Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 137
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Mit der gerichtlichen Bestellung des AP verlieren die Gesellschaftsorgane jeden direkten Einfluss auf die Bestellung des AP. Das Gericht ist bei der Auswahl des AP nur an die §§ 319, 319a und 319b gebunden, nicht aber an etwaige Vorschläge der Gesellschaftsorgane. In der Frage, ob das Gericht den EA-Prüfer, den KA-Prüfer oder beide AP zu bestellen hat, muss das Gericht dem gestellten Antrag folgen. Allerdings gilt unter den oben genannten Voraussetzungen (vgl. HdR-E, HGB § 318, Rn. 136) auch der gerichtlich bestellte EA-Prüfer als KA-Prüfer.
Rn. 138
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Sind sowohl EA als auch KA prüfungspflichtig, steht das Gericht vor der Frage, ob für beide Abschlüsse unterschiedliche AP bestellt werden oder ob EA und KA von demselben AP geprüft werden sollten. Sofern der Gesellschaftsvertrag nicht bestimmt, dass für beide Abschlüsse unterschiedliche AP zu bestellen sind, ist das Gericht in seiner Entscheidung grds. frei. Sofern allerdings keine sachlichen Gründe für die Verteilung der Prüfungsaufträge auf unterschiedliche Personen sprechen, sollte das Gericht in diesem Fall einen AP als Prüfer sowohl für den EA als auch für den KA bestellen, da diese Konstellation vom Gesetzgeber als Regelfall angesehen worden ist, wie sich aus § 318 Abs. 2 ergibt. Hiervon abweichend sollte das Gericht unterschiedliche AP bestellen, wenn durch die wahlberechtigten Organe ursprünglich unterschiedliche Personen als EA- und KA-Prüfer gewählt worden sind.
Rn. 139
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Wie bei § 318 Abs. 3 ist auch in § 318 Abs. 4 die Erteilung des Prüfungsauftrags an den AP nicht ausdrücklich geregelt. Aufgrund des Wortlauts von § 318 Abs. 4 (›bestellen‹) ist davon auszugehen, dass in diesem Fall nicht die Gesellschaft, sondern das Gericht den Prüfungsauftrag erteilt. Die gerichtliche Entscheidung ersetzt also sowohl den Wahlbeschluss als auch die Erteilung des Prüfungsauftrags (vgl. ADS 1995, § 318, Rn. 420; Zimmer 2002, § 318, Rn. 77). Die vollständige Bestellung des AP bedarf darüber hinaus noch der ausdrücklichen oder stillschweigenden Annahme des Prüfungsauftrags durch den vom Gericht ausgewählten Prüfer (vgl. ADS 1995, § 318, Rn. 422; Brönner 1970, § 163 AktG, Rn. 26; Kropff 1973, § 163 AktG, Rn. 40; Zimmer 2002, § 318, Rn. 77). Die Pflicht zur Annahme des Prüfungsauftrags besteht für den Prüfer auch bei der Bestellung durch das Gericht nicht. Nach der Annahme des Prüfungsauftrags ist die Rechtsstellung des AP grds. genauso, als ob er von der Gesellschaft gewählt und beauftragt worden wäre (vgl. Zimmer 2002, § 318, Rn. 78). Eine Ausnahme gilt nur gem. § 318 Abs. 5 für den Anspruch des gerichtlich bestellten AP auf Auslagenersatz und Vergütung (vgl. HdR-E, HGB § 318, Rn. 137 ff.).