Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Christoph Hell
Rn. 21a
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Bei der Erteilung eines BV i. R.e. gesetzlichen (oder freiwilligen) AP nach den §§ 316ff. sind vom AP die Regelungen des § 322 ebenso zu beachten wie vom Grundsatz her die entsprechenden, als GoA geltenden Verlautbarungen des IDW. Letztere umfassen v.a. die IDW PS 400er-Reihe (vgl. HdR-E, HGB § 322, Rn. 1) und hier insbesondere die Regelungen des als RK konzipierten IDW PS 400 (2021).
Rn. 21b
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Darüber hinaus ist zu unterscheiden, ob sich die AP auf einen HGB-JA, einen IFRS-EA i. S. v. § 325 Abs. 2a oder einen KA (nach HGB oder IFRS) bezieht und ggf. ein Lage- bzw. Konzernlagebericht inkludiert ist. Weiterhin ist relevant, ob es sich bei dem zu prüfenden UN um ein UN von öffentlichem Interesse (PIE) i. S. v. § 316a Satz 2 handelt oder nicht.
Rn. 21c
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Bei KapG und ihnen gleichgestellten PersG i. S. v. § 264a, die PIE i. S. v. § 316a Satz 2 sind, werden an die gesetzliche AP eines JA, IFRS-EA i. S. v. § 325 Abs. 2a oder KA insofern strengere Anforderungen gestellt, als dass die Regelungen der §§ 316 bis 324a und somit mithin die Regelungen des § 322 nur insoweit anzuwenden sind, als nicht die AP-VO einschlägig ist (vgl. 316a Satz 1; überdies HdR-E, HGB § 320, Rn. 3a, m. w. N.). Daraus ist zu folgern, dass die Regelungen des § 322 auch für diese UN gelten, wobei die zusätzlichen Anforderungen der AP-VO ergänzend zu beachten sind (vgl. ebenso Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 7; WP-HB (2023), Rn. M 783; überdies grundlegend NK-AP (2022), Vorbemerkungen zu den §§ 316–324a HGB, Rn. 11ff.).
Rn. 21d
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Nach § 322 Abs. 1a hat der AP bei der Erstellung des BV die ISA anzuwenden, sofern diese von der EU-KOM angenommen worden sind (vgl. HdR-E, HGB § 322, Rn. 3). Da diese Annahme bisher noch nicht erfolgt und in absehbarer Zukunft auch nicht zu erwarten ist, geht diese Regelung ebenso wie die Regelung des § 317 Abs. 5 (vgl. HdR-E, HGB § 317, Rn. 162ff.) vom Grundsatz her ins Leere (vgl. nur Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 4). Gleichwohl finden die ISA in Deutschland (indirekt) Anwendung, da sie als ISA [DE] in die vom IDW festgestellten GoA integriert sind (vgl. WP-HB (2023), Rn. M 1321; überdies Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 26; Gewehr/Moser, WPg 2018, S. 193ff.), d. h., die neugefasste IDW PS 400er-Reihe enthält die maßgeblichen ISA (vgl. Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 203). In diesem Zusammenhang werden bestimmte ISA-Regelungen, die national keine Bedeutung haben, als nicht anwendbar erklärt (sog. Carve Out-Verfahren). Bis zur Integration fanden die ISA durch Transformation in den IDW PS Berücksichtigung (vgl. nur Gewehr/Moser, WPg 2018, S. 193ff.).
Liegen nationale Besonderheiten vor, für die keine entsprechenden ISA existieren, können auch keine ISA integriert werden, wie bspw. bei IDW PS 350 (2021), der die Prüfung des (Konzern-)Lageberichts zum Gegenstand hat (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 26).
Ferner kann zwischen beauftragendem UN und AP eine Anwendung der ISA auf freiwilliger Basis explizit vertraglich vereinbart werden (vgl. WP-HB (2023), Rn. M 1321; fernerhin IDW PS 400 (2021), Rn. 6f., der bei ergänzender Beachtung der ISA und einem entsprechenden Verweis im BV u. a. auf die Unterschiede zwischen diesem IDW-Prüfungsstandard und ISA 700 (2015) hinweist).
Rn. 21e
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Handelt es sich um eine gesetzliche AP nach den §§ 316ff. kann (auf freiwilliger Basis) lediglich eine ergänzende Beachtung der ISA schriftlich beauftragt werden. In diesem Fall darf im BV ergänzend zu den GoA nur dann auf die ISA Bezug genommen werden, wenn die ISA ergänzend i. R.d. AP auch tatsächlich zur Anwendung gelangt sind (vgl. WP-HB (2023), Rn. M 1322). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die in der IDW PS 400er-Reihe bewusst geregelten Ausnahmen von den BV-relevanten ISA grds. erfüllt werden müssen (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 245, (zudem) mit entsprechender Auflistung der konkret zu beachtenden ISA). So ist u. a. der AP im Zusammenhang mit "Key Audit Matters (KAM) sowie sonstigen Informationen von seiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden" (WP-HB (2023), Rn. M 1323; vgl. zudem Rn. M 1279 hinsichtlich der obligatorisch zu beachtenden ISA-Vorgaben; fernerhin Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 246; IDW PS 400 (2021), Rn. 6).
Bei freiwilligen AP ist hingegen eine nicht nur die GoA ergänzende (vgl. hierzu WP-HB (2023), Rn. M 1331ff.), sondern vielmehr sogar eine vollständig ersetzende Anwendung der ISA möglich (vgl. Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 205), sofern dies explizit schriftlich vereinbart wurde, und zwar mit der Konsequenz der vollumfänglichen Beachtung der einschlägigen ISA (vgl. WP-HB (2023), Rn. M 1335ff., mit Auflistung der betreffenden ISA).