A. Vorbemerkungen
Rn. 1
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Zur Wahrung der Interessen von Gläubigern und Minderheitsaktionären und zum Schutz der Gesellschaft selbst vor (verdeckter) Auszehrung des Gesellschaftsvermögens zum Vorteil eines beherrschenden UN sind im AktG verschiedene Regelungen getroffen worden, um abhängige AG ebenso wie KGaA und SE vor Benachteiligungen zu schützen. Das in § 311 AktG kodifizierte Benachteiligungsverbot abhängiger AG/KGaA/SE wird in § 312 AktG durch eine umfassende Berichterstattungspflicht ergänzt, die vorsieht, dass der Vorstand einer AG/SE (bzw. der respektive die persönlich haftende(n) Gesellschafter einer KGaA) über alle Rechtsgeschäfte und andere Maßnahmen zu berichten hat (haben), die einer potenziellen Einflussnahme durch das herrschende UN ausgesetzt waren, unabhängig davon, ob die abhängige AG/KGaA/SE tatsächlich benachteiligt wurde bzw. ob ein Nachteilsausgleich erfolgte oder nicht (sog. Abhängigkeitsbericht). Die Berichterstattungspflicht des § 312 AktG geht also weiter als der Regelungsbereich des § 311 AktG (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 312, Rn. 12). So ist nach § 312 AktG über alle Rechtsgeschäfte mit dem herrschenden oder einem mit ihm verbundenen UN zu berichten, ohne dass es dabei auf deren Veranlassung ankommt. Dies gilt auch bei Rechtsgeschäften mit Dritten oder Maßnahmen, sofern sie zumindest im Interesse von Verbund-UN vorgenommen oder unterlassen worden sind. Maßgeblich ist hier nur, dass überhaupt ein Bezug zu Verbund-UN vorliegt. Diesen Bezug transparent zu machen, ist Aufgabe des Abhängigkeitsberichts nach § 312 AktG, was auf den Gedanken zurückgeht, dass jedes verbundorientierte Verhalten der abhängigen Gesellschaft nachteilsverdächtig ist und die Vermutung einer Veranlassung durch das herrschende UN nahe legt (vgl. ADS (1997), § 312 AktG, Rn. 1; Hüffer-AktG (2021), § 312, Rn. 12; KK-AktG (2004), § 312, Rn. 41; MünchKomm. AktG (2020), § 312, Rn. 78).
Rn. 2
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Der Abhängigkeitsbericht selbst unterliegt nur einer stark eingeschränkten Publizität (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 312, Rn. 1), da dieser lediglich dem AR nach § 314 AktG (und dem AP nach § 313 AktG, sofern die Gesellschaft prüfungspflichtig ist) zu Prüfungszwecken vorzulegen ist. Nur die Ergebnisse der Prüfungen der Beziehungen zu verbundenen UN durch Vorstand, AP und AR – nicht aber der Abhängigkeitsbericht selbst – müssen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (vgl. auch HdR-E, AktG § 312, Rn. 100).
Rn. 3
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Der Abhängigkeitsbericht ist nicht zu verwechseln mit dem sog. "Related Party Reporting" nach internationalen RL-Vorschriften (vgl. IAS 24; Weber, in: HWRP (2002), Sp. 2024ff.; ferner zu den Anhangangabepflichten gemäß § 285 Nr. 21 BeckOK-HGB (2021), § 285, Rn. 68ff.).
B. Pflicht zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts
I. Verpflichteter Personenkreis
Rn. 4
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Zu dem nach § 312 AktG zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts verpflichteten Personenkreis gehört neben dem Vorstand einer abhängigen AG/SE auch der oder die persönlich haftende(n) Gesellschafter einer abhängigen KGaA (h. M.; vgl. ADS (1997), § 312 AktG, Rn. 15; Beck Bil-Komm. (2020), § 289 HGB, Rn. 310; Hüffer-AktG (2021), § 312, Rn. 5; KK-AktG (2004), § 312, Rn. 10; MünchKomm. AktG (2020), § 312, Rn. 23). Auch wenn in § 312 Abs. 1 Satz 1 AktG nur von der Berichterstattungspflicht des Vorstands einer Gesellschaft gesprochen wird und außerdem in § 283 AktG bei den Pflichten des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA die Berichtspflicht nach § 312 AktG nicht aufgeführt wird, kann aus § 408 i. V. m. § 407 Abs. 1 Satz 1 AktG geschlossen werden, dass diese Berichtspflicht auch für den oder die persönlich haftenden Gesellschafter einer abhängigen KGaA gilt (vgl. im Ergebnis ebenso ADS (1997), § 312 AktG, Rn. 15). Voraussetzung des Eintretens der Berichtspflicht ist ferner, dass die abhängige AG/KGaA ihren Sitz im Inland hat, weil sie sonst nicht den Regelungen des AktG unterliegt (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 289 HGB, Rn. 310). Selbiges gilt für eine SE mit Sitz in der BRD (vgl. § 49 Abs. 1 SEAG).
Rn. 5
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Auch eine sich nach den §§ 264ff. AktG in Abwicklung befindende Gesellschaft fällt unter § 312 AktG (vgl. ADS (1997), § 312 AktG, Rn. 16; Geßler, NB 1966, S. 198ff.).
II. Voraussetzungen für die Berichtspflicht
Rn. 6
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Die Pflicht zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts setzt einerseits voraus, dass ein Abhängigkeitsverhältnis einer AG/KGaA/SE von einem herrschenden UN vorliegt (Positivvoraussetzung), und außerdem, dass kein BHV oder GAV zwischen der abhängigen AG/KGaA/SE und dem herrschenden UN besteht (Negativvoraussetzung); die Verpflichtung zur Aufstellung des Abhängigkeitsberichts entfällt gemäß § 323 Abs. 1 Satz 3 AktG ferner dann, wenn die abhängige Gesellschaft nach den §§ 319ff. AktG in eine andere AG/KGaA/SE mit Sitz im Inland eingegliedert ist (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 312, Rn. 4).
1. Positivvoraussetzung für die Berichtspflicht
a) Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses
Rn. 7
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Die Pflicht zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts setzt ein Abhängigkeitsverhältnis der inländischen AG/KGaA/SE voraus. Ob ein ...