Dipl.-Ök. Heinz-Hermann Hellen, Dr. Martin Vosseler
Rn. 81
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Neben der unverändert sehr häufig genutzten Darlehensfinanzierung verkaufen Leasinggeber zur Finanzierung der AHK des Leasingobjekts häufig alle zukünftig noch fällig werdenden Leasingraten (i. d. R. regresslos) an einen Dritten – meist ein Kreditinstitut. Der Käufer vergütet dem Leasinggeber dabei barwertig die ausstehenden Raten. Bei diesem sog. Forfaitierungsgeschäft handelt es sich demnach um einen "Kaufvertrag, aufgrund dessen der Leasinggeber erst noch fällige Leasingraten abtritt, wobei das Bonitätsrisiko auf den Forderungserwerber übergeht" (BFH, Urteil vom 24.07.1996, I R 94/95, BStBl. II 1997, S. 122). Es verbleibt somit lediglich das Risiko des rechtlichen Bestehens (Verität) der Forderung beim Verkäufer (vgl. BMF, Schreiben vom 09.01.1996, IV B 2 – S 2170–135/95, BStBl. I 1996, S. 9). Geht das Bonitätsrisiko nicht auf den Forderungskäufer über, spricht man von unechter Forfaitierung (vgl. BFH, Urteil vom 05.05.1999, XI R 6/98, BStBl. II 1999, S. 735). Neben den noch nicht fälligen Leasingraten werden bei Vorliegen von Teilamortisationsverträgen mit Andienungsrecht in der Praxis häufig die im Veräußerungszeitpunkt ebenfalls noch nicht entstandenen Ansprüche aus dem Restwert des Leasingobjekts forfaitiert.
Rn. 82
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Der BFH hat u. a. in zwei Urteilen Stellung zur bilanziellen Behandlung von Forfaitierungsgeschäften bezogen. Zum einen hat der I. Senat die Behandlung der Veräußerung von zukünftig fällig werdenden Leasingforderungen entschieden (vgl. BFH-Urteil vom 24.07.1996, I R 94/95, BStBl. II 1997, S. 122ff.). Zum anderen behandelt das BFH-Urteil vom 08.11.2000 (I R 37/99, BStBl. II 2001, S. 722ff.) die bilanzielle Abbildung der Restwertforfaitierung bei Teilamortisationsverträgen mit Andienungsrecht.
Rn. 83
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Nach dem BFH-Urteil vom 24.07.1996 (I R 94/95, BStBl. II 1997, S. 122ff.) hat der Leasinggeber den Erlös aus dem Verkauf der noch nicht fälligen Leasingraten ohne Berührung der GuV in den passiven RAP einzustellen. In der Folge ist dieser Posten unter der Prämisse einer gleichbleibenden Nutzungsüberlassungsverpflichtung des Leasinggebers gegenüber dem Leasingnehmer linear aufzulösen. Enthält der passive RAP auch Barwerte veräußerter Restwertansprüche, kommt nach dem BFH-Urteil vom 08.11.2000 (I R 37/99, BStBl. II 2001, S. 722ff.) eine lineare Auflösung nicht infrage, da eine Realisierung des betreffenden Erlöses aus der Restverwertung erst nach Vertragsende und nicht schon während der Vertragslaufzeit erfolgt; vielmehr ist daher bis zum Vertragsdauerende eine Aufzinsung bis zur Höhe des nominalen Restwerts vorzunehmen und dieser im Zeitpunkt des Abgangs des Leasinggegenstands aufzulösen. Damit ist auch gewährleistet, dass bei einer AfA über die Vertragsdauer bei Berücksichtigung des erwarteten Verwertungserlöses/Restwerts am Vertragsdauerende der verbleibende RBW bei Ausbuchung durch entsprechende Erlöse gedeckt bleibt.
Im Punkt der passiven Rechnungsabgrenzung des Forfaitierungserlöses folgt der BFH der h. M. Der Gesamterlös aus dem Verkauf in Höhe des Barwerts der ausstehenden Leasingraten stellt beim Leasinggeber nämlich Ertrag zukünftiger Perioden dar (vgl. ADS (1998), § 250, Rn. 139; Findeisen (1998a), Rn. 52, m. w. N.; HdJ, Abt. I/8 (2020), Rn. 159; Grewe, WPg 1990, S. 161 (166); HFA 1/1989, WPg 1989, S. 625 (626); Link, DB 1988, S. 616 (617); Tacke, BBK 1996, S. 1691 (1692); H/H/R (2021), § 5 EStG, Rn. 1178; kritisch zur Bildung eines passiven RAP Bink, DB 1987, S. 1106; Bink, DB 1988, S. 618 (619)). Hinsichtlich der Auflösung des aus der Forfaitierung resultierenden RAP existieren handelsrechtlich verschiedene Methoden.
Rn. 84
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Die "finanzmathematische Methode unter Berücksichtigung der Abzinsung" (ADS (1998), § 250, Rn. 139) basiert auf der Auflösung des RAP in Höhe des Nominalbetrags der Leasingraten des Abrechnungszeitraums; der verbleibende passive RAP muss anschließend für die noch nicht fälligen Leasingraten auf den Abschlussstichtag aufgezinst werden (vgl. auch Blauberger, DStR 1994, S. 148 (150); HdJ, Abt. I/8 (2020), Rn. 162; Grewe, WPg 1990, S. 161 (166); Moxter, DStR 1997, S. 433 (434f.); Lissmann, DStR 1991, S. 1479 (1480f.)). Beide Effekte gemeinsam ergeben den Ertrag aus der Auflösung des RAP. Vereinfacht lässt sich die Auflösung des passiven RAP auch beschreiben mit der Differenz aus
- dem passiven RAP des Vor-BilSt (bzw. – im ersten Jahr – dem Veräußerungserlös der Leasingraten) und
- dem für die dann noch ausstehenden Leasingraten barwertig ermittelten passiven RAP des Folge-BilSt.
Liegen dem Leasingvertrag linear gestaltete Raten zugrunde, führt die Anwendung dieser Methode zu einer progressiven Auflösung des RAP. Im Fall echter degressiver Leasingratengestaltungen bildet die finanzmathematische Auflösung des passiven RAP den degressiven Verlauf der Raten nach; im Fall von Verträgen mit mietfreien Perioden würde die finanzmathematische Methode dazu führen, dass in der ...