Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
Literaturauswahl:
Büchele, M. (1999); Christiansen, A. (2008); Ernst, Chr./Seidler, H. (2009); Fumi, H.-D. (1991); Groh, M. (1997); Hageböke, J./Hennrichs, J. (2017); Herzig, N. (1990); Herzig, N. (1993); Höfer, R. (2016); Höfer, R./de Groot, S.-E./Küpper, P./Reich, T. (2017); Höfer, R./Veit, A./Verhuven, T. (2016); Hoffmann W.-D. (2008); Kessler, H. (1992); Kessler, H. (1996); Küting, K./Kessler, H. (1993); Loose, M. (1993); Mayer-Wegelin, E. (1995); Moxter, A. (1992); Moxter, A. (1995); Moxter, A. (1997); Naumann, K.-P. (1993); Siegel, T. (1999).
Rn. 1 – 115 und Rn. 229 – 256 kommentiert von Mayer-Wegelin; Rn. 116 – 228 und Rn. 257 – 599 kommentiert von Kessler; Rn. 600 – 900 und Rn. 917 – 927 kommentiert von Höfer; Rn. 908 – 916 kommentiert von Mayer-Wegelin/Kessler
A. Allgemeines (Rn. 1 – 115 kommentiert von Mayer-Wegelin)
I. Entstehungsgeschichte des § 249
Rn. 1
Stand: EL 06 – ET: 06/2010
I. R. d. Ansatzvorschriften zum JA kommt den Rückstellungen eine wesentliche Bedeutung zu. § 249 fußt auf Art. 20 der 4. EG-R. Dieser lautet:
(1) |
›Als Rückstellungen sind ihrer Eigenart nach genau umschriebene Verluste oder Verbindlichkeiten auszuweisen, die am Bilanzstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder dem Zeitpunkt ihres Eintritts unbestimmt sind. |
(2) |
Die Mitgliedstaaten können außerdem die Bildung von Rückstellungen für ihrer Eigenart nach genau umschriebene, dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnende Aufwendungen zulassen, die am Bilanzstichtag als wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder dem Zeitpunkt ihres Eintritts unbestimmt sind. |
(3) |
Rückstellungen dürfen keine Wertberichtigungen zu Aktivposten darstellen.‹ |
Rn. 2
Stand: EL 06 – ET: 06/2010
Im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (vgl. BT-Drucks. 10/317) war von dem Wahlrecht des Abs. 2 hinsichtlich der Zulassung von Aufwandsrückstellungen nur teilw. Gebrauch gemacht worden, während der Gesetzentwurf vom 29.03.1985 vom Unterausschuss des Rechtsausschusses des Bundestags die Aufwandsrückstellungen noch stärker (nämlich auf Rückstellungen für Großreparaturen) beschränkte. In der endgültigen Fassung fehlte diese Einschränkung jedoch, so dass – entspr. Art. 20 Abs. 2 der 4. EG-R – der Kaufmann Vorsorge treffen konnte für konkrete künftige Aufwendungen, die diesem oder einem früheren GJ zuzuordnen waren und denen er sich nicht entziehen konnte.
Rn. 3
Stand: EL 06 – ET: 06/2010
Daneben war für Pensionsrückstellungen ursprünglich die Übernahme des früheren Wahlrechts vorgesehen (vgl. § 250 Abs. 3 HGB-E); die endgültige Fassung enthält stattdessen für Zusagen ab dem 01.01.1987 eine Passivierungspflicht (vgl. § 249 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 28 EGHGB; vgl. auch BT-Drucks. 10/4268, S. 98).
Rn. 4
Stand: EL 06 – ET: 06/2010
§ 249 ersetzt den alten und mit Umsetzung des BiRiLiG aufgehobenen § 152 Abs. 7 AktG 1965. Die wesentlichen Unterschiede lagen in der erweiterten Zulassung von Aufwandsrückstellungen sowie in der Präzisierung, ob für bestimmte Rückstellungen ein Wahlrecht oder eine Passivierungspflicht besteht; hierdurch änderte sich die Rechtslage bei den Pensionsrückstellungen und den Rückstellungen für unterlassene Reparaturen, die innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden.
Rn. 4a
Stand: EL 06 – ET: 06/2010
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) v. 25.05.2009 (BGBl. 2009, S. 1102 ff.) wurde Abs. 2 wieder aufgehoben, sowie die Zulässigkeit der Rückstellung für unterlassene Reparaturen beschränkt auf Fälle mit Nachholung innerhalb von drei Monaten.
II. Umfang der Transformation
Rn. 5
Stand: EL 06 – ET: 06/2010
Die Rückstellungskriterien des Art. 20 der 4. EG-R, die weiter gefasst sind als im alten § 152 Abs. 7 AktG 1965, wurden weitgehend in das deutsche HR übertragen. § 249 Abs. 1 enthält einen Katalog von Rückstellungen, der vom materiellen Inhalt her Art. 20 Abs. 1 der 4. EG-R entspricht. Die Konkretisierung durch zusätzliche Merkmale bei den Fragen der Wahrscheinlichkeit oder der Unbestimmtheit entspricht den früher gültigen Anforderungen an die Bildung von Rückstellungen, deren Weitergeltung durch die insoweit wörtliche Anknüpfung an § 152 Abs. 7 AktG 1965 sichergestellt ist. Die nach Art. 20 der 4. EG-R erforderliche Konkretisierung kommt in den Worten "ungewiss" und "drohend" in § 249 Abs. 1 zum Ausdruck. Eine Einschränkung könnte darin liegen, dass Art. 20 Abs. 1 der 4. EG-R eine Rückstellung allg. für "Verluste" zulässt, während § 249 Abs. 1 nur Rückstellungen "für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften" vorsieht. Nach Biener (H. 1979, S. 73) decken sich aber beide Begriffe, da Verluste, die nicht Wertberichtigungen der Aktivseite darstellen und weder Rechnungsabgrenzung noch Rücklage sind, nur solche aus schwebenden Geschäften sein können.
Rn. 6
Stand: EL 06 – ET: 06/2010
Die früher schon ausdrücklich zugelassenen Aufwandsrückstellungen, nämlich die Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung und für Gewährleistungen ohne rechtliche Verpflichtung – die Einordnung der sog. Kulanzrückstellung als Aufwandsrückstellung ist strittig, da die (freiwillige) Verpflichtung Dritten gegenüber besteht –...