Rn. 29

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Wenn keine Prüfung stattgefunden hat, kann der JA einer KapG nicht festgestellt, d. h. wirksam gemacht werden (vgl. § 316 Abs. 1 Satz 2). Handelt es sich um den JA einer AG, KGaA oder SE, so ist dieser gemäß § 256 Abs. 1 Nr. 2 AktG nichtig. Eine entsprechende Vorschrift gilt für UN, die nach dem PublG Rechnung legen müssen (vgl. § 10 Satz 1 Nr. 1 PublG). Für die GmbH hat der Gesetzgeber auf eine explizite Regelung, welche die Nichtigkeit des JA bei fehlender Prüfung vorsieht, verzichtet, weil er die Formulierung der Nichtigkeitsgründe weiterhin der Rspr. überlassen wollte (vgl. BT-Drs. 10/4268, S. 130f.). Indessen ist davon auszugehen, dass § 256 AktG sinngemäß zudem auf die GmbH anzuwenden ist, so dass bei fehlender Prüfung auch die Nichtigkeit des JA der GmbH gegeben ist (vgl. Biener/Berneke (1986), S. 398; Gessler, in: FS Goerdeler (1987), S. 127 (136); Scholz-GmbHG (2021), § 42a GmbHG, Rn. 24; § 46 GmbHG, Rn. 36; Baumbach/Hueck (2022), § 42a GmbHG, Rn. 26; überdies HdR-E, GmbHG § 42a, Rn. 67).

 

Rn. 30

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Ein ungeprüfter und damit nichtiger JA führt aber nicht automatisch zur Nichtigkeit des Folgeabschlusses (vgl. IDW, FN-IDW 2002, S. 215f.). Gemäß IDW PS 405 (2021) schließt ein ungeprüfter VJ-Abschluss die Erteilung eines uneingeschränkten BV nicht aus, sofern der AP ausreichende geeignete Prüfungsnachweise für die Ordnungsmäßigkeit des geprüften Abschlusses erlangen konnte (vgl. IDW PS 405 (2021), Rn. A9). Hierbei hat der AP u. a. zu beurteilen, ob mögliche nichtige Beschlüsse über die Gewinnverwendung oder Rücklagendotierung im Folgeabschluss zutreffend berücksichtigt wurden (vgl. IDW, FN-IDW 2002, S. 215 (217)).

 

Rn. 31

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Aufgrund der fehlenden Feststellung des JA kommt es gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 AktG zur Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses. Erhalten die Gesellschafter aufgrund des nichtigen Gewinnverwendungsbeschlusses Gewinnausschüttungen, so erfolgt die Gewinnausschüttung ohne Rechtsgrundlage (vgl. Seitz, DStR 1991, S. 315 (317); Brete/Thomson, GmbHR 2008, S. 176 (178)). Die Gesellschafter sind ungerechtfertigt bereichert und gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, die ausgeschütteten Gewinne an die Gesellschaft zurückzuzahlen. V.a. im Insolvenzfall gewinnt die Gewinnausschüttung infolge eines nichtigen Gewinnverwendungsbeschlusses an Bedeutung. Der Insolvenzverwalter wird bei nichtigen Gewinnverwendungsbeschlüssen die an die Gesellschafter ausgezahlten Beträge zurückfordern. Der Rückforderungsanspruch kann nach der Insolvenzeröffnung nicht mehr beseitigt werden, zumal die Pflichtprüfung sowie die Feststellungs- und Gewinnverwendungsbeschlüsse zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich sind (vgl. Schlagheck, GmbHR 2002, S. 682 (684)).

 

Rn. 32

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Eine für die Feststellung des JA erforderliche Prüfung hat erst dann i. S. d. § 316 Abs. 1 Satz 2 stattgefunden, wenn die Prüfung gemäß den §§ 316ff. durchgeführt wurde und abgeschlossen ist. Als abgeschlossen gilt eine Prüfung, wenn der AP den gesetzlichen Vertretern der KapG – bzw. dem AR, falls dieser den Prüfungsauftrag erteilt hat – den Prüfungsbericht (inkl. des BV oder des Vermerks über seine Versagung) vorlegt (vgl. HB-RP (1995), § 316 HGB, Rn. 14; Bonner-HdR (2016), § 316 HGB, Rn. 15; ADS (2000), § 316, Rn. 48).

 

Rn. 33

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Wenn bei einer AG, KGaA oder (dualistisch strukturierten) SE der JA nicht durch Vorstand und AR, sondern durch die HV festgestellt wird und die HV den geprüften JA ändert, kommt der Nachtragsprüfung besondere Bedeutung zu. Denn die von der HV gefassten Beschlüsse über die Feststellung des JA und die Gewinnverwendung werden erst wirksam, wenn aufgrund einer Nachtragsprüfung ein hinsichtlich der Änderungen uneingeschränkter BV erteilt worden ist (vgl. § 173 Abs. 3 Satz 1 AktG). Geschieht dies nicht binnen zwei Wochen nach der Beschlussfassung, so sind die genannten Beschlüsse der HV unwirksam (vgl. § 173 Abs. 3 Satz 2 AktG). Im GmbHG ist eine entsprechende Vorschrift nicht enthalten. Ob die Vorschrift des § 173 Abs. 3 AktG analog für GmbH gilt, ist umstritten (vgl. pro: BFH, Urteil vom 22.08.2006, I R 40/05, BStBl. II 2007, S. 728; Baumbach/Hueck (2022), § 42a GmbHG, Rn. 26; Scholz-GmbHG (2021), § 42a GmbHG, Rn. 27; contra: HdR-E, GmbHG § 42a, Rn. 63).

 

Rn. 34

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Neben den unmittelbaren Auswirkungen auf die Gültigkeit des JA (mitsamt Lageberichts) sieht das Gesetz weitere Maßnahmen vor, die die Durchführung der AP sicherstellen sollen. Gegen die gesetzlichen Vertreter des prüfungspflichtigen UN kann ein Ordnungsgeld festgesetzt werden, wenn sie aufgrund des fehlenden BV oder des Vermerks über die Versagung ihren Pflichten über die Offenlegung gemäß § 325 nicht nachkommen können (vgl. § 335, § 21 PublG). Das Ordnungsgeld kann auch gegen betreffende KapG selbst festgesetzt werden.

 

Rn. 35

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Soweit keine Prüfung stattgefunden hat, kann ein IFRS-EA nicht gebilligt w...

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