Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
Rn. 724
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB, der die Wahl zwischen dem Stehenlassen der gebildeten Rückstellung oder der erfolgsneutralen Überführung des negativen Unterschiedsbetrags in die Gewinnrücklagen eröffnet(e), ist missverständlich formuliert. Bei wörtlicher Auslegung bezieht er sich nämlich nur auf nach dem 31.12.1986 erteilte Altersversorgungszusagen (Neuzusagen), da er nur Verpflichtungen anspricht, die die Bildung einer Rückstellung erfordern. Das Erfordernis der Rückstellungsbildung erstreckt sich aber nur auf Neuzusagen, nicht jedoch auf vor dem Jahr 1987 erteilte Versorgungszusagen (Altzusagen). Für Altzusagen gilt das Passivierungswahlrecht aus Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGHGB, eine Pflicht zur Rückstellungsbildung besteht bei ihnen nicht. Folglich wäre bei wörtlicher Auslegung Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB für Altzusagen nicht anzuwenden gewesen.
Rn. 725
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Dennoch war Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB bei einer Auslegung nach seinem Zweck auch zwingend für Altzusagen einschlägig. Denn wenn für Altzusagen vor dem Inkrafttreten des BilMoG zulässigerweise eine höhere Pensionsrückstellung als nach den neuen Bewertungsregeln des BilMoG gebildet wurde, musste sie im Übergangsjahr auf den niedrigeren Wert des BilMoG aufgelöst werden. Überbewertungen von Schulden gestattet das Bilanzrecht grds. nicht.
Eine gewinnerhöhende Auflösung des Unterschiedsbetrags kam bei Altzusagen nicht in Betracht, denn Satz 3 des Art. 67 Abs. 1 EGHGB untersagt(e) dies ausdrücklich; er lässt bzw. ließ lediglich einen Passivtausch in Höhe des negativen Unterschiedsbetrags durch Absenkung der Pensionsrückstellung auf den neuen Wert nach § 253 Abs. 1f. zu. Dabei waren die Gewinnrücklagen erfolgsneutral zu dotieren, wenn nicht das Recht des Stehenlassens der Pensionsrückstellung gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB genutzt wurde.
Es gibt keinen einleuchtenden Grund, diesen Gesetzeswillen auf Neuzusagen zu beschränken. Es sollte im Übergangsjahr generell kein außerordentlicher Ertrag durch die Neubewertung der Altersversorgungsverpflichtungen entstehen. Ein außerordentlicher Ertrag war bei negativen Unterschiedsbeträgen lediglich dann denkbar, wenn auch nach dem Jahr 2024 voraussichtlich noch ein negativer Unterschiedsbetrag vorhanden gewesen wäre (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 720).
Ebenso ist kein einleuchtender Grund ersichtlich, welcher das Stehenlassen für Altzusagen gebildete Pensionsrückstellungen nicht ebenso wie bei Neuzusagen gestattet. Wenn ein UN bis zum Inkrafttreten des BilMoG trotz des Passivierungswahlrechts Altzusagen passiviert hatte, galt das Wahlrecht des Stehenlassens wie bei Neuzusagen.