Prof. Dr. Gerrit Brösel, Prof. Dr. Michael Olbrich
Rn. 309
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Zur Bewertung von Handelswaren nach dem NWP ist deren beizulegender Wert zum BilSt nach h. M. grds. sowohl beschaffungs- als auch absatzmarktorientiert zu bestimmen (sog. doppelte Maßgeblichkeit; vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 488; Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 519; Bonner-HdR (2014), § 253 HGB, Rn. 396). Danach ergibt sich der beizulegende Wert für Handelswaren aus dem niedrigeren Wert aus Wiederbeschaffungskosten zzgl. angemessener Anschaffungsnebenkosten und abzgl. AK-Minderungen sowie erwartetem Verkaufserlös abzgl. noch anfallender Aufwendungen. Liegt der auf diese Weise ermittelte beizulegende Wert unterhalb des Buchwerts der zu bewertenden Handelswaren, hat gemäß § 253 Abs. 4 eine außerplanmäßige Abschreibung zu erfolgen.
Eine rein absatzmarktorientierte Bewertung, d. h. unter Vernachlässigung des Beschaffungsmarkts, ist nach hier vertretener Ansicht nach dem Prinzip der verlustfreien Bewertung für Handelswaren zwingend (vgl. so auch Haufe HGB-Komm. (2019), § 253, Rn. 302). Gesunkene Wiederbeschaffungskosten müssten sich ohnehin – funktionierende Märkte unterstellt – auch in einer absatzmarktorientierten Bewertung widerspiegeln. Bei sinkenden Wiederbeschaffungskosten werden Waren von Wettbewerbern voraussichtlich günstiger angeboten werden, wodurch der vorsichtig geschätzte Verkaufpreis auch für das UN sinkt, das den Niederstwerttest durchzuführen hat.
Rn. 310
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Bestehen für Handelswaren Beschränkungen in ihrer Verwendungsfähigkeit, kommen – wie für RHB – Gängigkeitsabschreibungen in Betracht. Von solchen Gängigkeitsabschreibungen können bspw. Lebensmittel (Mindesthaltbarkeitsdatum) oder Modeartikel (Saisonware) betroffen sein (vgl. Haufe HGB-Komm. (2019), § 253, Rn. 303).
Einer weitergehenden Abwertung, wie sie im Fall von Überbeständen bei RHB üblich ist, bedarf es bei Handelswaren nicht. Solche Wertabschläge (z. B. verringerte Verkaufspreise, erhöhte Erlösschmälerungen) werden nach dem Verfahren der verlustfreien Bewertung implizit berücksichtigt.