Prof. Dr. Eberhard Kalbfleisch, Prof. Dr. Sascha Mölls
A. Grundlegendes
Rn. 1
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
§ 293c AktG regelt die Bestellung des UN-Vertragsprüfers i. S. d. § 293b AktG (vgl. zur Person des Vertragsprüfers HdR-E, AktG § 293b), die Rechtsgrundlage für dessen Tätigwerden ist. Die Vorschrift entspricht in ihrem wesentlichen Inhalt der Bestimmung des § 10 Abs. 1f. UmwG, der die Entsprechung für die Bestellung des Verschmelzungsprüfers zum Gegenstand hat und seinerseits weitgehend der Vorschrift des § 340b Abs. 2 AktG (a. F.) entspricht. Durch die Änderung des § 293c Abs. 1 Satz 1 AktG im Zuge des Spruchverfahrensneuordnungsgesetzes vom 12.06.2003 (BGBl. I 2003, S. 838ff.) ist nun die gerichtliche Bestellung der Vertragsprüfer zwingend vorgesehen. Zweck der Regelung ist, wie schon der Einführung einer UN-Vertragsprüfung selbst (vgl. HdR-E, AktG § 293b), das Spruchstellenverfahren des § 306 AktG durch den Einsatz gerichtlich bestellter Prüfer zu entlasten, weil diesen ein größeres Vertrauen als solchen Prüfern entgegengebracht werde, die von den Vertragsbeteiligten selbst bestellt werden (vgl. BT-Drs. 12/6699, S. 85; KonzernR (2019), § 293c AktG, Rn. 2; Hüffer-AktG (2022), § 293c, Rn. 1).
B. Bestellung auf Antrag der Vorstände der vertragschließenden Gesellschaften durch Gericht
I. Gerichtliche Bestellung
Rn. 2
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Die Auswahl und Bestellung des Vertragsprüfers erfolgt ausschließlich durch gerichtliche Bestellung. Das Gericht wird auf Antrag der Vorstände der vertragschließenden Gesellschaften tätig. Die Möglichkeit der Bestellung eines Vertragsprüfers durch den Vorstand einer abhängigen Gesellschaft wurde durch Art. 2 Nr. 1 lit. a) des Gesetzes zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens vom 12.06.2003 (BGBl. I 2003, S. 838ff.) gestrichen. Mit der Gesetzesänderung sollte die Akzeptanz der Prüfungsergebnisse durch die außenstehenden Aktionäre erhöht werden, indem dem Eindruck der Parteinähe der Prüfer durch die gerichtliche Bestellung von vornherein entgegengewirkt wird (vgl. BT-Drs. 15/371, S. 18). Einem gerichtlich bestellten Prüfer wird wegen der dadurch gewährleisteten Objektivität bei der Prüferauswahl regelmäßig ein größeres Vertrauen entgegengebracht werden als einem von der Gesellschaft selbst ausgewählten (vgl. KonzernR (2019), § 293c AktG, Rn. 4ff.; Bungert, DB 1995, S. 1384 (1390)).
II. Verfahren
Rn. 3
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Die gerichtliche Bestellung des Vertragsprüfers erfordert nach § 293c Abs. 1 Satz 1 AktG einen Antrag der Vorstände der vertragsschließenden Gesellschaften, eine Bestellung von Amts wegen findet nicht statt (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 293c, Rn. 4; KonzernR (2019), § 293c AktG, Rn. 5). Die Vorstände der vertragsschließenden Gesellschaften haben jeweils für ihre Gesellschaft einen Antrag zu stellen. Bei der Einlegung besteht nach § 293c Abs. 2 AktG i. V. m. § 10 Abs. 4 Satz 2 UmwG Anwaltszwang. Nach § 293c Abs. 1 Satz 2 AktG können die Vorstände mehrerer Gesellschaften einen Antrag auf gemeinsame Bestellung stellen. Erforderlich sind inhaltlich gleichlautende Anträge, jedoch keine gemeinschaftliche Antragsschrift (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 293c, Rn. 4; KonzernR (2019), § 293c AktG, Rn. 7). In dem Antrag können dem Gericht Vorschläge zur Person des zu bestellenden Vertragsprüfers unterbreitet werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.05.2006, I-26 W 9/06 AktE, WM 2006, S. 2137f.; KonzernR (2019), § 293c AktG, Rn. 5). Das Gericht ist an diese Vorschläge nicht gebunden.
Rn. 4
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Die Anforderungen an die Kandidaten ergeben sich aus § 293d Abs. 1 Satz 1 AktG i. V. m. den §§ 319 Abs. 1 bis 4, 319b Abs. 1 sowie – bei PIE i. S. d. § 316a Satz 2 – Art. 5 Abs. 1 der AP-VO (EU) Nr. 537/2014 vom 16.04.2014 (ABl. EU, L 158/77ff. vom 27.05.2014). § 319 Abs. 1 regelt hierbei die erforderliche Berufsqualifikation, während § 319 Abs. 2 bis 4 in Form einer Negativliste festlegen, unter welchen Voraussetzungen die erforderliche Unabhängigkeit fehlt (bezüglich der Regelungen zu den netzwerkweiten Unabhängigkeitserfordernissen i. S. d. § 319b Abs. 1 ebenso wie des Art. 5 Abs. 1 der AP-VO sei auf HdR-E, AktG § 293d, Rn. 6ff., verwiesen). I.d.S. werden die Vertragsprüfer die erforderliche Unabhängigkeit regelmäßig wegen der gerichtlichen Bestellung nach § 293c Abs. 1 Satz 1 AktG vorweisen können (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 293c, Rn. 2).
Rn. 5
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Das Verfahren der gerichtlichen Bestellung der Vertragsprüfer wird nach § 293c Abs. 2 AktG i. V. m. § 10 Abs. 3 UmwG nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) durchgeführt. Der gerichtlich bestellte Vertragsprüfer hat gemäß § 293c Abs. 1 Satz 5 AktG, der auf die Bestimmungen des § 318 Abs. 5 über die Pflichtprüfung des JA verweist und auch insoweit der Regelung für gerichtlich bestellte Sonderprüfer entspricht (vgl. § 142 Abs. 6 AktG), Anspruch auf Auslagenersatz sowie eine angemessene Vergütung, deren Höhe von dem Gericht auf Antrag festgesetzt wird (vgl. KonzernR (2019), § 293c AktG, Rn. 8). Gegen die Entscheidung des Gerichts ist die Beschwerde statthaft (vgl. § 293c Abs. 1 Satz 5 AktG...