A. Vorbemerkungen
Rn. 1
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Die Feststellung von Unterbewertungen gemäß § 259 Abs. 4f. AktG durch den Sonderprüfer und ggf. die hierüber getroffene gerichtliche Entscheidung aufgrund von § 260 AktG bilden nicht die abschließenden Sanktionen für die Unvollständigkeit von Angaben i. S. v. § 258 Abs. 1 Satz 1 AktG; vielmehr sieht § 261 AktG vor, dass nun zunächst der unterbewertete Posten zu dem richtigen Wert einzubuchen ist. Die Bedeutung des § 261 AktG besteht letztlich darin, die Verwendung des Ertrags aus der höheren Bewertung durch den Sonderprüfer oder das Gericht festzulegen. Anders als bei der Anfechtungsklage sollen die Konsequenzen gerade nicht in der rückwirkenden Vernichtung des JA bestehen, da den Aktionärsinteressen mit einer derartigen Regelung nicht gedient gewesen wäre. So sieht § 261 AktG als Rechtsfolge vor, dass im nächsten JA die unzulässig gebildeten Reserven aufgelöst und der HV zur Verfügung gestellt werden.
Rn. 2
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Der im RegE zum AktG 1965 zunächst vorgesehene Ausschüttungszwang wurde von den maßgeblichen Ausschüssen mit der Begründung abgelehnt, ein Zwang zur Ausschüttung gegen den Willen der HV stehe im Widerspruch zu der Struktur der AG. Weiterhin befürchtete man, durch die Gewinnausschüttung die Liquidität gesunder UN zu gefährden (vgl. Kropff (1965), S. 353). Die letztlich Gesetz gewordene Lösung stellt die unzulässig gebildeten stillen Reserven zur Verfügung der HV, die dann freie Hand im Hinblick auf deren Verwendung hat. So kann die Mehrheit auch gegen den Willen der Minderheit, welche u. U. die Feststellung der unzulässig gebildeten stillen Reserven erstritten hat, mit diesen Gewinnen verfahren und folglich auch eine Ausschüttung verhindern (vgl. so auch Schimmelbusch, WPg 1972, S. 141 (142)). Dies dürfte auch Grund dafür sein, dass die Praxis nur wenige Anwendungsfälle der §§ 258ff. AktG kennt (vgl. HdR-E, AktG § 258, Rn. 17f.). Unter diesem Aspekt wäre dem ursprünglich vorgesehenen Ausschüttungszwang sicherlich der Vorzug einzuräumen gewesen (vgl. so auch MünchKomm. AktG (2021), § 261, Rn. 2; zu rechtspolitischen Erwägungen HdR-E, AktG § 258, Rn. 23ff.).
B. Bilanzielle Konsequenzen der abschließenden Feststellungen des Sonderprüfers (§ 261 Abs. 1 AktG)
I. Grundsätzliche Übernahme des Unterbewertungsbetrags in den Jahresabschluss
Rn. 3
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
§ 261 Abs. 1 AktG regelt den Fall, dass die abschließenden Feststellungen des Sonderprüfers (vgl. § 259 Abs. 2 AktG) rechtskräftig geworden sind, weil das Gericht nicht innerhalb der Monatsfrist des § 260 Abs. 1 Satz 1 AktG angerufen wurde.
Rn. 4
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Das Gesetz geht davon aus, dass der JA, in dem die bemängelten Posten enthalten sind, in seinem Rechtsbestand erhalten bleibt und die Änderung in laufender Rechnung vorgenommen wird (vgl. ADS (1997), § 261 AktG, Rn. 2; MünchKomm. AktG (2021), § 261, Rn. 4). Jedoch bleibt die Regelung des § 256 AktG hiervon unberührt. Im Fall der Nichtigkeit des festgestellten JA nach § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AktG hat dies aber nur dann Auswirkungen, wenn aus dieser Nichtigkeit Konsequenzen gezogen werden. Diese können darin bestehen, dass z. B. die Verwaltung oder die HV einen neuen JA feststellt oder die Nichtigkeit auf eine entsprechende Klage hin rechtskräftig festgestellt ist. Hier muss dann der neu aufgestellte JA die Unterbewertung beseitigen.
1. Maßgeblicher Zeitpunkt – erste Bilanz nach Unanfechtbarkeit
Rn. 5
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Die Auswirkungen der abschließenden Feststellungen, nämlich der "Ertrag aufgrund höherer Bewertung gemäß dem Ergebnis der Sonderprüfung", sind jeweils im ersten JA, der nach der Unanfechtbarkeit der Entscheidung der Sonderprüfer aufgestellt wird, zu berücksichtigen (vgl. § 261 Abs. 1 Satz 1 AktG; ADS (1997), § 261 AktG, Rn. 3). Aus § 261 Abs. 1 Satz 2 AktG ergibt sich nicht eindeutig, in welchem JA die festgestellten Unterbewertungen zu berücksichtigen sind. Das Gesetz spricht insoweit von der Aufstellung des ersten JA, also einem zeitlich gestreckten Vorgang und nicht von einem bestimmten Zeitpunkt (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 261, Rn. 5). Sicher ist, dass das Ergebnis der Sonderprüfung vom Vorstand berücksichtigt werden muss, wenn die Frist des § 260 AktG bereits vor Beginn der Abschlussarbeiten verstrichen ist. Eindeutig ist auch, dass die Übernahme der Ergebnisse um ein GJ zu verschieben ist, wenn die Unangreifbarkeit der abschließenden Feststellungen erst eintritt, wenn Vorstand und AR bereits gemäß § 175 Abs. 4 AktG gebunden sind, nachdem also die HV zur Entgegennahme des festgestellten JA oder Feststellung des JA einberufen wurde (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 261, Rn. 5).
Rn. 6
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Unsicherheiten und demzufolge Meinungsunterschiede in der Literatur ruft diese Gesetzesformulierung allerdings für die Zeitspanne hervor, in der mit der Aufstellung des JA bereits begonnen, die HV aber noch nicht einberufen wurde (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 261, Rn. 5), also für den Zeitraum zwischen Aufstellung und Feststellung (vgl. ADS (1997), § 261 AktG, Rn. 3).
a) Berücksichtigung der Ergebnisse der Sonderprüfung bis in die Schlussphase der Abschlussarbeiten
Rn. 7
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Baumbach/Hueck ((1968), § 261 AktG, Rn. 3) stellen darauf ab, ob der JA schon festgestellt ist; sei dies noch nicht der Fall, solle...