Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Tobias Brembt
Rn. 36
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Nachstehende Übersicht strukturiert die Regelungen des § 320 Abs. 3 Satz 1:
Übersicht: Vorlagepflicht bei der Konzernabschlussprüfung
Die Vorschrift verpflichtet die gesetzlichen Vertreter einer KapG, die nach den §§ 290–293 einen KA aufzustellen haben, dem KA-Prüfer die im Gesetz aufgeführten Unterlagen vorzulegen. Die gleichen Pflichten gelten gemäß § 14 Abs. 1 PublG für gesetzliche Vertreter solcher UN, die nach § 11 PublG einen KA erstellen müssen. Die gesetzlichen Vertreter haben den KA, den Konzernlagebericht, den gesonderten nichtfinanziellen Konzernbericht sowie die JA, Lageberichte, gesonderten nichtfinanziellen Berichte und ggf. Prüfungsberichte des MU sowie sämtlicher TU vorzulegen, d. h. auch solcher UN, die nach § 296 nicht in den KA einbezogen werden müssen. Zudem haben die gesetzlichen Vertreter eines WpHG-Inlandsemittenten nach § 320 Abs. 3 Satz 3 die für Offenlegungszwecke zu erstellenden ESEF-Unterlagen dem AP bereitzustellen. Das Vorlagerecht des KA-Prüfers besteht unmittelbar nur gegenüber dem MU, das seinerseits gegenüber den TU ein Vorlage- und Auskunftsrecht nach § 294 Abs. 3 besitzt.
Rn. 37
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Der Vorlagepflicht unterliegen auch die Konsolidierungsbögen und die sonstigen Konsolidierungsunterlagen, die zur Kapitalkonsolidierung sowie zur Konsolidierung konzerninterner Forderungen und Schulden, konzerninterner Lieferungen und Leistungen, konzerninterner Zwischengewinne und zur Anpassung der Werte der JA (HB I) an die einheitlichen Ansatz-, Bewertungs- und Ausweismethoden im KA notwendig sind (vgl. ADS (2000), § 320, Rn. 65). Denn ohne diese Unterlagen wäre eine Prüfung des KA nur mit erheblichem Mehraufwand möglich. Die gesetzlichen Vertreter der zur konsolidierten RL verpflichteten KapG haben dem KA-Prüfer darüber hinaus die Prüfungsberichte zu den JA des MU und der TU bzw. zu Teil-KA vorzulegen, sofern diese Abschlüsse geprüft wurden. Dies umfasst auch die Prüfungsberichte zu freiwilligen JA- und Teil-KA-Prüfungen (vgl. Gross/Schruff/v. Wysocki (1987), S. 353).
Rn. 38
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Nach § 336 Abs. 4 AktG 1965 gehörten auch die "nach § 335 Abs. 1 eingereichten Abschlüsse" zu den vorzulegenden Unterlagen. Es handelte sich dabei neben den JA, Geschäftsberichten und ggf. Prüfungsberichten um Zwischenabschlüsse, die immer dann aufzustellen waren, wenn der Abschlussstichtag eines Konzern-UN vom KA-Stichtag abwich (vgl. § 331 Abs. 3 AktG 1965). Entsprechendes gilt auch gemäß § 320 Abs. 3, ohne dass dies im Gesetz gesondert erwähnt wird. D.h. auch die Zwischenabschlüsse, die aufzustellen sind, wenn der Abschlussstichtag eines TU um mehr als drei Monate vor dem KA-Stichtag liegt, sind dem Konzern-AP vorzulegen (vgl. ADS (2000), § 320, Rn. 60; Beck Bil-Komm. (2020), § 320 HGB, Rn. 21). Denn die Zwischenabschlüsse sind eine wesentliche Grundlage für den KA, so dass der AP prüfen muss, ob sie den GoB entsprechen (vgl. HdR-E, HGB § 317). Der Gesetzgeber hat an dieser Stelle darauf verzichtet, explizit vorzuschreiben, dass dem AP Zwischenabschlüsse nach § 294 Abs. 3 vorzulegen sind. Solch eine Änderung wäre allerdings ohnehin nur als redaktionelle Änderung zu werten (gewesen), so dass die weiterhin bestehende Regelungslücke nicht anders als bisher auszulegen ist.
Rn. 39
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
§ 320 Abs. 3 gibt anders als § 320 Abs. 1 Satz 1 keine Frist vor, in der die Unterlagen vorzulegen sind (vgl. auch Gross/Schruff/v. Wysocki (1987), S. 354; Bonner HGB-Komm. (2021), § 320, Rn. 91). Doch müssen die gesetzlichen Vertreter des MU die Unterlagen genauso "unverzüglich" vorlegen, wie dies bei der JA-Prüfung erforderlich ist (vgl. ebenso ADS (2000), § 320, Rn. 61; Beck Bil-Komm. (2020), § 320 HGB, Rn. 21). Da der KA nicht kap.-marktorientierter MU in den ersten fünf Monaten des Konzern-GJ aufzustellen ist (vgl. § 290 Abs. 1 Satz 1), sind die Unterlagen auch binnen dieser jeweiligen Frist vorzulegen. Entsprechend verhält es sich bei kap.-marktorientierten MU, wobei sich in diesem Fall die vorgenannte Frist zur Aufstellung (vgl. § 290 Abs. 1 Satz 1) und Offenlegung (vgl. § 325 Abs. 3, 4) auf längstens vier Monate beläuft. Folglich sind die Unterlagen dem Konzern-AP sonach früher zugänglich zu machen. Aufgrund dieser kürzeren Frist bis zur Aufstellung bzw. Veröffentlichung dürfen – wie bei der Vorlage des JA – einzelne (bereits fertiggestellte) Teile des KA vorgelegt werden, so dass Prüfung und Aufstellung teilweise zeitlich parallel ablaufen können (vgl. HdR-E, HGB § 320, Rn. 9; Beck Bil-Komm. (2020), § 320 HGB, Rn. 21). Analog zur Prüfung der ESEF-Unterlagen beim JA und Lagebericht wird bzw. dürfte die elektronische Version des KA und Konzernlageberichts regelmäßig erst ganz zum Ende des Aufstellungsprozesses von menschenlesbarer und elektronischer Version vorgelegt werden (vgl. HdR-E, HGB § 317, Rn. 9a).