Rn. 70
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Die Prüfungsmaßstäbe ergeben sich aus den Regelungen in § 259 Abs. 2f. AktG. Aufgrund des inhaltlichen Bezugs zum Prüfungsauftrag soll jedoch bereits an dieser Stelle vorab auf die Prüfungsmaßstäbe eingegangen werden. Der Sonderprüfer hat im Rahmen seiner Erhebungen die Verhältnisse am Stichtag des JA zugrunde zu legen (vgl. § 259 Abs. 2 Satz 2 AktG); das Stichtagsprinzip (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3; BeckOK-HGB (2021), § 252, Rn. 11; HdR-E, HGB § 252, Rn. 70ff.) wird insoweit für die Sonderprüfung besonders betont. Maßgeblich für die Wertansätze in dem zu überprüfenden JA sind also die Umstände am Abschlussstichtag, spätere abweichende Erkenntnisse oder sich zu einem späteren Zeitpunkt ergebende Wertentwicklungen müssen außer Betracht bleiben (vgl. ADS (1997), § 258 AktG, Rn. 75; Frey, WPg 1966, S. 633 (638), unter Hinweis auf den Charakter des JA als Zeitabschnittsrechnung). Anders verhält es sich freilich, wenn nach dem Abschlussstichtag Umstände bekannt werden, die einen Rückschluss auf die Verhältnisse am Abschlussstichtag ermöglichen (sog. wertaufhellende Umstände). Derartige Umstände müssen in die Bewertung einbezogen werden (vgl. ebenso ADS (1997), § 258 AktG, Rn. 76; KK-AktG (2017), § 259, Rn. 17; MünchKomm. AktG (2021), § 259, Rn. 10; allg. zu wertaufhellenden Tatsachen BeckOK-HGB (2021), § 252, Rn. 11; HdR-E, HGB § 252, Rn. 71). Insoweit gelten für die Sonderprüfung die gleichen Grundsätze wie für die Erstellung des JA.
Rn. 71
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Ferner sind für die Sonderprüfung diejenigen Bewertungs- und Abschreibungsmethoden zugrunde zu legen, die von der Gesellschaft zuletzt in zulässiger Weise für die zu bewertenden Gegenstände oder vergleichbare Gegenstände verwendet worden sind (vgl. § 259 Abs. 2 Satz 3 AktG). Der Begriff der Bewertungs- und Abschreibungsmethoden entspricht dem nach Umsetzung des BiRiLiG im HGB verwendeten Begriff der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden; vgl. § 284 Abs. 2 Nr. 1f. (vgl. ADS (1997), § 258 AktG, Rn. 78, unter Hinweis darauf, dass die Vornahme von Abschreibungen ebenfalls eine Bewertung von VG darstellt; BeckOK-HGB (2021), § 284, Rn. 14).
Rn. 72
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Schließlich legt § 259 Abs. 2 Satz 3 AktG den Sonderprüfer durch den Hinweis auf die "zuletzt in zulässiger Weise" erfolgte Bewertung auch auf die Beachtung des Stetigkeitsprinzips/Grundsatzes der Bewertungsstetigkeit fest (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 6; BeckOK-HGB (2021), § 252, Rn. 23; HdR-E, HGB § 252, Rn. 119ff.). Dabei gilt die Besonderheit, dass der zeitliche Anknüpfungspunkt für die Ermittlung der maßgeblichen Bewertungsmethode möglicherweise nicht unmittelbar in dem dem zu prüfenden JA vorausgehenden JA liegt, sondern dass insoweit auf zuletzt vor mehreren Jahren angewendete Bewertungsmethoden zurückzugreifen ist. Ist eine i. S. v. § 259 Abs. 2 Satz 3 AktG zulässige Bewertungsmethode nicht mehr ermittelbar, werden die Sonderprüfer auf diejenige Bewertungsmethode zurückgreifen, bei deren Zugrundelegung die Bewertung dem Wertansatz der Gesellschaft am nächsten kommt (vgl. KK-AktG (2017), § 259, Rn. 18; MünchKomm. AktG (2021), § 259, Rn. 11). Schließlich hat der Prüfer im Zusammenhang mit einem Prüfungsauftrag nach § 258 Abs. 1 Nr. 1 AktG eine "nicht unwesentliche" Unterbewertung festzustellen (vgl. § 259 Abs. 3 AktG). Die Frage nach der zutreffenden Auslegung dieses Begriffs stellt sich bereits im Zusammenhang mit der Antragsstellung nach § 258 Abs. 1 Nr. 1 AktG für die Antragsteller sowie für das Gericht, welches über den Antrag zu entscheiden hat (vgl. § 260 Abs. 2 AktG).
Rn. 73
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Der Sonderprüfer wird den Begriff der "nicht unwesentlichen Unterbewertung" nicht anders verstehen und interpretieren dürfen als bereits die Antragsteller. Insofern kann auf die o. g. Ausführungen (vgl. HdR-E, AktG § 258, Rn. 40ff.) verwiesen werden.