Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
1. Ersetzungsantrag und Begründung
Rn. 109
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Für den Ersetzungsantrag zuständig ist das Amtsgericht am Sitz desjenigen LG, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat (vgl. § 376 Abs. 1 i. V. m. § 377 Abs. 1 Abs. 1 FamFG).
Im Antrag müssen die Ersetzungsgründe genannt werden (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 142; Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 85). Die "Begründung" muss aber nicht etwa die Befangenheit des AP nachweisen. Der Antragsteller muss lediglich die Sachverhalte darlegen, die aus seiner Sicht Gründe für die Ersetzung des AP sind. Für das Verfahren gilt im Übrigen der Amtsermittlungsgrundsatz des § 26 FamFG. Unabhängig von der Begründung muss das Gericht daher alle zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchführen (vgl. § 26 FamFG). Eine strenge Beweislast der Antragsteller würde deren Antragsrecht de facto aushöhlen, da die relevanten Sachverhalte typischerweise in der Sphäre des AP liegen. Zudem kann v.a. bei der Besorgnis einer Befangenheit regelmäßig kein objektiver Beweis vorgelegt werden (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 145).
Rn. 110
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Neben der Begründung muss der Antrag das Begehren der Antragsteller, nämlich den Wunsch der Ersetzung des AP, deutlich werden lassen. Dies ist dann unproblematisch, wenn nur ein AP gewählt ist. Erhöhte Anforderungen an den Antrag bestehen dagegen dann, wenn mehrere AP gewählt sind und/oder sowohl JA als auch KA zu prüfen sind. Bei der Wahl mehrerer AP muss sich der Ersetzungsantrag gegen einen bestimmten, mehrere bestimmte oder jeden einzelnen Prüfer richten, da die Ersetzungsgründe immer in der Person eines einzelnen Prüfers zu suchen sind (vgl. ADS (2000), § 318, Rn. 47; Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 71). Im Einzelnen sind die folgenden Fallkonstellationen zu unterscheiden:
- Sind mehrere Personen gemeinsam zum AP gewählt worden, muss in dem Ersetzungsantrag deutlich werden, bei welcher Person nach Ansicht des Antragstellers die Ersetzungsgründe vorliegen. Das Gericht kann im Falle der gemeinsamen Prüfung aber nur alle AP ersetzen; liegen die Ersetzungsgründe nur hinsichtlich eines AP vor, so kann das Gericht den anderen AP ggf. als neuen AP einsetzen.
- Ist neben dem primär gewählten AP ein Ersatzprüfer gewählt worden, so müssen sich die Antragsteller dazu äußern, welcher der AP nach ihrer Ansicht zu ersetzen ist oder ob beide AP ersetzt werden sollten. Das Gericht ist an den Umfang des Antrags gebunden und hat je nach Antrag bei dessen Erfolg entweder einen neuen primären AP, einen neuen Ersatz-AP oder beide AP zu bestimmen.
- Wird neben einer Pflichtprüfung des JA oder KA der jeweils andere Abschluss freiwillig geprüft, so kann sich der Ersetzungsantrag nur gegen den Pflichtprüfer richten.
- Ist neben dem JA auch der KA zu prüfen und wurde neben dem JA-Prüfer kein besonderer KA-Prüfer gewählt, so ist der JA-Prüfer gemäß § 318 Abs. 1 auch KA-Prüfer. Der Ersetzungsantrag richtet sich in diesem Fall – unabhängig davon, wie der Antrag konkret formuliert ist – zwingend sowohl gegen die Wahl des AP zum JA-Prüfer als auch gegen die (automatische) Bestellung dieses Prüfers zum KA-Prüfer. Ein Antrag auf Ersetzung des JA-Prüfers bei gleichzeitiger Duldung der gleichen Person als KA-Prüfer ist nicht möglich.
- Sind JA-Prüfer und KA-Prüfer getrennt gewählt worden, so kann sich der Ersetzungsantrag gegen den JA-Prüfer, den KA-Prüfer oder gegen beide AP richten. Wird die Ersetzung beider AP beantragt, handelt es sich um voneinander unabhängige Verfahren. Ist dieselbe Person sowohl zum JA-Prüfer als auch KA-Prüfer gewählt worden, ist kaum vorstellbar, dass die Ersetzungsgründe nur hinsichtlich des JA-Prüfers, nicht aber hinsichtlich des KA-Prüfers vorliegen. Denkbar ist indes, dass Ersetzungsgründe allein bezüglich der Prüfung des KA gegeben sind: Z. B. kann die Besorgnis einer Befangenheit des AP aufgrund von Beziehungen zu einem TU vorliegen oder es können Zweifel im Hinblick auf die fachliche Eignung zur KA-Prüfung bestehen. Richtet sich ein unklar formulierter Antrag gegen eine Person, die sowohl zum JA-Prüfer als auch KA-Prüfer gewählt worden ist, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass sich der Antragsteller gegen beide AP wendet.
2. Anhörung der Beteiligten
Rn. 111
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Das Gericht ist verpflichtet, alle Beteiligten sowie den gewählten AP anzuhören (vgl. § 318 Abs. 3 Satz 1). Verfahrensbeteiligte sind die Antragsteller (gesetzliche Vertreter, AR/Verwaltungsrat oder Gesellschafter) sowie stets die Gesellschaft, die grds. durch ihre gesetzlichen Vertreter vertreten wird. Haben die gesetzlichen Vertreter den Ersetzungsantrag gestellt und sind diese daher Verfahrensbeteiligte, wird die Gesellschaft analog zu den §§ 112, 246 Abs. 2 AktG durch den AR/Verwaltungsrat vertreten (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 146). Dass auch dem gewählten AP rechtliches Gehör zu geben ist, liegt darin begründet, dass eine Ersetzung einen schwerwiegenden Eingriff in seine berufliche Interessensphäre darstellt (vgl. Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 91;...