Prof. Dr. Rolf U. Fülbier, Florian Federsel
Rn. 140
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
In der Diskussion des Gebots der Beibehaltung von Bewertungsmethoden wurde ursprünglich mit Bezug auf den Grundsatz der Einzelbewertung angenommen, im vorangegangenen JA angewandte Bewertungsmethoden müssten nicht auf im laufenden GJ neu hergestellte oder erworbene Objekte übertragen werden (vgl. ursprünglich ADS (1968), § 149 AktG, Rn. 26f.; Pfleger, DB 1984, S. 785 (787f.); Eckes, BB 1985, S. 1435 (1437f.)). Dieser Annahme wird schon lange nicht mehr gefolgt; Bewertungsmethoden und das Gebot der Methodenbeibehaltung werden nicht allein auf einzelne, konkrete Bewertungsobjekte bezogen. Eine solche Wirkung des Einzelbewertungsgrundsatzes auf die Bewertungs-(methoden-)stetigkeit wird nicht gesehen (vgl. Kupsch, DB 1987, S. 1157f.; Müller, BB 1987, S. 1629 (1632); Schneeloch, WPg 1987, S. 405 (407); Forster (1986), S. 4f.; Hafner, WPg 1985, S. 593 (595f.); Göllert/Ringling, DB 1983, S. 949).
Rn. 141
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Es ist davon auszugehen, dass die "Forderung nach Beibehaltung der Bewertungsmethoden [...] nicht in erster Linie auf einzelne Vermögensgegenstände und Schulden zu beziehen [ist, d.Verf.], sondern verlangt, daß Bilanzvermögen und Periodenergebnis in Übereinstimmung mit bisher angewandten Grundsätzen zu ermitteln sind" (Kupsch, DB 1987, S. 1157). "Da die Forderung nach Beibehaltung der Bewertungsmethoden objektübergreifend auszulegen ist" (Kupsch, DB 1987, S. 1157 (1158)), erstreckt sie sich auf gleiche oder gleichartige Bewertungsobjekte, wie sie bereits im VJ-Abschluss der Bewertung unterlagen (vgl. Förschle/Kropp, ZfB 1986, S. 873 (882); Bonner-HdR (2012), § 252 HGB, Rn. 68ff.; Forster, in: FS v. Wysocki (1985), S. 29 (36f.); Leffson, WPg 1988, S. 441 (443); Wiedmann, BFuP 1988, S. 37 (47); Claussen/Korth, DB 1988, S. 921 (924); a. A. Söffing, DB 1987, S. 2598 (2601)). IDW RS HFA 38 ((2011), Rn. 4) spricht hier von art- und funktionsgleichen Bewertungsobjekten, die nicht ohne sachlichen Grund unterschiedlich angesetzt und bewertet werden dürfen (sog. sachliche Stetigkeit).
Rn. 142
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Hinsichtlich der Gleichartigkeit bleibt dem UN ein Ermessensspielraum bei der Anwendung des Gebots der Methodenstetigkeit (vgl. Kupsch, DB 1987, S. 1157 (1158)). IDW RS HFA 38 ((2011), Rn. 4) interpretiert diese bspw. als "vergleichbare Nutzungs- und Risikobedingungen". Hat das UN die Bewertungsmethode so definiert, dass sie auf "Vermögensgruppen innerhalb einzelner Bilanzpositionen oder Bilanzpositionen insgesamt einheitlich" (Kupsch, DB 1987, S. 1157 (1158)) anzuwenden ist, so entfällt das Problem der Gleichartigkeit (vgl. ADS (1968), § 160 AktG, Rn. 53). Die im VJ-Abschluss angewandten Bewertungsmethoden müssen dann sogar auf andersartige neu angeschaffte oder hergestellte Bewertungsobjekte angewendet werden, soweit diese Objekte einer der gebildeten Bewertungsgruppen zugeordnet sind (vgl. Göllert/Ringling (1986), S. 13; überdies Eckes, BB 1985, S. 1435 (1438)). Konkret bedeutet das: Hat ein UN im VJ z. B. sämtliche angeschafften abnutzbaren Anlagegüter linear abgeschrieben, so ist auf das Vorliegen einer Bewertungsmethode zu schließen. Auch die im laufenden Jahr angeschafften abnutzbaren Anlagegüter sind dann linear abzuschreiben (vgl. Hafner, WPg 1985, S. 593 (595)). Ein weiteres Beispiel: Sind im VJ-Abschluss sämtliche Fertigerzeugnisse mit den HK auf Basis der handelsrechtlichen Untergrenze bewertet worden, so muss diese Bewertungsmethode beibehalten werden, selbst wenn in den Bestand an Fertigerzeugnissen neuartige Produkte eingegangen sind (vgl. Forster, in: FS v. Wysocki (1985), S. 29 (37)).
Rn. 143
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Eine solche Interpretation des Grundsatzes der Beibehaltung von Bewertungsmethoden widerspricht nicht dem Grundsatz der Einzelbewertung (vgl. Schneeloch, WPg 1987, S. 405 (407); Förschle/Kropp, ZfB 1986, S. 873 (883); Forster, in: FS v. Wysocki (1985), S. 29 (37), sowie HdR-E, HGB § 252, Rn. 59ff.). Die Verknüpfung von Einzelbewertung und Beibehaltung der Bewertungsmethode besagt, dass die einzelnen Bewertungsobjekte nach der aus dem VJ-Abschluss beizubehaltenden Methode einzeln zu bewerten sind (vgl. Kupsch, DB 1987, S. 1157f.).
Rn. 144
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Je größer die Gruppen von Bewertungsobjekten sind, auf welche die Bewertungsmethoden angewendet werden, desto weitreichender ist die bilanzielle Wirkung des Gebots der Beibehaltung von Bewertungsmethoden (vgl. Schneeloch, WPg 1987, S. 405 (407)). Je spezifizierter die Zuordnung von Bewertungsobjekten zu Bewertungsmethoden ist, desto geringer ist der Umfang der Bindungswirkung des Gebots der Methodenstetigkeit in der Bewertung (vgl. Kupsch, DB 1987, S. 1157 (1158); Pfleger, DB 1984, S. 785 (787f.)). Inwieweit die Andersartigkeit neuer Bewertungsobjekte Modifikationen der Bewertungsmethode verlangt oder zulässt, ist § 252 Abs. 1 Nr. 6 nicht mehr zu entnehmen. Hierzu ist auf die nicht-kodifizierten GoB zu verweisen (vgl. Kupsch, DB 1987, S. 1157 (1158); Buchner, in: HW...