Prof. Dr. Peter Oser, Dipl.-Ök. Jochen Holzwarth
Rn. 630
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Nach § 285 Nr. 19 ist „für jede Kategorie nicht zum beizulegenden Zeitwert bewerteter derivativer Finanzinstrumente [anzugeben, d.Verf.]
- Art und Umfang der Finanzinstrumente,
- deren beizulegender Zeitwert, soweit sich dieser nach § 255 Abs. 4 verlässlich ermitteln lässt, unter Angabe der angewandten Bewertungsmethode,
- deren Buchwert und der Bilanzposten, in welchem der Buchwert, soweit vorhanden, erfasst ist, sowie
- die Gründe dafür, warum der beizulegende Zeitwert nicht bestimmt werden kann”.
Die Angabepflicht besteht für KapG und PersG i. S. v. § 264a, dem PublG unterliegende UN (vgl. §§ 3 Abs. 1 Nr. 3–5, 5 Abs. 2 PublG), Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (vgl. § 340a Abs. 1) sowie Versicherungs-UN (vgl. § 341a Abs. 1). Kleine und kleinste KapG und PersG i. S. v. § 264a sind von der Angabepflicht befreit (vgl. §§ 288 Abs. 1 Nr. 1, 267a Abs. 2). Eine entsprechende Angabepflicht besteht für den Konzernanhang nach § 314 Abs. 1 Nr. 11.
Finanzinstrumente, die Bestandteil einer Bewertungseinheit i. S. v. § 254 sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich von § 285 Nr. 19. Für diese ist § 285 Nr. 23 als lex specialis einschlägig (vgl. IDW RH 1.005 (2018), Rn. 24). Das IDW hat mit dem RH HFA 1.005 (2018) – "Anhangangaben nach § 285 Nr. 18, 19 und 20 zu bestimmten Finanzinstrumenten" – die Angabepflicht berufsständisch konkretisiert.
Rn. 631
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Eine Definition für den Begriff "Finanzinstrument" ist weder im HGB noch in der zugrunde liegenden 4. EG- bzw. Bilanz-R enthalten. Der Gesetzgeber hat auf eine Definition bewusst verzichtet, da dieser Terminus "nach einhelliger Auffassung der hierzu befragten Experten" schwer zu definieren ist und der dynamischen Fortentwicklung von Finanzinstrumenten auf den Finanz- und Kap.-Märkten Rechnung getragen werden soll (vgl. BT-Drs. 15/4054, S. 73; zudem Hommel/Berndt, BB 2002, S. 90 (91)). Es wird nur festgestellt, dass der "Begriff Finanzinstrument [...] hier ähnlich wie im Kreditwesengesetz und in den International Accounting Standards als Oberbegriff verwendet [wird, d.Verf.]; er erfasst insbesondere alle Arten von Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten, Devisen, Rechnungseinheiten und Derivaten" (BT-Drs. 15/3419, S. 30). In der Beschlussempfehlung des BT-Rechtsausschusses werden lediglich folgende Mindestbestandteile von Finanzinstrumenten aufgezählt (vgl. BT-Drs. 15/4054, S. 37):
- die in § 285 Satz 2 (a. F.) aufgezählten derivativen Finanzinstrumente,
- die in § 2 Abs. 1 WpHG aufgezählten Wertpapiere, auch wenn über sie keine Urkunde ausgestellt wurde und
- die in § 2 Abs. 2 (derweil: Abs. 3) WpHG aufgeführten Termin- und Devisentermingeschäfte.
Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Definition und der unzureichenden Aufzählung von Mindestbestandteilen in den Gesetzesmaterialien bleibt fraglich, wie der Umfang der Finanzinstrumente für Zwecke der RL nach HGB abzugrenzen ist. Aus dem Willen des Gesetzgebers, der dynamischen Fortentwicklung von Finanzinstrumenten auf den Finanz- und Kap.-Märkten Rechnung zu tragen, erscheint es sachgerecht, die Definition von angabepflichtigen Finanzinstrumenten im Zweifel weit zu fassen.
Rn. 632
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Eine Definition für Finanzinstrumente findet sich in § 1 Abs. 11 KWG sowie in § 2 Abs. 4 WpHG. Da diese Gesetze den Begriff der Finanzinstrumente unter bankaufsichts- bzw. kap.-marktrechtlichen Gesichtspunkten definieren, sind sie für Zwecke der RL nach HGB zu eng (vgl. so Krumnow et al. (2004), § 340e HGB, Rn. 301).
Rn. 633
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Sachgerecht erscheint, den Begriff der Finanzinstrumente unter Rekurs auf die Definition nach IFRS auszulegen (vgl. Böcking, BB 2005, Beilage 3 zu Heft 20, S. 5 (7)). Danach ist ein Finanzinstrument ein Vertrag, der gleichzeitig bei dem einen UN zu einem finanziellen Vermögenswert und bei dem anderen UN zu einer finanziellen Verbindlichkeit oder einem EK-Instrument führt (vgl. IAS 32.11; § 1a Abs. 3 KWG (a. F.); Art. 4 Abs. 50 lit. a) der CRR-VO (EU) Nr. 575/2013 vom 26.06.2013 (ABl. EU, L 176/1ff. vom 27.06.2013)). Nach dieser Definition stellen EK-Instrumente des Emittenten aus dessen Sicht Finanzinstrumente dar, auch wenn sie aus dem Anwendungsbereich von IFRS 9 ausgenommen sind (vgl. IFRS 9.2.1(b)). Deren Einbeziehung in die Definition für Finanzinstrumente erscheint für Zwecke der Angabepflichten nach § 285 Nr. 18f. zu weitgehend, da sich die Angabepflichten nach Nr. 18 wie auch Nr. 19 auf derivative Finanzinstrumente sowie Finanzanlagen beschränken und insofern die EK-Instrumente beim Emittenten selbst nicht von der Berichtspflicht erfasst werden (vgl. mit a. A. Bischof/Hettich, WPg 2012, S. 689 (692)).
Rn. 634
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Nach Ansicht des HFA stellen "Finanzinstrumente Vermögensgegenstände und Schulden dar, die auf vertraglicher Basis zu Geldzahlungen oder zum Zugang bzw. Abgang von anderen Finanzinstrumenten führen" (IDW RH HFA 1.005 (2018), Rn. 3). Damit fallen unter den Begriff der Finanzinstrumente: