Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 81
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Unter bestimmten, klar definierten Voraussetzungen kann der gewählte AP ersetzt werden. So kann nach § 318 Abs. 3 sowohl gegen den JA-Prüfer als auch den KA-Prüfer ein Antrag auf gerichtliche Ersetzung gestellt werden, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass der gewählte AP die Prüfung nicht ordnungsgemäß durchführen bzw. kein vertrauenswürdiges Urteil abgeben kann. Das Gericht hat einen anderen AP zu bestellen, sofern
(1) |
dies aus einem in der Person des gewählten Prüfers liegenden Grund geboten erscheint, insbesondere, wenn ein Ausschlussgrund nach § 319 Abs. 2 bis 5 oder § 319b besteht oder ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 1 oder Abs. 5 Unterabs. 2 Satz 2 der AP-VO vorliegt, oder |
(2) |
die Vorschriften zur Bestellung des Prüfers nach Art. 16 der AP-VO oder die Vorschriften zur Laufzeit des Prüfungsmandats nach Art. 17 der AP-VO nicht eingehalten worden sind. |
Kontrastierend zu § 318 Abs. 4 setzt § 318 Abs. 3 voraus, dass von den zuständigen Gremien ein AP gewählt worden ist. Die Vollendung des Bestellungsprozesses durch Abschluss des Prüfungsvertrags zwischen UN und AP ist keine notwendige Voraussetzung für das Ersetzungsverfahren nach § 318 Abs. 3, da dessen Wortlaut auf den "gewählten" AP abstellt und die Antragsfristen mit Zeitpunkt der Wahl und nicht mit dem Zeitpunkt der Bestellung zu laufen beginnen (vgl. mit a. A. Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 70, wonach die Vollendung des Bestellungsgeschäfts maßgebend ist, da bis zur Annahme des Prüfungsauftrags auch das Wahlorgan den Wahlbeschluss aufheben könnte). Unstrittig ist, dass eine abgeschlossene Bestellung dem Verfahren nach § 318 Abs. 3 allerdings nicht entgegensteht.
Rn. 82
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die Voraussetzungen des Ersetzungsverfahrens liegen nicht vor, wenn es an einem gewählten AP fehlt. Dabei sind die folgenden Fälle zu unterscheiden, in denen jeweils von den zuständigen Gremien ein neuer AP gewählt werden muss oder ein Antrag auf gerichtliche Bestellung des AP nach § 318 Abs. 4 gestellt werden kann:
- Die für die Wahl des AP zuständigen Gremien des UN unterlassen pflichtwidrig die Wahl des AP. Mangels gewählten AP ist ein Ersetzungsantrag nach § 318 Abs. 3 unbegründet.
- Ein ursprünglich wirksam gewählter AP ist i. S. d. § 318 Abs. 4 Satz 2 nachträglich "weggefallen", z. B. durch Tod oder infolge eines Verlusts seiner Qualifikation als WP.
- Der Wahlbeschluss verstößt gegen die Voraussetzungen des § 319 Abs. 1, indem bspw. ein vBP zum AP einer großen KapG gewählt wird. In diesem Fall ist der Wahlbeschluss nichtig, so dass kein AP gewählt worden ist.
- Zum Zeitpunkt der Wahl liegen Ausschlussgründe nach § 319 Abs. 2 bis 5 oder § 319b vor. Auch dies führt zur Nichtigkeit des Wahlbeschlusses (vgl. z. B. ADS (2000), § 318, Rn. 41f.).
Rn. 83
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Anders liegt die Situation, wenn ein AP wirksam gewählt worden ist und nach dem Zeitpunkt seiner Wahl entweder die Ausschlussgründe des § 319 Abs. 2 bis 5 bzw. § 319b oder nach Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 2 der AP-VO eintreten oder die Vorgaben zur Bestellung nach Art. 16 der AP-VO bzw. zur Laufzeit des Prüfungsmandats nach Art. 17 AP-VO nicht eingehalten wurden. Die Wahl des AP ist und bleibt in diesem Fall wirksam, so dass der AP gewählt und später auch nicht "weggefallen" ist. Die Voraussetzungen für ein Ersetzungsverfahren nach § 318 Abs. 3 sind folglich gegeben; eine Anwendung von § 318 Abs. 4 scheidet aus.
Rn. 84
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Besonders interessant ist die Frage, in welchem Verhältnis das Ersetzungsverfahren nach § 318 Abs. 3 einerseits und die aufgrund von § 243 AktG grds. mögliche Anfechtung des Wahlbeschlusses andererseits stehen. Der Beschluss über die Wahl des AP kann grds. – wie jeder andere HV-Beschluss auch – mit der Begründung angefochten werden, dass er gegen das Gesetz oder die Satzung verstoße (vgl. § 243 Abs. 1 AktG). Wird der Anfechtungsklage stattgegeben, ist der HV-Beschluss nichtig (vgl. § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG). Für GmbH sind diese Regelungen analog anzuwenden.
Rn. 85
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Der Beschluss über die Wahl des AP kann unstreitig gemäß § 243 AktG (für die GmbH analog) angefochten werden, wenn ein Anfechtungsgrund geltend gemacht wird, der seine Ursache nicht in der Person des AP hat (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 115), zumal es dann an einem Konkurrenzverhältnis zwischen beiden Verfahren mangelt.
Rn. 86
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Bis zum Inkrafttreten des Bilanzrechtsreformgesetzes (BilReG) vom 04.12.2004 (BGBl. I 2004, S. 3166ff.) war der Fall, dass der im Anfechtungsverfahren gemäß § 243 AktG geltend gemachte Anfechtungsgrund zugleich einen Ersetzungsgrund i. S. d. § 318 Abs. 3 darstellte, fraglich und im Schrifttum umstritten. Seit Inkrafttreten des BilReG kann die Anfechtung eines Wahlbeschlusses indes nicht mehr auf Gründe gestützt werden, die ein Verfahren nach § 318 Abs. 3 eröffnen (vgl. § 243 Abs. 3 Nr. 3 AktG). Das Gesetz normiert nunmehr einen Vorrang für das Verfahren nach § 318...