Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 180
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Fertigungskosten umfassen i.W. die i. R.d. Produktion anfallenden Löhne und Lohnnebenkosten; ferner zählen dazu vergleichbare Aufwendungen, die durch den Einsatz von fremden Arbeitskräften für den Produktionsprozess entstanden sind. Inwieweit es sich um Fertigungs-EK handelt, hängt entscheidend von der jeweiligen Lohnform und dem jeweiligen Fertigungsverfahren bzw. -typ ab (vgl. Küting, in: FS Ahrend (1992), S. 377ff.).
Rn. 181
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Löhne und Gehälter können nur zu den Fertigungs-EK gehören, wenn sie dem jeweiligen Produkt einzeln zurechenbar sind. Während die Personalkostenverrechnung diesem Kriterium bei der Einzel- und Auftragsfertigung – unabhängig von der Lohnform – vom Grundsatz her noch am ehesten entsprechen kann, indem Arbeiter und Angestellte projektbezogen eingesetzt und ihre Löhne und Gehälter kostenrechnerisch projekt- und nicht zeitbezogen erfasst werden, ist dies bei der Serien-, Sorten- und Massenfertigung nur bei bestimmten Lohnformen möglich.
Rn. 182
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In diesem Zusammenhang ist zwischen Zeit-, Akkord- und Prämienlöhnen zu unterscheiden (vgl. Kilger (1986), S. 266). Ausgehend von der kostenrechnerischen Grundannahme, dass EK stets variable Kosten sind und damit stückbezogen und leistungsabhängig anfallen, erfüllen der Zeit- und grds. auch der Prämienlohn definitionsgemäß nicht den Charakter von EK. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass eine Umrechnung (Schlüsselung) des Zeitlohns pro AN auf die zur Herstellung des einzelnen VG unmittelbar verwendete Fertigungszeit dem EK-Charakter nicht entgegenstehe (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 255 HGB, Rn. 248; Baumbach/Hueck (2006), § 42 GmbHG, Rn. 374). Dieser Ansicht wird hier nicht gefolgt. Allein die Überlegung, dass je nach Auslastung und Arbeitsintensität der Arbeitskraft die geschlüsselte Zeit (= Mengengerüst) und damit die Lohnhöhe je Stück beeinflusst wird, spricht gegen eine Klassifizierung dieser Zeitlohnkosten als EK. "Die Arbeitskosten bei Zeitentlohnung sind [daher, d.Verf.] immer Gemeinkosten" (Huch (1986), S. 52).
Rn. 183
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Allein die sog. (reinen) Akkordlöhne und Quantitätsprämien sind vom Grundsatz her als EK zu betrachten. Wird jedoch beim Akkordlohn die vorgeschriebene Mindestleistung nicht erreicht, so dass nur ein garantierter Mindestlohn ausgezahlt wird, ist auch dieser Lohn als Bestandteil der GK zu verrechnen.
Rn. 184
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Insgesamt muss festgestellt werden, dass der Charakter von EK die Anwendung einer bestimmten Lohnform voraussetzt und selbst dann weitere Einschränkungen möglich sind. Da aber diese bestimmte Lohnform in Deutschland eine Ausnahme darstellt, trägt der weit überwiegende Teil aller Lohnkosten den Charakter von GK.
Diese Tatsache beschnitt den Umfang der aktivierungspflichtigen Kosten nach der Rechtslage vor BilMoG deutlich, weshalb es an a. A., so bspw. seitens Moxter (BB 1988, S. 937 (941)) und Wohlgemuth, nicht mangelte. Letzterer räum(t)e zwar ein: "Aus kostentheoretischer Sicht handelt es sich [...] bei den Lohnkosten im Normalfall um Gemeinkosten" (HdJ, Abt. I/10 (2012), Rn. 25; vgl. ebenso HdJ, Abt. I/5 (2020), Rn. 21). Dennoch plädiert(e) er für eine Aktivierungspflicht der Fertigungslohnkosten, aufgrund der Tatsache, dass Fertigungslöhne entsprechend jahrzehntelanger Übung der Kaufleute i. R.d. Istkostenrechnung als Einzelkosten verrechnet wurden. Daher sei diese "Konvention [...] auch Bestandteil der GoB geworden. Es deutet nichts darauf hin, daß der Gesetzgeber von dieser Betrachtungsweise abweichen wollte, als er die Fertigungseinzelkosten zum Pflichtbestandteil der Herstellungskosten erklärt hat" (HdJ, Abt. I/10 (2001), Rn. 26). Gegen diese Auffassung sprach allerdings, dass die kostentheoretische Einordnung nicht nur aus eben dieser theoretischen Sicht, sondern auch aus Praktikabilitätsgründen zu befürworten war; sie vereinfachte die Ableitung der HK aus den Kostenrechnungsdaten (vgl. Küting/Lorson, DStR 1994, S. 666 (670)). Auch wenn nach neuem Recht nun eine andere "Vereinfachungslösung" Einzug gehalten hat, ist an der grds. Einordnung der Lohnkosten festzuhalten.
Rn. 185
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Ist die Frage bejaht, ob aufgrund der bestehenden Lohnform die Voraussetzungen zur Erfassung von EK vorliegen, ist sodann zu prüfen, ob vom Tariflohn (Tarifsatz) auszugehen ist oder auch die Lohnnebenkosten (die sog. Zweitlöhne) als EK zu betrachten sind. Da sich die Lohnnebenkosten aus völlig verschiedenen Teilgrößen zusammensetzen, liegt es nahe, das gesamte Kostenvolumen der Lohnnebenkosten in seine Komponenten zu zerlegen und jede Teilkomponente isoliert auf ihren EK-Charakter hin zu prüfen (vgl. ausführlich Schmeisser/Steinle, DB 1987, S. 2317ff.):
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Überstunden-/Feiertagszuschläge, z. B. |
(2) |
Gesetzliche/soziale Abgaben, z. B.
- Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung,
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