Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Peter Dittmar
Rn. 201
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Gemäß § 317 Abs. 5 hat der AP bei der Durchführung einer AP die internationalen PS anzuwenden, die von der EU-KOM i. R.d. Komitologieverfahrens (vgl. hierzu Brinkmann/Spiess, KoR 2006, S. 395 (407f.); Klein/Klaas, WPg 2006, S. 885 (893f.)) angenommen worden sind. § 317 Abs. 5 verankert Art. 26 Abs. 1 Satz 1 der AP-R im deutschen Gesetz. Die EU-KOM verfolgt mit der AP-R das Ziel, alle im Einklang mit EU-Gemeinschaftsrecht vorgeschriebenen AP auf eine harmonisierte gesetzliche Grundlage zu stellen sowie einen hohen Qualitätsstandard der AP sicherzustellen (vgl. im Übrigen Klein/Klaas, WPg 2006, S. 885ff.); Naumann/Feld, WPg 2006, S. 873ff.).
Rn. 202
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Im Gegensatz zu der jetzigen Regelung, nach der die von der EU-KOM angenommenen ISA auf Basis einer gesetzlich normierten Grundlage anzuwenden sind, fanden sich in der vorherigen Fassung des HGB keine gesetzlichen Vorschriften zur Durchführung der AP. Vielmehr bestand bisher eine gesetzliche Regelungslücke, die durch die vom IDW verlautbarten berufsständischen PS (IDW PS) ausgefüllt wurde (vgl. BilMoG-HB (2009), Kap. XXVI, S. 638). Die IDW PS wurden in drei Phasen entwickelt: Im Jahr 1998 hat das IDW zunächst begonnen, die ISA in nationale PS zu transformieren ((Phase 1 des sog. ISA-Transformationsmodells); vgl. Brinkmann/Spiess, KoR 2006, S. 395 (401); BilMoG-HB (2009), Kap. XXVI, S. 638). Mit den neuen PS wurden sukzessiv die bis dahin geltenden Fachgutachten des IDW ersetzt und die deutschen Prüfungsgrundsätze den ISA auch in Umfang, Form, Detaillierungsgrad und Struktur angenähert. Im Jahr 2004 wurde die Transformation der ISA in deutsche Prüfungsgrundsätze zunächst abgeschlossen (vgl. Schruff, WPg 2006, S. 1 (7)).
Rn. 203
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Auf europäischer Ebene war mit der angestrebten Modernisierung der AP-R bereits frühzeitig erkennbar, dass die ISA und die damit zusammenhängenden relevanten Stellungnahmen und Standards auf europäischer Ebene zur gesetzlichen Grundlage für AP werden würden (vgl. BilMoG-HB (2009), Kap. XXVI, S. 638). Vor diesem Hintergrund hat das IDW i. R.d. sog. ISA-Plus-Ansatzes (Phase 2) damit begonnen, die ISA zu übersetzen und, soweit erforderlich, ergänzende, auf die deutschen Besonderheiten sowie die nicht in den ISA geregelten Bereiche eingehende Standards zu verabschieden (vgl. Schruff, WPg 2006, S. 1 (7)). In dieser Phase ist mit IDW (E)IPS 240 lediglich ein Standard entstanden, der zwischenzeitlich indes wieder zurückgezogen wurde.
Rn. 204
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Bereits absehbar war seinerzeit, dass die EU-KOM über die Annahme der in Europa verpflichtend anzuwendenden ISA erst nach Abschluss des im Jahr 2005 vom IAASB begonnenen sog. Clarity-Projekts entscheiden würde. Ziel jenes Projekts war es, bestehende ISA nochmals zu überprüfen und hinsichtlich ihrer Struktur und Terminologie anzupassen. Das IDW hat in der Folgezeit zunächst darauf verzichtet, dem Berufsstand Übersetzungen der ISA als in Deutschland verbindlich zu beachtende PS vorzugeben. Stattdessen ist das IDW zur ISA-Transformation zurückgekehrt und hat wesentliche Neuerungen der ISA in die bestehenden IDW PS eingearbeitet ((Phase 3); vgl. Ferlings/Poll/Schneiss, WPg 2007, S. 101 (103); Gewehr/Moser, WPg 2018, S. 193 (194f.)). Im Ergebnis entsprachen die IDW PS inhaltlich und strukturell damit bereits weitgehend den ISA (vgl. Kämpfer/Schmidt, WPg 2009, S. 47f.; Noodt/Kunellis, WPg 2011, S. 557 (571)).
Rn. 205
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Im Jahr 2017 hat sich das IDW dazu entschieden, das bis zu diesem Zeitpunkt verfolgte ISA-Transformationsmodell aufzugeben und zu einem ISA-Integrationsmodell überzugehen (vgl. Gewehr/Moser, WPg 2018, S. 193 (194f.)). Ziel dieses Modells ist es, die ISA unter Berücksichtigung der deutschen Besonderheiten als sog. ISA [DE] unmittelbar und transparent in die nationalen (deutschen) GoA zu integrieren. Dazu werden die ISA übersetzt und für deutsche Besonderheiten um gesonderte sog. "D-Textziffern" bzw. Textzusätze in eckigen Klammern ergänzt. Mit diesen D-Textziffern bzw. Textzusätzen in eckigen Klammern können entweder zusätzliche Anforderungen in die ISA [DE] aufgenommen (Add-ons) oder bestehende Anforderungen in den ISA, denen in Deutschland infolge gesetzlicher Vorschriften nicht entsprochen werden darf, für in Deutschland als nicht anwendbar gekennzeichnet werden ((Carve-outs); vgl. Gewehr/Moser, WPg 2018, S. 193 (195); Philipps, WPP 2019, S. 32 (33); Philipps, WPP 2021, S. 360 (366)). Die derart ausgestalteten ISA [DE] waren erstmals verpflichtend anzuwenden für Berichtszeiträume, die am oder nach dem 15.12.2021 begonnen haben. Damit waren die ISA [DE] bei einem kalendergleichen GJ für die Prüfung von Abschlüssen für das GJ 2022 zwingend zu beachten. Ursprünglich sollten die ISA [DE] bereits für die Prüfung von Abschlüssen für das GJ 2021 verpflichtend anzuwenden sein. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hatte das IDW indes beschlossen, die verpflichtende Erstanwendun...