Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Tobias Brembt
Rn. 40
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
§ 320 Abs. 3 Satz 2 räumt dem KA-Prüfer die gleichen Prüfungs- und Auskunftsrechte ein, wie sie dem JA-Prüfer nach § 320 Abs. 1f. gewährt werden. Der KA-Prüfer hat das Recht, die Bücher, Schriften, VG und Schulden der MU und aller TU zu prüfen sowie alle erforderlichen Aufklärungen und Nachweise zu verlangen. Diese Prüfungs- und Auskunftsrechte hat der AP gegenüber dem MU und den TU. Auch dem KA-Prüfer stehen diese Rechte bereits bei Vor- und Zwischenprüfungen, also bereits vor Aufstellung des KA, zu. Da § 320 Abs. 3 Satz 2 explizit eine analoge Anwendung von § 320 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 vorschreibt, ist diesbezüglich auf die Ausführungen unter HdR-E, HGB § 320, Rn. 8ff., zu verweisen. Für den KA-Prüfer sind v.a. die Unterlagen bedeutend, in denen die Konsolidierungsvorgänge und Wertanpassungen dokumentiert sind. Dazu gehören auch die Konsolidierungshandbücher sowie ggf. die Programmdokumentation einer bei der Aufstellung des KA eingesetzten Software (vgl. HdK (1998), Kap. II/3, Rn. 1533; Beck Bil-Komm. (2020), § 320 HGB, Rn. 25). Zudem sind bei WpHG-Inlandsemittenten, die einen IFRS-KA aufstellen, Auskünfte und Nachweise im Zusammenhang mit der iXBRL-Auszeichnung bedeutend, da der AP beurteilen muss, ob die so ausgezeichneten ESEF-Unterlagen eine angemessene und vollständige maschinenlesbare XBRL-Kopie der XHTML-Wiedergabe nach Maßgabe der Art. 4 und 6 der ESEF-VO ermöglichen (vgl. IDW PS 410 (2021), Rn. 41).
Rn. 40a
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Allerdings kann es für den KA-Prüfer im Rahmen seiner Gesamtverantwortung für den KA erforderlich sein, den JA von TU zu prüfen, die nicht prüfungspflichtig sind und auch keiner freiwilligen Prüfung durch einen AP unterzogen wurden. In diesem Fall muss er über die konsolidierungsrelevanten Unterlagen hinaus die Prüfungs- und Auskunftsrechte nutzen (vgl. ADS (2000), § 320, Rn. 62, 79). Werden die Abschlüsse von TU durch andere AP (sog. Teilbereichsprüfer) geprüft, hat der Konzern-AP im Rahmen seiner Gesamtverantwortung für das Prüfungsurteil zum KA die Ergebnisse des anderen AP zu verwerten (vgl. HdR-E, HGB § 317, Rn. 91, 98). Dazu hat er eigene Prüfungshandlungen durchzuführen, die darauf zielen, die Eignung sowie die Angemessenheit und Qualität der Arbeit der Teilbereichsprüfer zu beurteilen (vgl. dazu ISA [DE] 600 (2020), Rn. 19, 28 f., sowie HdR-E, HGB § 320, Rn. 41, 47). Werden indes durch den Konzern-AP in einem TU bedeutsame Risiken identifiziert, kann es für den Konzern-AP erforderlich sein, dass er selbst in die diesbezüglichen Prüfungshandlungen des anderen AP auf Ebene des JA einbezogen wird (vgl. ISA [DE] 600 (2020), Rn. 30).
Rn. 41
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Falls bereits geprüfte JA im KA konsolidiert werden, gewährt § 320 Abs. 3 Satz 2 dem KA-Prüfer Auskunftsrechte (gemäß § 320 Abs. 2) gegenüber dem AP der in den KA einzubeziehenden JA (Teilbereichsprüfer). Der Konzern-AP benötigt dieses Recht, damit er im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften (vgl. § 317 Abs. 3) und berufsständischen Regeln (vgl. ISA [DE] 600 (2020)) die Arbeit der Teilbereichsprüfer eigenverantwortlich verwerten und dadurch die Gesamtverantwortung für das Prüfungsurteil bezüglich des KA tragen kann. Im Rahmen dieser Rechte hat der Konzern-AP die Qualität der Arbeit des Teilbereichsprüfers einzuschätzen, d. h. er muss dessen Qualifikation sowie das regulatorische Umfeld (einschließlich der für ihn geltenden Berufspflichten) verstehen (vgl. ISA [DE] 600 (2020), Rn. 19; Bonner HGB-Komm. (2021), § 320, Rn. 93ff.). Weiterhin muss der Konzern-AP in die Prüfungsplanung des Teilbereichsprüfers eingebunden sein, besonders in dessen Risikobeurteilung und dessen geplante Reaktion auf Risiken, die sowohl auf Ebene des KA als auch auf Ebene des JA identifiziert wurden (vgl. ISA [DE] 600 (2020), Rn. 28 f.). Diese Einbindung des Konzern-AP erfolgt in der Praxis häufig, indem der Konzern-AP Prüfungsanweisungen (group audit instructions) an die Teilbereichsprüfer versendet und die Teilbereichsprüfer den Konzern-AP durch standardisiert aufgebaute Memoranden informieren. Allerdings dürfen dadurch weder eine notwendig werdende Ad-hoc-Kommunikation noch eine evtl. gebotene weitere Einbindung des Konzern-AP, etwa durch dessen Teilnahme an Sitzungen mit dem Teilbereichsprüfer und dem Teilbereichsmanagement, ausgeschlossen werden. Auch die Durchsicht relevanter Teile der Prüfungsdokumentation des Teilbereichsprüfers durch den Konzern-AP ist durch die berufsständischen Regelungen vorgesehen (vgl. ISA [DE] 600 (2020), Rn. A58 f., sowie Anlage 4 und 5). Diese aufgrund der Gesamtverantwortung des Konzern-AP unabdingbaren Rechte gegenüber den Prüfern der JA sind besonders dann bedeutsam, wenn der JA-Prüfer den BV eingeschränkt oder versagt hat (vgl. ADS (2000), § 320, Rn. 67). Durch das Prüfungs- und Auskunftsrecht gegenüber den JA-Prüfern von MU und TU wird die Verschwiegenheitspflicht der betroffenen JA-Prüfer gesetzlich durchbrochen, so dass sie hierfür nicht durch die gesetz...