Dr. Karl Petersen, Prof. Dr. Christian Zwirner
Rn. 37
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die Rechtsfolgen bei Verstößen gegen § 319b sind mit denen bei Verstößen gegen § 319 vergleichbar, zumal mit § 319b Teile der in diesem Paragrafen normierten Unabhängigkeitsanforderungen auf das Netzwerk eines AP bzw. einer Prüfungsgesellschaft übertragen werden. Durch die Regelung in § 243 Abs. 3 AktG und § 249 Abs. 1 AktG i. V. m. § 318 Abs. 3 hat der Gesetzgeber explizit klargestellt, dass sich auf eine Befangenheit des gewählten AP stützende Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen unzulässig sind. § 256 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) AktG führt zudem explizit aus, dass ein Verstoß gegen § 319b Abs. 1 nicht zur Nichtigkeit des JA führt. Eine Bezugnahme auf § 319b Abs. 2 kann an dieser Stelle entfallen, denn ein KA kann nicht nichtig sein bzw. werden (vgl. HdR-E, AktG § 256, Rn. 3). Mithin können sich aus einem Verstoß gegen § 319b keine Konsequenzen für den geprüften Abschluss, sondern nur für den AP selbst ergeben.
Rn. 38
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Jeder Verstoß gegen § 319b wirkt sich auf den zwischen dem AP und der zu prüfenden bzw. geprüften Gesellschaft geschlossenen Prüfungsauftrag aus. Dieser schuldrechtliche Prüfungsauftrag wird gemäß § 134 BGB nichtig (vgl. Palandt (2025), § 134 BGB, Rn. 6, 13; MünchKomm. BGB (2021), § 134, Rn. 1, 23), weshalb der AP seinen vertraglichen Vergütungsanspruch verliert.
Rn. 39
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Schadensersatzansprüche von Mandanten des AP sind nur begrenzt möglich. Bei WPG bestehen diese Ansprüche zunächst gegenüber der Gesellschaft, die als AP gilt. Sie können nicht aus inhaltlichen Prüfungsmängeln resultieren (vgl. ADS (2000), § 319, Rn. 256); vielmehr besteht der Anspruch allein aus den wirtschaftlichen Nachteilen, die dem Mandanten aus der zwingenden Notwendigkeit einer Neubestellung des AP erwachsen.
Rn. 40
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Erteilt ein AP trotz Erfüllung eines Ausschlusstatbestands einen BV, so handelt er nach § 334 Abs. 2 (§ 20 Abs. 2 PublG) ordnungswidrig. Hierfür kann ihm eine Geldbuße von bis zu 50.000 EUR auferlegt werden. Im Zusammenhang mit PIE-Prüfungen wurden die Sanktionen durch das FISG allerdings erheblich ausgeweitet: § 334 Abs. 3 Satz 1 (§ 20 Abs. 3 Satz 1 PublG) regelt, dass für Prüfer von UN öffentlichen Interesses i. S. v. § 316a die Geldbuße bis zu 500.000 EUR betragen kann. Sofern es sich nicht um nachwirkende Ausschlussgründe handelt (vgl. ADS (2000), § 319, Rn. 258) und der AP diese vor seiner Testatserteilung beseitigt hat, liegt allerdings kein Bußgeldtatbestand vor (vgl. Beck Bil-Komm. (2024), § 319 HGB, Rn. 98). Gemäß § 10 OWiG kann als Ordnungswidrigkeit allein vorsätzliches oder bedingt vorsätzliches Handeln geahndet werden, außer wenn das Gesetz in anderen Fällen ausdrücklich eine Geldbuße vorsieht. Der AP muss also vorsätzlich trotz gegebener Ausschlusstatbestände ein Testat erteilen. Da die gesetzlichen Ausschlussgründe Bestandteil der Berufsgrundsätze zur Unabhängigkeit sind, exkulpiert Unkenntnis dieser Grundsätze nicht, folglich greift auch § 11 Abs. 2 OWiG nicht. Besteht bei dem AP hingegen Unkenntnis darüber, dass im Zusammenhang mit einem Mitglied seines Netzwerks Ausschlusstatbestände vorliegen, kann dies den Vorsatz ausschließen (vgl. Beck Bil-Komm. (2024), § 319 HGB, Rn. 98). Gleiches gilt, wenn die Ausschlussgründe zwar der WPG, nicht aber dem betroffenen AP bekannt sind.
Rn. 41
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Zusätzlich zur Frage nach einer Ordnungswidrigkeit liegt im Fall eines trotz gegebenen Ausschlussgrunds erteilten BV durch einen AP regelmäßig auch eine Berufspflichtverletzung vor (vgl. Beck Bil-Komm. (2024), § 319 HGB, Rn. 99). Solch eine Pflichtverletzung wiederum ist in Anwendung der §§ 67ff. WPO berufsgerichtlich zu ahnden.