Dr. Karl Petersen, Prof. Dr. Christian Zwirner
Rn. 118d
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
§ 19a PublG nimmt hinsichtlich der Tathandlungen Bezug auf die Ordnungswidrigkeitenregelungen des § 20 Abs. 2a bis Abs. 2c PublG, in denen Pflichtverletzungen der Mitglieder eines AR bzw. Prüfungsausschusses bei kap.-marktorientierten UN sanktioniert werden. Die gemäß diesen Normen zu ahndenden Pflichtverletzungen umfassen drei mögliche Bereiche (vgl. auch HdR-E, PublG §§ 17–21a, Rn. 136ff.):
Rn. 118e
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Ergänzend zu diesen Pflichtverletzungen, die ohne weitere Tatbestandsmerkmale als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden, beinhaltet § 19a PublG mögliche Qualifikationen. Sofern eine dieser Qualifikationen zutreffend ist, erscheint die Ahndung der entsprechenden Pflichtverletzung als Ordnungswidrigkeit nicht mehr angemessen, sondern eine strafrechtliche Sanktionierung adäquat. Die in § 19a PublG vorgesehenen Qualifikationen sind:
- das betreffende Mitglied des AR respektive Prüfungsausschusses erhält für die Pflichtverletzung einen Vermögensvorteil oder lässt sich diesen versprechen, oder
- die betreffende Pflichtverletzung wird beharrlich wiederholt.
Rn. 118f
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Im ersten Fall des erhaltenen oder versprochenen Vermögensvorteils ist bereits eine einmalige Pflichtverletzung durch das AR- bzw. Prüfungsausschussmitglied ausreichend, wenn diese mit dem Interesse der persönlichen Bereicherung bzw. Vorteilsnahme verbunden ist. Ebenfalls ausreichend ist, dass eine entsprechende Bereicherung in Aussicht gestellt bzw. zugesagt wurde; die Vermögensmehrung muss nicht bereits eingetreten sein. Ein Vermögensvorteil ist jedweder geldwerte Vorteil, auch bspw. die Vermeidung einer Zahlung (vgl. Haufe HGB-Komm. (2021), § 333a, Rn. 5). Für die Anwendbarkeit des § 19a PublG ist es ohne Bedeutung, ob der Vermögensvorteil beim Täter zu einem späteren Zeitpunkt eintritt oder vollständig entfällt. Die Absicht der persönlichen Vorteilsnahme, die durch das Versprechen eines Vermögensvorteils zum Ausdruck kommt, ist unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Realisierung bereits ausreichend, um die Strafbarkeit einer Pflichtverletzung nach § 20 Abs. 2a bis Abs. 2c PublG für das Mitglied des AR bzw. Prüfungsausschusses auszulösen.
Rn. 118g
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Im zweiten Fall der möglichen Qualifikationen knüpft die Strafbarkeit nicht an die beabsichtigte Erzielung eines Vermögensvorteils, sondern an die beharrlich wiederholte Pflichtverletzung an. Auch wenn das Mitglied oder die Mitglieder des AR bzw. Prüfungsausschusses keinerlei persönliche Vorteilsnahme durch eine Pflichtverletzung bezwecken, kann eine Strafbarkeit durch wiederholtes Fehlverhalten begründet werden. An dieser Stelle soll durch die Sanktionierung wiederholten Fehlverhaltens ein Mechanismus zur Durchsetzung der Pflichterfüllung geschaffen werden, der über den Rahmen der Ordnungswidrigkeit hinausgeht und somit die Verbindlichkeit erhöht. Erforderlich ist eine beharrliche Wiederholung, d. h. die bloße mehrfache Pflichtverletzung ist für diese Qualifikation zwar notwendig, aber nicht hinreichend. Von einer Beharrlichkeit bei der Wiederholung ist bei einer in der Tatbegehung zum Ausdruck kommenden besonderen Hartnäckigkeit und gesteigerten Gleichgültigkeit des Täters auszugehen, die gleichzeitig die Gefahr einer weiteren Begehung erhöht erscheinen lässt. Auch die Schwere der Verstöße sowie die Erkennbarkeit eines systematischen Vorgehens können neben quantitativen Aspekten auf eine Beharrlichkeit schließen lassen (vgl. Haufe HGB-Komm. (2021), § 333a, Rn. 7).