sofern bei einem gegebenen konstanten Mengengerüst eine Umlage (Zuordnung) der Wertkomponente erfolgt, widerspricht dies nicht dem EK-Charakter (vgl. auch Selchert, BB 1986, S. 2298 (2300f.)).

"Die Feststellung der möglichen Einzelkosten vollzieht sich durch Prüfung der Frage, ob die jeweils betrachteten Kosten hinsichtlich der jeweils betrachteten Bezugsgröße in einer meßbaren Weise variabel sind" (Börner, in: HWR (1970), Sp. 439 (442)). Ordelheide/Hartle (GmbHR 1986, S. 38 (39)) stellen in diesem Zusammenhang auf jene "bewerteten Güterverbräuche ab, die wegfallen würden, wenn das Bezugsobjekt" nicht produziert würde. EK sind daher stets variable Kosten, während variable Kosten auch GK sein können.

 

Rn. 156

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Vor den Änderungen durch das BilMoG war es in Deutschland unstrittig, dass der Gesetzgeber in § 255 Abs. 2 (a. F.) hinsichtlich der Bestimmung der Wertuntergrenze auf die EK abstellte (vgl. zweifelnd Egger, in: FS Moxter (1994), S. 195 (202f.)). Es ist aber darauf hinzuweisen, dass die 4. EG-R (78/660/EWG) – ebenso wie die nunmehr maßgebliche Bilanz-R 2013/34/EU (ABl. EU, L 182/19ff. vom 29.06.2013, ABl. EU, L 330/1ff. vom 15.11.2014, ABl. EU, L 334/86f. vom 21.11.2014, ABl. EU, L 429/1ff. vom 01.12.2021, ABl. EU, L 322/15ff. vom 16.12.2022) – in der Fassung anderer Amtssprachen offensichtlich nicht so eindeutig niedergelegt wurde. So stellt die englische Fassung z. B. ab auf "costs directly attributable to the product/item in question" und könnte insofern auch in der Weise interpretiert werden, als hier auf die variablen Kosten abzustellen ist (vgl. auch Moxter, BB 1988, S. 937). EK und variable Kosten stimmen jedoch nicht überein. Strittig war daher auch, ob der Gesetzgeber im Zuge der R-Transformation bewusst auf die EK abgestellt hat und insoweit die Transformation R-konform erfolgt ist.

 

Rn. 157

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GK – also jene Kosten, die nur im Wege der Schlüsselung und Umlage den einzelnen Bezugsobjekten zugerechnet werden können – bildeten vor BilMoG keinen Bestandteil der handelsrechtlichen Wertuntergrenze. I.d.S. erfolgt die Verteilung von GK auf die jeweiligen Bezugsobjekte "proportional zu Hilfsgrößen, die für die jeweiligen Bezugsgrößen durch Messung, Zählung oder Errechnung festgestellt oder aufgrund bestimmter Annahmen festgelegt werden. Bei diesen Hilfsgrößen handelt es sich um Abschreibungssätze u.Ä. zur Errechnung von Zeitraumgemeinkosten, um Verteilungs- oder Umlageschlüssel für die Errechnung der Gemeinkosten von Produktionsphasen, um Äquivalenzziffern und Zuschlagsgrundlagen zur Kalkulation von Trägergemeinkosten" (Menrad (1978), S. 64). Da jedoch die GK meist sehr erheblich sind (vgl. Kretschmer, BFuP 1981, S. 27 (31)) und sich ihr Anteil "infolge erhöhter Mechanisierungsgrade, gestiegener Energiekosten, Erweiterungen des Sekundärbereichs und einer Zunahme der Verwaltungs- und Vertriebskosten in den meisten Unternehmungen wesentlich erhöht" (Kilger, BFuP 1981, S. 70 (77)) hat, konnte bzw. musste ein Großteil – häufig sogar der überwiegende Teil – aller Kosten bei der Aktivierung außer Ansatz bleiben. Daher wurde zum Zwecke der Stärkung der Informationsfunktion und der besseren Vergleichbarkeit des handelsrechtlichen JA bzw. im speziellen der Bilanz (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 59) der bilanzpolitische Spielraum durch die Erhöhung der Wertuntergrenze deutlich verringert (vgl. hierzu auch BilMoG-HB (2009), Kap. VIII, S. 159 (177)).

 

Rn. 158

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Im Gegensatz zu dem hier und in der Gesetzesfassung dominierenden Begriffspaar der EK und GK spricht der Gesetzgeber in der RegB zur Änderung des § 255 von "unmittelbar zurechenbaren Aufwendungen [...], die in Abhängigkeit von der Erzeugnismenge variieren", sowie solchen "Aufwendungen, die unabhängig von d...

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