A. Vorbemerkung
Tz. 1
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
§ 239 konkretisiert die in § 238 aufgeführte Verpflichtung zum Führen von Handelsbüchern sowie sonstigen Aufzeichnungen, indem er deren äußere Form regelt (vgl. Staub: HGB (2021), § 239, Rn. 1). Für Einzelkaufleute ist dabei die Befreiungsvorschrift aus § 241a zu beachten, nach deren Satz 1 "Einzelkaufleute, die an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht mehr als jeweils 800.000 Euro UE und jeweils 80.000 Euro Jahresüberschuss aufweisen", von der Anwendung des § 239 befreit werden, wobei dies gemäß Satz 2 der Norm auch im Falle einer Neugründung eintritt, wenn die genannten Werte am ersten Abschlussstichtag nach der Neugründung nicht überschritten werden. Im besonderen Fokus dieses Beitrags stehen die Anforderungen des § 239 an eine Buchführung, welche unter Einsatz von Informationstechnologie (IT) geführt wird. Dabei wird u.a. auch auf die Verlautbarungen des IDW, genauer die durch den Fachausschuss für Informationstechnologie (FAIT) verabschiedete Stellungnahme zur RL "Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei Einsatz von Informationstechnologie" (IDW RS FAIT 1 (2002)) referenziert, welche – zusammen mit dem Prüfungsstandard IDW PS 330 (2002) – die Stellungnahme der Vorgängerinstitution FAMA "Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei computergestützten Verfahren und deren Prüfung" (vgl. FAMA 1/1987, WPg 1988, S. 1 ff.) ersetzt hat.
Da die Vorschrift des § 239 inhaltlich weitgehend mit der Regelung aus § 146 AO übereinstimmt und folglich bei der Auslegung beider Vorschriften eine große Übereinstimmung besteht, kann für Zwecke ihrer Interpretation auch auf die Auslegung durch die Rspr. sowie die entsprechende steuerrechtliche Literatur zurückgegriffen werden. Insbesondere sind hierbei für den (Regel-)Fall einer EDV-gestützten Buchführung die von der Finanzverwaltung veröffentlichten Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) zu beachten.
B. Verwendung einer lebenden Sprache
Tz. 2
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Nach § 239 Abs. 1 Satz 1 muss sich der Kaufmann bei der Führung der Handelsbücher und der sonst erforderlichen Aufzeichnungen (z. B. kaufmännische Hilfs- und Nebenbücher, Handelsbriefe oder Programmbeschreibungen) einer lebenden Sprache bedienen. Dieses Erfordernis fußt auf dem Zweck der Buchführung, welcher darin besteht, die Handelsgeschäfte und die Vermögenslage des Kaufmanns ersichtlich zu machen und einem sachverständigen Dritten einen Einblick in angemessener Zeit zu ermöglichen (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 239 HGB, Rn. 5). Da als lebende Sprachen solche verstanden werden, die gegenwärtig gesprochen werden, sind weder die lateinische und altgriechische (dagegen aber die hebräische) Sprache noch Programmiersprachen, die Zeichen einer Kurzschrift oder Kunstsprachen, wie das Esperanto, anzuerkennen (vgl. Staub: HGB (2021), § 239, Rn. 2a; Tipke/Kruse (2021), § 146 AO, Rn. 52). Grds. ist zwar jede lebende Sprache zulässig (vgl. dagegen die Anforderungen an den JA gemäß § 244), die aber mit einem vertretbaren Aufwand an Zeit und finanziellen Mitteln durch einen Dolmetscher ins Deutsche übersetzbar sein muss (vgl. Staub: HGB (2021), § 239, Rn. 2a; a. A. Tipke/Kruse (2021), § 146 AO, Rn. 52). Allerdings entspricht es dem Zweck der Vorschrift, dass der Kaufmann die Bücher in seiner Muttersprache führt (vgl. Tipke/Kruse (2021), § 146 AO, Rn. 53; Kühn/v. Wedelstädt (2018), § 146 AO, Rn. 15; weniger restriktiv ADS (1998), § 239, Rn. 14). Deshalb darf diese Bestimmung "nicht so ausgelegt werden, daß ein deutscher Betrieb seine Aufzeichnungen in einer fremden Sprache führen darf, wenn der Unternehmer Deutscher ist" (Wöhe (1997), S. 192). Hinsichtlich der zu verwendenden Währung enthält § 239 keine Angaben. Aus der Vorschrift des § 244, nach der der JA in deutscher Sprache und in Euro aufzustellen ist, kann zwar keine entsprechende Verpflichtung für den Bereich der Buchführung abgeleitet werden; gleichwohl empfiehlt es sich im Hinblick auf § 244, auch die Bücher in Euro zu führen (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 239 HGB, Rn. 7).
Tz. 3
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Die Vorschrift des § 239 Abs. 1 Satz 2, wonach bei der Verwendung von Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbolen deren Bedeutung im Einzelfall festliegen muss, ist v.a. für die Datenspeicherung bei EDV-Buchführung erforderlich, da dort Schriftzeichen verwendet werden, die nicht zu einer lebenden Sprache gehören (vgl. Peter/Bornhaupt/Körner (1987), S. 187; Staub: HGB (2021), § 239, Rn. 3; Wöhe (1997), S. 192). Durch die Vorschrift, dass die einzelnen Zeichen lediglich "im Einzelfall" festliegen müssen, wird erreicht, dass diese auch verwendet werden dürfen, wenn sie nur in einem einzelnen Betrieb gebräuchlich sind, sofern sie eindeutig festgelegt sind und auf ihre Definition zurückgegriffen werden kann (vgl. Peter/Bornhaupt/Körner (1987), S. 187; Tipke/Kruse (2021), § 146 AO, Rn. 55f.). Dazu müssen bei einer EDV-Buchführ...