Rn. 908

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Die IFRS enthalten in IAS 37 eine allg. Regelung zur Bilanzierung von Rückstellungen. Für Leistungen an AN finden sich ergänzende Ansatzregelungen in IAS 19. Diese betreffen

(1)

kfr. fällige Leistungen in Gestalt von

  • Abwesenheitsvergütungen (z. B. Urlaubsverpflichtungen, Lohnfortzahlung wegen Krankheit oder vorübergehender Arbeitsunfähigkeit, Leistungen nach dem Mutterschutzgesetz),
  • Gewinn- und Erfolgsbeteiligungen (vgl. IAS 19, Abs. 8 bis 23);
(2) Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. IAS 19, Abs. 24 bis 125; vgl. näher hierzu HdR-E, HGB § 249, Rn. 917ff.);
(3) andere lfr. fällige Leistungen an AN (vgl. IAS 19, Abs. 126 bis 131) und
(4) Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. IAS 19, Abs. 132 bis 143).

Weitere Sonderregelungen enthalten IAS 12 zur Bilanzierung echter und latenter Steuerschulden und IAS 22 zur Bilanzierung von Restrukturierungsmaßnahmen bei UN-Zusammenschlüssen. IAS 11 fordert im Einklang mit IAS 37 den Ausweis drohender Verluste aus Fertigungsaufträgen, allerdings nicht in Form einer gesonderten Rückstellung, sondern als Teil des Saldos des betr. Fertigungsauftrags, in den außerdem die angefallenen Kosten, die ausgewiesenen Gewinne und – negativ – die Teilabrechnungen eingehen.

 

Rn. 909

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Rückstellungen ("provisions") sind unter IFRS definiert als Schulden, die der Höhe oder der Fälligkeit nach ungewiss sind und im Übrigen die Ansatzvoraussetzungen nach IAS 37, Abs. 14 erfüllen. Die Unsicherheit der Höhe nach schließt eine etwaige Ungewissheit des Bestehens der Verpflichtung mit ein. Nicht zu den Rückstellungen rechnen sog. abgegrenzte Schulden ("accruals"). Hierbei handelt es sich um Schulden für erhaltene Güter und bezogene Leistungen (einschl. Arbeitsleistungen), die noch nicht in Rechnung gestellt wurden und über deren Höhe keine abschließende Vereinbarung vorliegt. Sie sind auch dann unter den Verbindlichkeiten auszuweisen, wenn ihre Fälligkeit und/oder Höhe nur geschätzt werden kann.

Die IFRS kennen im Gegensatz zum HGB nur Rückstellungen für Verpflichtungen gegenüber Dritten. Aufwandsrückstellungen als Ausdruck reiner Innenverpflichtungen des UN sind unzulässig. Zu beachten ist indes, dass die nach IAS 37 passivierungspflichtigen faktischen Verpflichtungen in Grenzfällen den Charakter von Aufwandsrückstellungen haben. Das gilt insbes. für Restrukturierungsrückstellungen. Rückstellungswahlrechte bestehen unter IFRS nicht. Als Folge von Ermessensspielräumen bei der Beurteilung der Ansatzvoraussetzungen und des in IAS 8 verankerten Wesentlichkeitsgrundsatzes können sich im Einzelfall allerdings faktische Wahlrechte ergeben.

 

Rn. 910

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Nach IAS 37, Abs. 14 ist eine Verbindlichkeiten-Rückstellung zu bilden, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  • Als Folge eines vergangenen Ereignisses besteht am Abschlussstichtag eine gegenwärtige Verpflichtung ("present obligation"),
  • die Inanspruchnahme aus der Verpflichtung ist wahrscheinlich und führt zum Abfluss wirtschaftlicher Ressourcen ("probable outflow of resources"),
  • die Höhe der Verpflichtung ist zuverlässig schätzbar ("reliable estimate").

Liegt mind. eine Voraussetzung nicht vor, kann im Anh. über eine Eventualschuld zu berichten sein.

Eine gegenwärtige Verpflichtung geht auf ein Ereignis der Vergangenheit zurück und zeichnet sich dadurch aus, dass sich das UN ihr realistischerweise nicht entziehen kann. Darunter fallen sowohl rechtliche als auch faktische Verpflichtungen (vgl. IAS 37, Abs. 15f. i. V. m. IAS 37, Abs. 10).

Rechtsverpflichtungen ("legal obligations") haben ihre Grundlage in einem Vertrag oder in einer gesetzl. Bestimmung. Auch ein bloßes Gesetzesvorhaben kann Anlass für eine Rückstellungsbildung sein, wenn seine Verabschiedung am Abschlussstichtag so gut wie sicher ist (vgl. IAS 37, Abs. 22). Faktische Verpflichtungen ("constructive obligations") entstehen, wenn das UN

(1)

die Verantwortung für bestimmte Umstände übernommen hat, sei es

  • durch ein verfestigtes Geschäftsgebaren,
  • durch öffentlich bekannt gemachte UN-Grundsätze oder
  • durch eine ausreichend konkrete aktuelle Äußerung und
(2) auf diese Weise bei Dritten die gerechtfertigte Erwartung geweckt hat, dieser Verantwortung zu entsprechen (vgl. IAS 37, Abs. 10).

Anwendungsbeispiele sind neben Kulanzfällen Restrukturierungsmaßnahmen. Für Letztere finden sich in IAS 37, Abs. 70ff. präzisierende Regelungen zum Ansatz und zur Bewertung derartiger Verpflichtungen.

Gegenwärtige Verpflichtungen bestehen stets unabhängig von der künftigen Geschäftstätigkeit. Verpflichtungen, die sich durch die Gestaltung der unternehmerischen Aktivitäten abwenden lassen, sind nicht rückstellungsfähig. Das gilt z. B. für Anpassungsmaßnahmen i. R. d. Umweltschutzes wie den Einbau eines Abluftfilters oder für Sicherheitsinspektionen bei Fluggeräten).

Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme aus einer gegenwärtigen Verpflichtung ist gegeben, wenn mehr Gründe dafür als ...

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