Prof. Dr. Hartmut Bieg, Prof. Dr. Gerd Waschbusch
Rn. 19
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Die Auffassungen über den Umfang der "weiteren qualitativen Voraussetzungen" gehen allerdings weit auseinander. Nach Biener/Berneke ((1986), S. 185) genügt es, wenn das "beteiligte Unternehmen bei Aufträgen berücksichtigt wird, oder wenn ihm nicht unmittelbar Konkurrenz gemacht wird", was offensichtlich Lieferbeziehungen oder eine gewisse Branchenverwandtschaft voraussetzt.
Rn. 20
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Adler/Düring/Schmaltz nennen beispielhaft folgende Merkmale, bei deren Vorliegen unter Würdigung der "Gesamtumstände des Einzelfalls" eine Beteiligung gegeben sei: personelle Verflechtungen, interdependente Produktionsprogramme, gemeinsame Nutzung von Vertriebswegen, Erschließung neuer Märkte, langfristige Liefer- oder Abnahmeverträge, gemeinsame FuE, Risikostreuung durch Diversifizierung, Einflussmöglichkeiten begründende Regelungen im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung, faktische Mitsprachemöglichkeiten, Vorteile für ein anderes Konzern-UN, Branchenverwandtschaft (vgl. ADS (1997), § 271, Rn. 19ff.; zudem HGB-PraxisKomm. (2020), § 271, Rn. 32). Gerade das letztgenannte Merkmal verblüfft in diesem Zusammenhang, wurde doch eine Ausgrenzung branchenfremder Anteile aus dem Posten "Beteiligungen" schon nach altem Recht als unzulässig bezeichnet (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.1987, II ZR 119/86, NJW 1987, S. 3186ff.).
Rn. 21
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Eine weitere Steigerung der Anforderungen an eine Beteiligung findet sich bei Scheffler, der feststellt, "dem eigenen Geschäftsbetrieb dienen" bedeute, dass die "Verbindung zu dem anderen Unternehmen einen Beitrag zur Zwecksetzung, zur Zielerfüllung oder zur Förderung des Geschäftsbetriebs des beteiligten Unternehmens leistet oder leisten kann. Insofern muss mit der Beteiligung mehr verbunden oder beabsichtigt sein als nur eine kapitalmarktmäßige Verzinsung des eingesetzten Kapitals" (Beck-HdR, B 213 (2018), Rn. 245). "Die Förderung des eigenen Geschäftsbetriebes muss über eine reine Verzinsung der Finanzanlagen hinausgehen [... und, d.Verf.] wird bei einer auf Dauer angelegten Beteiligung vornehmlich in der Aufrechterhaltung bestimmter Geschäftsbeziehungen oder in einem strategischen Nutzen bestehen" (Beck-HdR, B 213 (2018), Rn. 247f.). "Eine Förderung der geschäftlichen Tätigkeit des beteiligten Unternehmens lässt sich, selbst wenn man – wie z. B. bei einer Holdinggesellschaft – nur auf eine nachhaltige und risikoadäquate Renditeerzielung abstellt, auf Dauer kaum sicherstellen, wenn das beteiligte Unternehmen von der Willensbildung des Beteiligungsunternehmens völlig ausgeschlossen ist. [...] Eine der Beteiligung und ihrem Zweck angemessene [... Mitsprache- oder Einwirkungsmöglichkeit, d. Verf.] des beteiligten Unternehmens scheint daher notwendig. [...] [Insbesondere wenn, d.Verf.] ein anderer (Mehrheits-)Gesellschafter des Beteiligungsunternehmens seine Zielvorstellungen autonom durchsetzt oder durchsetzen kann und diese dauerhaft den Zielen des bilanzierenden Unternehmens zuwiderlaufen, liegt keine Beteiligung vor, da sich die Finanzanlage [dann, d.Verf.] zwangsläufig auf eine reine Kapitalüberlassung beschränkt. Im Übrigen haben Anteile an anderen Unternehmen ohne oder mit stark eingeschränkten Einwirkungsmöglichkeiten generell einen geringeren Wert als Beteiligungen, die solche Restriktionen nicht aufweisen" (Beck-HdR, B 213 (2018), Rn. 250f.).
Rn. 22
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Diese Auslegung von Scheffler greift – sofern die bereits zitierte, zunächst nur das alte Bilanzrecht betreffende Formulierung von ADS ((1968), § 152 AktG, Rn. 28; vgl. auch HdR-E, HGB § 271, Rn. 18) ohne Hinweis auf die Quelle aufgegriffen wird – in Ermangelung einer kodifizierten Definition versteckt auf Interpretationen des früheren aktienrechtlichen Beteiligungsbegriffs zurück, wonach mehr als eine Kap.-Anlage gegen angemessene ("kap.-marktmäßige") Verzinsung beabsichtigt sein müsse.
Rn. 23
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Wenn Scheffler selbst beinahe unmittelbar vorher im Hinblick auf das Vorliegen einer Beteiligung feststellt: "Neben den Merkmalen der dauerhaften Verbindung und der Förderung des eigenen Geschäftsbetriebs des beteiligten Unternehmens werden [(im Gesetzt), d.Verf.] keine weiteren Kriterien für das Vorliegen einer Beteiligung genannt. Es muss nicht die Absicht bestehen, auf die Geschäftsführung des anderen Unternehmens Einfluss zu nehmen" (Beck-HdR, B 213 (2018), Rn. 225f.), so ist nach hier vertretener Ansicht zum einen richtig zu stellen, dass von einer "Förderung" des eigenen Geschäftsbetriebs im Gesetz nicht die Rede ist, und zum anderen zu ergänzen, dass das mit dem Anteilsrecht verbundene Stimmrecht ausreichend ist, Einfluss auf das andere UN auszuüben.
Rn. 24
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Scheffler übersieht bei seiner Interpretation, die sich – was der Beginn seiner Ausführungen zunächst nicht vermuten lässt – in mehreren Schritten steigert bis zur indirekten Forderung, im Fall einer Beteiligung müsse man wenigstens über eine gewichtige...