Rn. 38
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
§ 16 AktG definiert in Abs. 1 zunächst den Begriff "Mehrheitsbeteiligung" und teilt anschließend die UN in zwei Klassen ein:
UN, deren Anteile von einem anderen UN mehrheitlich gehalten werden
= in Mehrheitsbesitz stehende UN;
UN, denen die Mehrheit der Anteile eines anderen UN gehören
= mit Mehrheit beteiligte UN.
Die Einzelheiten zur Berechnung der Anteilshöhe finden sich in § 16 Abs. 2f. AktG. § 16 Abs. 4 AktG enthält Regelungen über die Zurechnung fremder Beteiligungen, die ein Umgehen des Gesetzes durch Aufteilung des Anteilsbesitzes auf miteinander verbundene UN verhindern sollen.
Rn. 39
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Mit der Mehrheitsbeteiligung ist eine eigenständige spezielle Art der UN-Verbindung geschaffen worden. Sie beruht auf der Erkenntnis des Gesetzgebers, dass mit einer Mehrheitsbeteiligung nicht in jedem Fall ein beherrschender Einfluss verbunden sein muss und somit ein in Mehrheitsbesitz stehendes UN nicht unwiderlegbar ein abhängiges UN ist (vgl. dazu ausführlich KK-AktG (2011), § 16, Rn. 1; ferner KonzernR (2019), § 16 AktG, Rn. 1). So kann die "Konstellation auftreten, dass eine Mehrheitsbeteiligung nicht zum beherrschenden Einfluss des Mehrheitsaktionärsunternehmens führt – mit der Folge, dass die Vorschriften über abhängige und herrschende UN nicht zur Anwendung kommen" (MünchKomm. AktG (2019), § 16, Rn. 2). Wegen ihrer engen Verflechtung sollen diese UN aber in den Kreis der verbundenen UN einbezogen werden. Auf diese sind neben den generell für alle verbundenen UN geltenden Vorschriften (vgl. HdR-E, AktG §§ 15–19, Rn. 35ff.) diejenigen anzuwenden, die den Gefahren Rechnung tragen sollen, die mit der vermögensmäßigen Verflechtung von zwei UN für den Grundsatz der Kap.-Erhaltung und für die Gläubiger verbunden sind. Daher finden sich im Gesetz bereits Rechtsfolgen, wenn lediglich eine Mehrheitsbeteiligung vorliegt, ohne dass zugleich ein Abhängigkeitstatbestand vorliegt.
Rn. 40
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Da an die Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung jedoch hohe Anforderungen gestellt werden (vgl. HdR-E, AktG §§ 15–19, Rn. 89ff.), führt das Bestehen einer Mehrheitsbeteiligung in den meisten Fällen auch zu einem Abhängigkeitsverhältnis, mit der Folge, dass dann auch die weitergehenden Vorschriften für herrschende und abhängige UN auf die beteiligten UN anzuwenden sind. Von einem abhängigen UN wird wiederum vermutet, dass es mit dem herrschenden UN einen Konzern bildet (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG). Eine Mehrheitsbeteiligung legt somit den Grundstein für einen Unterordnungskonzern. Ausgehend von § 16 AktG über § 17 Abs. 2 AktG zu § 18 AktG besteht eine Gesetzeskette von Vermutungen, deren Ausgangspunkt die Vorschrift über die Mehrheitsbeteiligung darstellt (vgl. WP-HB (2021), Rn. C 58; MünchKomm. AktG (2019), § 16, Rn. 3). Die Eigenständigkeit dieser speziellen Art der UN-Verbindung bleibt also nur erhalten, wenn die Vermutungen in den §§ 17 und 18 AktG widerlegt werden. Da grds. die Darlegungs- und Beweislast für die Widerlegung der Vermutungen derjenige trägt, der sich hierauf beruft, bewirkt das Vorliegen einer Mehrheitsbeteiligung im Streitfall, dass sich die Darlegungs- und Beweislast umkehrt. "Daher darf im Rahmen der Auslegung des § 16 AktG dessen Normzweck nicht allein in der Ausformulierung einer speziellen UN-Verbindung mit speziellen Rechtsfolgen gesehen werden; vielmehr kommt darüber hinaus auch dem Aspekt der Verteilung von Darlegungs- und Beweislast bei Streitigkeiten über die Frage, ob ein Abhängigkeitstatbestand vorliegt, hohe Bedeutung zu" (MünchKomm. AktG (2019), § 16, Rn. 3).