Prof. Dr. Christoph Hütten, Dr. Julia Zicke
Rn. 15
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Offenzulegen sind die "Unterlagen der Rechnungslegung der Hauptniederlassung, die nach dem für die Hauptniederlassung maßgeblichen Recht aufgestellt, geprüft und offengelegt worden sind" (§ 325a Abs. 1 Satz 1). Damit wird deutlich, dass keine eigene RL der Zweigniederlassung angeordnet (vgl. so auch Seibert, DB 1993, S. 1705 (1706)) und auch keine Pflicht kodifiziert wird, eine ggf. freiwillig erstellte RL der Zweigniederlassung offenzulegen; vielmehr soll lediglich sichergestellt werden, dass die im Heimatland offengelegten RL-Unterlagen, die von der ausländischen KapG, welche die deutsche Zweigniederlassung errichtet hat, aufgestellt und der AP unterworfen wurden, auch im UN-Register abrufbar sind.
Rn. 16
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Nach § 325a Abs. 1 Satz 1 sind nur diejenigen Unterlagen von der Zweigniederlassung offenzulegen, welche die folgenden Anforderungen kumulativ erfüllen:
- Es muss sich um Unterlagen der RL handeln.
- Die Unterlagen müssen sich auf die Hauptniederlassung beziehen.
- Die Erstellung der Unterlagen muss auf einer rechtlichen Verpflichtung beruhen.
- Die Unterlagen müssen nach dem Heimatrecht der Hauptniederlassung von einem AP zu prüfen sein.
- Die Unterlagen müssen nach dem Heimatrecht der Hauptniederlassung offenzulegen sein.
Rn. 17
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Eine Konkretisierung der von der Offenlegung betroffenen Unterlagen wird trotz der Vielzahl an für Hauptniederlassungen in Betracht kommenden (potenziellen) Herkunftsländern für Zweigniederlassungen von UN mit Sitz in der EU oder in Vertragsstaaten des Abkommens über den EWR dadurch ermöglicht, dass die Erstellungs-, Prüfungs- und Offenlegungspflichten EU-weit mittels einschlägiger R wie auch VO – zumindest dem Grunde nach – harmonisiert wurden und sich auch die Vertragsstaaten des Abkommens über den EWR, die nicht gleichzeitig EU-Mitglied sind, zur vollständigen Umsetzung dieser Vorgaben verpflichtet haben (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 325a HGB, Rn. 26; MünchKomm. HGB (2020), § 325a, Rn. 13). Deutlich schwieriger gestaltet sich die Konkretisierung dagegen bei Zweigniederlassungen von UN aus anderen Drittländern.
§ 325a spricht nur vom für die Hauptverwaltung "maßgeblichen Recht", ohne dabei Bezug auf das Heimatland der Hauptverwaltung zu nehmen. Trotzdem gehören nach hier vertretener Ansicht Unterlagen, die das ausländische UN aufgrund einschlägiger Vorschriften anderer Länder erstellen muss (z. B. wegen einer Börsennotierung in einem Drittland), nicht zum Anwendungsbereich des § 325a.
Rn. 18
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Angesichts dessen ist bei Zweigniederlassungen von UN mit Sitz in der EU oder in Vertragsstaaten des Abkommens über den EWR auf jeden Fall der JA offenzulegen, sofern dieser nach dem Heimatrecht der Hauptniederlassung der AP unterliegt. Bei Zweigniederlassungen von UN aus anderen Drittländern kann dagegen nicht ausgeschlossen werden, dass das Recht des Heimatlandes bereits keine Aufstellungs- oder Offenlegungsplicht für den JA vorsieht.
Ob der JA aus Bilanz, GuV und Anhang besteht, hängt ebenfalls vom Recht des Heimatlandes der Hauptniederlassung ab. So kann das Heimatrecht der Hauptniederlassung einerseits weitere Bestandteile vorsehen oder andererseits Bestandteile von der Erstellung, AP oder Offenlegung freistellen. Gilt z. B. eine Hauptniederlassung mit Sitz in der EU oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den EWR nach ihrem Heimatrecht als "kleine" KapG, die einer Prüfungspflicht unterliegt, und wurde die Offenlegungserleichterung des Art. 31 der Bilanz-R (zuvor: Art. 47 Abs. 2 der 4. EG-R) in nationales Recht umgesetzt, kann der offengelegte JA lediglich aus einer verkürzten Bilanz und einem verkürzten Anhang bestehen. Da § 325a nicht auf die §§ 326, 327 verweist, können die darin enthaltenen Offenlegungserleichterungen nur in Anspruch genommen werden, wenn sie
- durch das Recht des Heimatlands der ausländischen KapG gewährt werden und
- auch i. R.d. Offenlegung im Heimatland in Anspruch genommen wurden (vgl. so auch ADS (2000), § 325a, Rn. 41).
Rn. 19
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
An die Stelle eines nach anderen Grundsätzen erstellten JA kann für Zwecke der Offenlegung unter bestimmten Voraussetzungen auch ein IFRS-EA treten (vgl. im Einzelnen HdR-E, HGB § 325, Rn. 114ff.). Ein IFRS-EA ist hingegen verpflichtend offenzulegen, wenn dieser nach dem Heimatrecht der Hauptniederlassung bereits zwingend zu erstellen, zu prüfen und offenzulegen ist (vgl. ähnlich MünchKomm. HGB (2020), § 325a, Rn. 14).
Rn. 20
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Auch der Lagebericht gehört zu den offenlegungspflichtigen Unterlagen, sofern dieser nach dem Heimatrecht der Hauptniederlassung erstellt und offengelegt werden muss und der AP unterliegt. Art. 30 Abs. 1 Satz 2 der Bilanz-R (zuvor: Art. 47 Abs. 1 Satz 2 der 4. EG-R) kodifiziert allerdings ein Mitgliedstaatswahlrecht, wonach der Lagebericht von der Offenlegung freigestellt werden kann, "wenn es möglich ist, eine vollständige oder teilweise Ausfertigung dieses Beric...