Dr. Robert Weber, Julia Sieber
Rn. 5
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Die Gewinngemeinschaft ist gemäß § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG ein Vertrag, durch den sich eine AG, KGaA oder SE verpflichtet, ihren Gewinn oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder z. T. mit dem Gewinn anderer UN oder einzelner Betriebe anderer UN zur Aufteilung eines gemeinschaftlichen Gewinns zusammenzulegen. Der verpflichtete Vertragspartner muss eine AG, KGaA oder SE sein, während der andere ein UN sein muss; dabei kommt es auf die Rechtsform des anderen UN nicht an. Zulässig ist die Gewinngemeinschaft auch mit mehr als zwei Vertragspartnern (vgl. MünchKomm. AktG (2020), § 292, Rn. 11; MünchKomm. AktG (1976), § 292, Rn. 8; Hüffer-AktG (2022), § 292, Rn. 3f.; HB-GesR (2020/IV), § 73, Rn. 8; Walter, BB 1995, S. 1876 (1877)).
Rn. 6
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Die Gewinngemeinschaft erfüllt die Voraussetzungen einer GbR als Innengesellschaft, so dass die §§ 705ff. BGB ergänzend Anwendung finden. Der gemeinsame Zweck des Vertrags ist die Zusammenlegung und anschließende Aufteilung des Gewinns, wobei der vereinte Gewinn größer sein soll als die Summe der Einzelgewinne. Um eine Beteiligung am Kap. oder der Arbeitsleistung des Vertragspartners geht es dagegen nicht. Die Vertragsparteien behalten ihre wirtschaftliche und rechtliche Selbständigkeit. Weitere Motive für die Bildung einer Gewinngemeinschaft können die Verteilung von Marktrisiken, die Sicherung eines gewissen Wachstums des UN unabhängig von der jeweiligen Ertragslage, die Schaffung von Voraussetzungen für eine bestimmte Mindestdividende oder die Verstetigung des Gewinnanfalls sein. Wenn die Erreichung des Zwecks dauerhaft unmöglich wird, führt das gemäß § 726 BGB (ab 01.01.2024: § 729 Abs. 2 BGB) zur Auflösung der Gewinngemeinschaft (vgl. Emmerich/Habersack (2020), § 13, Rn. 11; Winter/Dremel (2021), A 7.00, Rn. 1; Walter, BB 1995, S. 1876 (1877f.); BFH, Urteil vom 22.02.2017, I R 35/14, DStR 2017, S. 1529). Wesentliches Merkmal ist, dass der Gewinn der UN oder ihrer Betriebe gepoolt wird (vgl. Beck AG-HB (2018), § 15, Rn. 110). Der Begriff des Gewinns wird allerdings vom Gesetz nicht näher konkretisiert. Es kann sich dabei demnach um den Jahresüberschuss nach § 275 Abs. 2 Nr. 17 bzw. § 275 Abs. 3 Nr. 16, um den Bilanzgewinn oder das Rohergebnis handeln. In jedem Fall muss der Gewinn periodisch ermittelt sein (h. M.; vgl. hierzu MünchKomm. AktG (2020), § 292, Rn. 16; Emmerich/Habersack (2020), § 13, Rn. 10; Hüffer-AktG (2022), § 292, Rn. 7f.; BeckOGK-AktG (2022), § 292, Rn. 8; Henssler/Strohn (2021), § 292 AktG, Rn. 5; Hölters-AktG (2022), § 292, Rn. 6). Dabei reicht es nach § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG aus, wenn nur ein Teil des Gewinns aufgeteilt wird, z. B. der Gewinn einzelner Betriebe oder ein Teil des gesamten Gewinns. In jedem Fall muss es sich um den eigenen Gewinn des UN handeln; ist Gegenstand des Vertrags der Gewinn eines TU, ist für die Anwendung der §§ 293ff. AktG kein Raum (vgl. Emmerich/Habersack (2020), § 13, Rn. 15). Möglich ist auch die Kombination einer Gewinn- mit einer Verlustgemeinschaft zu einer Ergebnisgemeinschaft. Auch die Ergebnisgemeinschaft fällt unter § 292 Abs. 1 AktG, die reine Verlustgemeinschaft dagegen nicht (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 292, Rn. 7; Walter, BB 1995, S. 1876. (1877f.)). Für die hinreichende Bestimmtheit des Vertrags ist es notwendig, dass ein Verteilungsschlüssel festgelegt wird. Der Schlüssel soll grds. eine angemessene Aufteilung des Gewinns vorsehen und gleichzeitig die unternehmerischen Risiken ausgewogen verteilen (vgl. Baumbach/Hueck (1968), § 292 AktG, Rn. 5). Es ist aber zulässig, wenn zeitweise einer der Vertragspartner begünstigt, der andere benachteiligt wird. Durch die Aufteilung erlangt jeder Vertragspartner die freie Verfügungsgewalt über seinen Gewinnanteil. Voraussetzung ist außerdem, dass der Gewinn aller beteiligten UN zusammengelegt und dann der Gesamtbetrag aufgeteilt wird. Darin liegt der wesentliche Unterschied zum GAV oder TGAV, bei denen der Geldfluss nur in eine Richtung verläuft (vgl. MünchKomm. AktG (2020), § 292, Rn. 19f.; BeckOGK-AktG (2022), § 292, Rn. 9). Eine gleichberechtigt ausgestaltete Gewinngemeinschaft tendiert durch die (teilweise) Zusammenfassung der Geschäftsführung zur Verwaltungsgemeinschaft i. S. d. § 709 BGB (ab 01.01.2024: § 715 BGB). Wenn die Koordinierung zu weit reicht, etwa wenn sie zu einer einheitlichen Leitung der UN führt, kann der entstehende Gleichordnungskonzern unter das Kartellverbot nach § 1 GWB und Art. 101 AEUV fallen (vgl. Emmerich/Habersack (2020), § 13, Rn. 13; Walter, BB 1995, S. 1876 (1877); Hüffer-AktG (2022), § 18, Rn. 22). Vom BHV ist die Gewinngemeinschaft dadurch abzugrenzen, dass sie keine Weisungsrechte für einen Vertragsteil vorsieht (vgl. Emmerich/Habersack (2020), § 13, Rn. 12; BeckOGK-AktG (2022), § 292, Rn. 11). Der wesentliche Unterschied zum GAV besteht darin, dass die Gewinngemeinschaft kein Subordinationsverhältnis begründet (vgl. Walter, BB 1995, S. 1876 (1877)). Keine Gewinngemeinschaft liegt vo...