Rn. 30
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Seit Verabschiedung des BilMoG finden sich die gesetzlichen Vorschriften zum Ansatz eines von außen erworbenen (= derivativen) GoF in § 246 Abs. 1 Satz 4; in dem bis dahin diesbezüglich maßgeblichen § 255 Abs. 4 ist nun die Vorschrift über die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert verankert (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 413ff.).
Der Gesetzgeber definiert den entgeltlich erworbenen GoF im Wege der Fiktion als einen zeitlich begrenzt nutzbaren VG (vgl. § 246 Abs. 1 Satz 4); damit ist die Diskussion um die Rechtsnatur des derivativen GoF – Bilanzierungshilfe, VG oder "Posten eigener Art" – beendet (vgl. Bieg/Kussmaul/Waschbusch (2012), S. 103; BilMoG-HB (2009), Kap. I, S. 3 (21); zu dieser Diskussion noch ADS (1998), § 255, Rn. 291ff.).
Der in § 246 Abs. 1 Satz 4 genannte "Unterschiedsbetrag, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt", meint einen aus einem sog. Asset Deal resultierenden GoF, bei welchem die VG und Schulden des übernommenen Rechtsträgers direkt in die Bilanz des übernehmenden Rechtsträgers eingestellt werden (vgl. BilMoG-HB (2009), Kap. XI, S. 263 (285f.)). Davon zu unterscheiden ist der GoF aus dem Erwerb von Beteiligungen (sog. Share Deal; vgl. BilMoG-HB (2009), Kap. XI, S. 263 (285f.)), dessen gesetzliche Regelungen in § 301 Abs. 3 i. V. m. § 309 Abs. 1 zu finden sind, welche ebenfalls – zunächst im Kontext des BilMoG, dann im Zuge des sog. Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BilRUG) vom 07.06.2015 (BGBl. I 2015, S. 1245ff.) – entsprechend angepasst wurden, mit der Folge, dass die Legaldefinition des GoF in § 246 Abs. 1 Satz 4 analog auch für einen i. R.d. Kap.-Konsolidierung entstehenden GoF gilt (vgl. BilMoG-HB (2009), Kap. III, S. 57 (71), mit Verweis auf Busse von Colbe/Schurbohm-Ebneth, BB 2008, S. 98 (100)). Insoweit ist es nicht mehr möglich, den bei einem "share deal" entstehenden GoF mit passiven Unterschiedsbeträgen oder gar offen mit den Rücklagen zu verrechnen (vgl. BilMoG-HB (2009), Kap. III, S. 57 (71)); vielmehr sind die Regelungen zum Ansatz eines GoF im JA und KA nunmehr einheitlich (vgl. BilMoG-HB (2009), Kap. I, S. 3 (21)).
Infolge der fingierten Eigenschaft als VG ist der derivative GoF aktivierungspflichtig – ein originärer GoF darf dagegen aufgrund der fehlenden Aktivierungsfähigkeit nach wie vor nicht angesetzt werden – und unterliegt den handelsrechtlichen Vorschriften zur Ansatz- und Folgebewertung gemäß § 253 (vgl. BilMoG-HB (2009), Kap. III, S. 57 (71); BilMoG-HB (2009), Kap. VII, S. 119 (138f.)). Die Regelungen in § 255 Abs. 4 (a. F.) wurden aufgehoben; in der Konsequenz ist es nicht mehr möglich, den derivativen GoF entweder ganz oder teilweise anzusetzen oder sofort in voller Höhe aufwandswirksam zu verbuchen (vgl. Bieg et al. (2009), S. 40). Was den Ansatz betrifft, herrscht insofern ein Gleichklang mit der StB, in welcher gemäß § 5 Abs. 2 EStG ein derivativer GoF ebenfalls aktiviert werden muss (vgl. auch Bieg et al. (2009), S. 42; Petersen/Zwirner (2009), Kap. V, S. 383 (386)).
Gemäß § 253 Abs. 3 Satz 1 ist der GoF planmäßig über seine "individuelle betriebliche Nutzungsdauer" (BR-Drs. 344/08, S. 103) abzuschreiben. Der Zeitraum, über den der GoF abgeschrieben wird, ist dabei im Anhang zu erläutern (vgl. § 285 Nr. 13; überdies HdR-E, HGB §§ 284–288, Rn. 542ff.). Kann die voraussichtliche ND in Ausnahmefällen nicht verlässlich geschätzt werden, so hat die planmäßige AfA nach § 253 Abs. 3 Satz 4 über einen Zeitraum von zehn Jahren zu erfolgen. Das früher in § 255 Abs. 4 Satz 2f. kodifizierte Wahlrecht, nach dem die AfA entweder zu mindestens einem Viertel oder aber planmäßig über die voraussichtliche ND erfolgen durfte, wird nach derzeitigem Recht nicht mehr gewährt. Steuerlich ist der derivative GoF planmäßig über eine betriebsgewöhnliche ND von 15 Jahren abzuschreiben (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG); demgemäß ist ein unterschiedlicher Wertansatz in HB und StB möglich (vgl. BilMoG-HB (2009), Kap. VII, S. 119 (139)).
Die nach § 253 Abs. 3 Satz 5 geltende Regelung zur Vornahme außerplanmäßiger AfA im AV bezieht sich auch auf den derivativen GoF. Bei Wegfall der Gründe für eine außerplanmäßige AfA kann der derivative GoF – entgegen des generellen Zuschreibungsgebotes in § 253 Abs. 5 Satz 1 – nicht wertaufgeholt werden; der niedrigere Wertansatz muss nach § 253 Abs. 5 Satz 2 zwingend beibehalten werden. Ob in Rede stehendes Zuschreibungsverbot auch für steuerliche Zwecke maßgeblich ist, ist umstritten (vgl. Beck-HdR, B 169 (2019), Rn. 19; Herzig, DB 2008, S. 1339 (1344)). Nach der früher vorherrschenden Einheitstheorie wurde eine spätere Aufwertung als zulässig erachtet (vgl. so bspw. BilMoG-HB (2009), Kap. VII, S. 119 (141), mit Verweis auf die verschiedenen Sichtweisen bei Herzig, DB 2008, S. 1339 (1344); überdies Bieg et al. (2009), S. 42). Da eine eindeutige Unterscheidung dahingehend, ob...