Prof. Dr. Gerrit Brösel, Prof. Dr. Michael Olbrich
Rn. 464
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Wertminderungen können sich bei allen finanziellen Vermögenswerten, die zu fortgeführten AK (AC-Kategorie) oder erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis (FV/OCI-Kategorie) bewertet werden, ergeben (vgl. IFRS 9.5.2.2 sowie hierzu und nachfolgend ausführlich iGAAP (2019B), S. 452ff.). Hierbei kann es sich nur um schuldrechtliche Instrumente handeln. Darüber hinaus gelten die Wertminderungsvorschriften auch für weitere Sachverhalte und zwar konkret für nach IFRS 16 bilanzierte Forderungen aus Leasingverhältnissen, aus der Anwendung des IFRS 15 entstandene Vertragsvermögenswerte sowie für bestimmte Kreditzusagen und finanzielle Garantien, so dass auch bei diesen Sachverhalten ggf. eine Wertminderung für erwartete Kreditverluste zu erfassen ist (vgl. IFRS 9.5.5.1). Bei Kreditzusagen und finanziellen Garantien sind ggf. Wertminderungen schon ab dem Zeitpunkt zu bilanzieren, zu dem das UN Vertragspartei einer unwiderruflichen Zusage wird (vgl. IFRS 9.5.5.6).
Wertminderungen sind stets erfolgswirksam abzubilden (vgl. IFRS 9.5.5.8). Dies gilt auch für finanzielle Vermögenswerte, die erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis bewertet werden. Allerdings ist die Gegenbuchung der Wertberichtigung nicht als Korrekturposten zum finanziellen Vermögenswert, sondern im sonstigen Ergebnis zu erfassen (vgl. IFRS 9.5.5.2 sowie das Beispiel bei Pellens et al. (2017), S. 685).
Rn. 465
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Das bisher nach IAS 39 geltende Modell der eingetretenen Verluste ("incurred loss model") wurde durch das Modell der erwarteten Verluste ("expected loss model") nach IFRS 9 ersetzt (vgl. hierzu und nachfolgend Beck IFRS-HB (2016), § 3, Rn. 385ff.; Pellens et al. (2017), S. 684f.). Danach sind erwartete Risiken respektive Kreditausfälle ggf. mit Hilfe von Erwartungswerten zu schätzen und bereits i. R.d. Zugangsbewertung zu antizipieren (vgl. IFRS 9.B5.5.1ff.); und zwar schon bevor diese eingetreten sind. Die erwarteten (Kredit-)Verluste berechnen sich als Differenz aus dem Barwert der vertraglich vereinbarten Zahlungsströme und dem Barwert der erwarteten Zahlungsströme (vgl. IFRS 9.B5.5.28ff.). Dabei sind u. a. auch zeitliche Verschiebungen von Zins- und Tilgungszahlungen ohne Ausgleich einzubeziehen.
Nach dem "incurred loss model" musste stets ein objektiver Hinweis in Form eines Ereignisses, das zu veränderten künftigen Zahlungsströmen führt, eingetreten sein, wie bspw. die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Bei einer nur erwarteten Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durfte noch keine Wertminderung erfasst werden. Hierin unterscheiden sich die beiden Modelle. Beim "expected loss model" reicht die erwartete Eröffnung eines Insolvenzverfahrens schon aus und ist bei der Berechnung des Erwartungswerts künftiger Zahlungsströme mit zu berücksichtigen.
Die Anwendung des "expected loss model" führt bereits bei der Einbuchung eines finanziellen Vermögenswerts zur erfolgswirksamen Bildung eines Risikovorsorgepostens in der Bilanz, der die erwarteten Kreditausfälle aufnimmt. Dieser ist entsprechend der Bewertungskategorie der betreffenden finanziellen Vermögenswerte entweder als eigener (Korrektur-)Posten auf der Aktivseite (AC-Kategorie) oder als eigener Posten im sonstigen Ergebnis (FV/OCI-Kategorie) auszuweisen. Bei Kreditzusagen und finanziellen Garantien ist hingegen eine Rückstellung zu bilden.
Rn. 466
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Grds. ist die Wertberichtigung für ein Finanzinstrument zu jedem Bilanzstichtag in Höhe des erwarteten 12-Monats-Kreditverlusts (Stufe 1) zu erfassen (vgl. IFRS 9.5.5.5). Der Kreditverlust ist insofern nur auf Basis solcher Szenarien von Zahlungsausfällen zu berechnen, die in den nächsten zwölf Monaten nach dem BilSt auch tatsächlich eintreten können.
Hat sich jedoch das Ausfallrisiko seit dem erstmaligen Ansatz signifikant erhöht, ist zu jedem Abschlussstichtag die Wertberichtigung für dieses Finanzinstrument in Höhe der über die gesamte Laufzeit erwarteten Kreditverluste (sog. "lifetime expected credit losses"; Stufe 2) zu bemessen (vgl. IFRS 9.5.5.3; ausführlich zur Ermittlung erwarteter Kreditausfälle Petersen/Bansbach/Dornbach (2019), S. 228ff.). D.h., es hat ein Transfer von Stufe 1 in Stufe 2 zu erfolgen (zu entsprechenden Indikatoren vgl. IFRS 9.B5.5.17).
Wird an einem späteren Abschlussstichtag feststellt, dass keine signifikante Erhöhung des Ausfallrisikos mehr besteht, dann ist ein (Rück-)Transfer von Stufe 2 in Stufe 1 geboten und die Wertberichtigung ist zu diesem Abschlussstichtag in Höhe des erwarteten 12-Monats-Kreditverlusts zu bilanzieren (vgl. IFRS 9.5.5.7).
Rn. 467
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Zu jedem Abschlussstichtag sind Finanzinstrumente auf signifikante Veränderungen des Ausfallrisikos im Vergleich zu deren erstmaligem Ansatz zu prüfen (vgl. IFRS 9.5.5.9ff.). Dabei sind angemessene und belastbare Informationen, die ohne unangemessenen Kosten- oder Zeitaufwand verfügbar sind, zu berücksichtigen. Diese Prüfung hat ...