Rn. 22

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

Die nachteilige Einflussnahme muss sich entweder in einem Rechtsgeschäft oder einer (tatsächlichen) Maßnahme niedergeschlagen haben. Anders als bei § 312 AktG spielt daher die Abgrenzung zwischen den Begriffen "Rechtsgeschäft" und "Maßnahme" keine Rolle. Im Schrifttum wird gemeinhin der Maßnahmebegriff als Oberbegriff verstanden (vgl. MünchKomm. AktG (2020), § 311, Rn. 157; KK-AktG (2004), § 311, Rn. 14; KonzernR (2022), § 311 AktG, Rn. 37; Hüffer-AktG (2022), § 311, Rn. 23; ADS (1997), § 311 AktG, Rn. 34), so dass auch das Unterlassen eines Rechtsgeschäfts – ungeachtet des insoweit zweifelhaften Wortlauts – erfasst ist. Bereits nach allg. Regeln ist unter Berücksichtigung der ratio legis des § 311 AktG ein Unterlassen stets dann dem positiven Tun durch Vornahme eines Rechtsgeschäfts gleichzustellen, wenn ein selbständiges UN die mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Geschäftschancen bzw. Risiko- oder Schadensbegrenzungsmöglichkeiten wahrgenommen hätte.

 

Rn. 23

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

Während als Rechtsgeschäft jede mit Rechtsbindungswillen geäußerte Willensäußerung, die Rechtsfolgen nach sich zieht, zu verstehen ist, wird in Abgrenzung hierzu vom Begriff der (sonstigen) Maßnahme jedes rein tatsächliche Verhalten der Entscheidungsträger in der abhängigen Gesellschaft erfasst, das sich auf deren wirtschaftliche Situation auswirkt (vgl. so im Ergebnis die h. M.: KK-AktG (2004), § 311, Rn. 14; KonzernR (2022), § 311 AktG, Rn. 37; Hüffer-AktG (2022), § 311, Rn. 23).

 

Rn. 24

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

Das nachteilige Rechtsgeschäft bzw. die nachteilige Maßnahme müssen kausal auf die Veranlassung durch das beherrschende UN zurückzuführen sein (vgl. mit a. A. MünchKomm. AktG (2020), § 311, Rn. 163ff., wonach die Kausalität nicht als weiteres Tatbestandsmerkmal neben der Veranlassung anerkannt wird). Unschädlich soll es sein, wenn die abhängige Gesellschaft gleichzeitig auch eigene Interessen verfolgt (vgl. KonzernR (2022), § 311 AktG, Rn. 38; Hüffer-AktG (2022), § 311, Rn. 23). Das erscheint zumindest missverständlich. Hätte sich ein i. S. v. § 17 AktG unabhängiges, wirtschaftlich aber abhängiges UN aus allg. wirtschaftlichen Gründen in der vergleichbaren Situation ebenfalls für das nachteilige Geschäft entschieden, um etwa die Geschäftsverbindung zu einem wichtigen Abnehmer aufrechtzuerhalten, so ist es bedeutungslos, dass ein entsprechender Wunsch des herrschenden UN für die abhängige Gesellschaft erkennbar war. Immer dann, wenn die abhängige Gesellschaft sich auch unabhängig von der Einflussnahme für das gleiche Vorgehen entschlossen hätte, greift § 311 AktG mangels Mitursächlichkeit nicht (vgl. LG Bonn, Urteil vom 27.04.2005, 16 O 13/04, NZG 2005, S. 856 (858); BeckOGK-AktG (2022), § 311, Rn. 84; Hölters-AktG (2022), § 311, Rn. 48; KK-AktG (2004), § 311, Rn. 6; enger ADS (1997), § 311 AktG, Rn. 35).

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