Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Tobias Brembt
Rn. 49
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Da die Rechte aus § 320 für eine sorgfältige Prüfung elementare Bedeutung besitzen, stellt sich für den JA- und KA-Prüfer die Frage, wie er seine Rechte durchsetzen kann, wenn sie ihm von den gesetzlichen Vertretern eines UN in einzelnen Punkten verweigert werden.
Rn. 50
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Eine Klagemöglichkeit zur Durchsetzung der Rechte aus § 320 hat der AP nach wohl h. M. grds. nicht (vgl. ADS (1999), § 320, Rn. 82; MünchKomm. HGB (2020), § 320, Rn. 24; a. A. Staub: HGB (2010), § 320, Rn. 32). Der Prüfer kann keine eigenen Rechte geltend machen, da er mit der Prüfung eine öffentlich-rechtliche Aufgabe wahrnimmt (vgl. Schulze-Osterloh, ZGR 1976, S. 411 (422)). Daher kommt auch der bei Meinungsverschiedenheiten in der RegB zum BilMoG vorgeschlagene Zivilrechtsweg bei einer Verweigerung von Rechten aus § 320 nicht in Betracht. Somit behält die o. g. überwiegende Kommentierung Gültigkeit, die eine Klagemöglichkeit zur Durchsetzung der Rechte aus § 320 verneint (vgl. auch Beck Bil-Komm. (2020), § 320 HGB, Rn. 35).
Rn. 51
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Die gesetzlichen Vertreter können auch nicht mehr durch ein vom zuständigen Registergericht durchzuführendes Zwangsgeldverfahren nach dem früher gültigen § 335 (a. F.) dazu veranlasst werden, ihren Pflichten aus § 320 nachzukommen, da diese Möglichkeit durch das EHUG – mangels praktischer Relevanz – abgeschafft wurde (vgl. BT-Drs. 16/960, S. 50). Die analoge Regelung des § 21 PublG wurde mit gleicher Begründung ersatzlos gestrichen (vgl. BT-Drs. 16/960, S. 64).
Rn. 52
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Werden die Rechte aus § 320 i. R.e. Prüfung des Berichts über die Beziehung zu verbundenen UN nach § 313 Abs. 1 AktG verweigert, greift die Zwangsgeldvorschrift des § 407 AktG. In diesem Fall kann das Registergericht tätig werden, sobald es glaubhafte Kenntnis von einem Verstoß gegen § 320 erhält (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 407, Rn. 22). Diese Kenntnis kann das Registergericht durch Dritte – bspw. den AP – erlangen. Die Möglichkeit, ein registergerichtliches Zwangsgeldverfahren anzustrengen, wenn dem Prüfer die dem § 320 entsprechende Rechte versagt werden, enthält weiterhin das GenG (vgl. § 160 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 57 Abs. 1 GenG). Bei der Prüfung von Versicherungs-UN sowie Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten hat der AP vergleichbare Möglichkeiten, da nach § 294 VAG bzw. § 6 Abs. 3 KWG die zuständige Aufsichtsbehörde, regelmäßig die BaFin, die Auskunftserteilung durchsetzen kann (vgl. auch ADS (2000), § 320, Rn. 84).
Rn. 53
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Im Fall der handelsrechtlichen AP nach den §§ 316ff. ist eine gerichtliche Klärung nicht erforderlich, da dem AP andere Mittel zur Verfügung stehen, seine Rechte durchzusetzen. Zunächst kann sich der AP an den AR wenden, der nach § 90 Abs. 3 AktG die gesetzlichen Vertreter veranlassen kann, die gewünschten Auskünfte zu erteilen. Nach den berufsständischen Vorschriften hat der AP ohnehin die Pflicht, mit den für die Überwachung des UN Verantwortlichen darüber zu kommunizieren, wenn für die AP relevante Informationen nicht bereitgestellt werden (vgl. IDW PS 470 (2021), Rn. 21 lit. b)). Der AR kann aber auch aufgrund der Aktivität des AP sein eigenes Prüfungsrecht aus § 111 Abs. 2 AktG wahrnehmen. Die Beziehung zwischen AP und AR wurde durch das sog. Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.04.1998 (BGBl. I 1998, S. 786ff.) weiter intensiviert. Besonders die Beauftragung des AP durch den AR gemäß § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG sowie die verpflichtende Teilnahme des AP an der Bilanzsitzung des AR bzw. Bilanz-/Prüfungsausschusses gemäß § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG stärk(t)en nicht zuletzt die Stellung des AP gegenüber den Auskunftspflichtigen. Die Vorschriften gelten zwar primär für AG, KGaA und SE, eine analoge Anwendung im Fall einer GmbH ist indes über § 52 GmbHG sichergestellt, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag eine abweichende Regelung getroffen wurde. Die Möglichkeit des AP, sich an den AR zu wenden, entfällt jedoch bei der Prüfung einer GmbH dann, sofern diese weder fakultativ noch obligatorisch einen AR bzw. einen entsprechenden Beirat eingerichtet hat (vgl. zu den Aufsichtsgremien Baumbach/Hueck (2022), § 52 GmbHG, Rn. 1ff.).
Rn. 54
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Neben den Maßnahmen, mit denen der AP durch Dritte versuchen kann, seine Rechte nach § 320 durchzusetzen, hat er mit dem Hinweis auf seine pflichtgemäßen Angaben im Prüfungsbericht bzw. auf die Auswirkungen auf den BV ein weiteres sehr wirkungsvolles Mittel, zu seinem Recht zu kommen. § 321 Abs. 2 Satz 6 verpflichtet den AP explizit, im Hauptteil des Prüfungsberichts festzuhalten, ob die "gesetzlichen Vertreter die verlangten Aufklärungen und Nachweise erbracht haben." Im Prüfungsbericht muss somit selbst im positiven Fall darüber berichtet werden, inwieweit die Rechte nach § 320 dem AP gewährt wurden (vgl. auch Niehaus, DB 1988, S. 817 (819); Beck Bil-Komm. (2020), § 320 HGB, Rn. 36). Werden die ...