Rn. 21
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Nach § 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG haben die Geschäftsführer die unter HdR-E, GmbHG § 42a, Rn. 9ff., genannten Unterlagen den "Gesellschaftern zum Zwecke der Feststellung des Jahresabschlusses vorzulegen". Die Vorschrift geht dabei von dem Modell des § 46 Nr. 1 GmbHG aus, wonach grds. die Gesellschafterversammlung zur Bilanzfeststellung sowie Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung berufen ist. Damit korrespondiert § 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG mit § 170 Abs. 1 AktG, wobei dort der AR die Funktion der Gesellschafterversammlung übernimmt.
Rn. 22
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Jedoch bestehen nach wie vor die statutarischen Gestaltungsspielräume des § 45 GmbHG (Satzungsautonomie) fort. Die Gesellschafter können damit im Gesellschaftsvertrag Regelungen treffen, die von den §§ 46ff. GmbHG abweichen. Dies bringt § 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG indirekt dadurch zum Ausdruck, dass er die Vorlage der Abschlussunterlagen "zum Zweck der Feststellung des Jahresabschlusses" anordnet. Dieses Informationsrecht aus Abs. 1 ist also mit der Feststellungsbefugnis nach § 46 Nr. 1 GmbHG verkoppelt und von deren Bestehen abhängig. Sofern mithin die Feststellungskompetenz nicht der Gesellschafterversammlung, sondern einem anderen Organ wirksam zugewiesen worden ist, sind diesem nach Maßgabe des § 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG unverzüglich die nötigen Unterlagen vorzulegen (vgl. ADS (1997), § 42a GmbHG, Rn. 16; Baumbach/Hueck (2022), § 42a GmbHG, Rn. 5; Lutter/Hommelhoff (2023), § 42a GmbHG, Rn. 10; Rowedder-GmbHG (2022), § 42a, Rn. 8; Scholz-GmbHG (2021), § 42a, Rn. 6). Umstritten ist indes, ob neben der Vorlagepflicht gegenüber dem zuständigen Organ eine zusätzliche Vorlage an die Gesellschafter zu erfolgen hat.
Dies wird letztlich im Hinblick auf die gemäß den §§ 325ff. zu veröffentlichenden Unterlagen zu bejahen sein. Es erscheint nicht sachgerecht, die Gesellschafter von Informationen auszuschließen, die auf der anderen Seite gemäß § 325 gegenüber der das UN-Register führenden Stelle offenzulegen sind. Darüber hinaus gilt gemäß § 175 Abs. 2 AktG, dass zugunsten der HV der JA, Lagebericht, Bericht des AR sowie Ergebnisverwendungsvorschlag auszulegen sind, obwohl das Aktienrecht davon ausgeht, dass die Feststellungskompetenz bei AR und Vorstand liegt. Insofern ist der Gedanke, dass den Anteilseignern ein zusätzliches Einsichtsrecht zusteht, dem Gesellschaftsrecht nicht fremd (vgl. auch Roth/Altmeppen (2023), § 42a GmbHG, Rn. 14).
Demnach vermag der Einwand, die Gesellschafter hätten sich mit der Verlagerung der Feststellungskompetenz ihrer Informationsrechte begeben, nicht zu überzeugen; vielmehr dürfte die Vorlagepflicht seitens der Geschäftsführer einer GmbH dahingehend zu differenzieren sein, als den Gesellschaftern der JA und Lagebericht auch dann vorzulegen sind, wenn die Feststellungskompetenz auf ein anderes Organ übertragen worden ist (vgl. so auch ADS (1997), § 42a GmbHG, Rn. 7; Roth/Altmeppen (2023), § 42a GmbHG, Rn. 13; Lutter/Hommelhoff (2023), § 42a GmbHG, Rn. 10; a. A. Scholz-GmbHG (2021), § 42a, Rn. 7).
Anders ist indes mit dem Prüfungsbericht des AP zu verfahren. Für ihn kann vorgesehen werden, dass er dem zuständigen Feststellungsorgan vorbehalten bleibt (vgl. ADS (1997), § 42a GmbHG, Rn. 17; a. A. Roth/Altmeppen (2023), § 42a GmbHG, Rn. 13).
Rn. 23
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Im Zuge der abweichenden Kompetenzverteilung kann der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass ein Gesellschafterausschuss ("Bilanzausschuss") oder auch nur ein einzelner Gesellschafter (vgl. MünchKomm. GmbHG (2023), § 42a, Rn. 24; Rowedder-GmbHG (2022), § 45, Rn. 8ff.; Scholz-GmbHG (2021), § 42a, Rn. 34) mit der Feststellung des JA betraut wird, was einer Beschränkung der Feststellungsbefugnis auf bestimmte Gesellschafter entspricht. Die Satzung kann diese Befugnis aber auch auf ein anderes Organ der Gesellschaft, sogar auf den Geschäftsführer ((h. M.); vgl. Rowedder-GmbHG (2022), § 42a, Rn. 64, m. w. N.), übertragen. Denn: Weder § 42a Abs. 1 GmbHG noch § 46 GmbHG schützen vor einer freiwilligen Aushöhlung ureigener Gesellschafterrechte (vgl. MünchKomm. GmbHG (2023), § 46, Rn. 61; Scholz-GmbHG (2021), § 42a, Rn. 25). Auch in derartigen Fällen ist stets streng zwischen Bilanzaufstellung und Bilanzfeststellung zu unterscheiden (vgl. Roth/Altmeppen (2023), § 42a GmbHG, Rn. 5; Scholz-GmbHG (2021), § 46, Rn. 10). Die Satzung kann auch ein zusätzliches Organ (z. B. Beirat, AR) vorsehen und diesem die Befugnis zur Bilanzfeststellung einräumen. Möglich ist eine Gestaltung der Satzung nach dem Vorbild des § 172 AktG (1. Alternative) in der Weise, dass Geschäftsführer und Beirat den JA einvernehmlich festzustellen haben. Schließlich können die Gesellschafter – z. B. für den Nichteinigungsfall – die Kompetenz aus § 46 Nr. 1 GmbHG durch den Gesellschaftsvertrag einem gesellschaftsfremden Dritten (z. B. einem in der Satzung vorgesehenen oder ad-hoc zu bildenden Schiedsgericht) zusprechen ((so jedenfalls die h. M.); vgl. Rowedder-GmbHG (2022), § 42a, Rn....