Prof. Dr. Hartmut Bieg, Prof. Dr. Gerd Waschbusch
A. Beteiligungen (Rn. 1–85 kommentiert von Bieg/Waschbusch)
I. Inhalt, Anwendungsbereich und Bedeutung der Beteiligungsdefinition
1. Inhalt der Beteiligungsdefinition
Rn. 1
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Für das AktG 1965 wurde das Fehlen einer Beteiligungsdefinition stets bemängelt. Dieser Mangel ist im gültigen Recht durch § 271 Abs. 1 beseitigt worden. Vier Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Beteiligung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt:
(1) |
Nur im Fall gesellschaftsrechtlicher Kap.-Anteile (Anteilsrechte) an anderen UN handelt es sich um die in § 271 Abs. 1 Satz 1 angesprochenen "Anteile an anderen UN". Diese Voraussetzung ist nur im Fall eines wirtschaftlichen Miteigentums an einem UN erfüllt. Gläubigerrechte sind damit keinesfalls gemeint. |
(2) |
Eine Beteiligung liegt nur vor, wenn die Anteile an dem anderen UN dem eigenen Geschäftsbetrieb dienen. Diese Voraussetzung ist regelmäßig bereits dann erfüllt, wenn die Möglichkeit der Gewinnpartizipation besteht (vgl. Horrwitz/Horrwitz/Ullmann (1932), § 261a AktG, Rn. 15; Weber (1980), S. 26; a. A. ADS (1997), § 271, Rn. 17ff.; Beck-HdR, B 213 (2018), Rn. 247). |
(3) |
Darüber hinaus muss eine "Verbindung" mit dem anderen UN bestehen. Darunter ist nicht mehr zu verstehen als eine Kap.-Überlassung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten. Bei gesellschaftsrechtlichen Kap.-Anteilen ist eine derartige "Verbindung" immer gegeben. |
(4) |
Die Verbindung muss nach dem Willen des Bilanzierenden eine "dauernde" sein. |
2. Anwendungsbereich der Beteiligungsdefinition
Rn. 2
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Obwohl die Beteiligungsdefinition in dem nur für KapG sowie bestimmte PersG (z. B. GmbH & Co. KG), d. h. in dem für KapG i. w. S. geltenden Zweiten Abschnitt des Dritten Buchs ("Ergänzende Vorschriften für Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung) sowie bestimmte Personenhandelsgesellschaften") geregelt ist, kann sie auch für den JA anderer Kaufleute als der KapG i. w. S. Bedeutung haben; schließlich wurde diese Platzierung im Gesetz doch ausschließlich wegen der Anknüpfung an die ebenfalls im Zweiten Abschnitt enthaltenen Gliederungsschemata, also aus systematischen Gründen, gewählt (vgl. BT-Drs. 10/4268, S. 106). So erlangt § 271 Abs. 1 durch den Verweis des § 5 Abs. 1 PublG für alle UN Bedeutung, die gemäß § 1 i. V. m. § 3 PublG diesem Gesetz unterliegen. Nach § 336 Abs. 2 Satz 1 sind zudem
über den JA und den Lagebericht auch von eG entsprechend anzuwenden; § 271 Abs. 1 zählt somit nicht zu den in § 336 Abs. 2 Satz 1 für eG ausdrücklich ausgenommenen Vorschriften. Ferner ist die Beteiligungsdefinition auch von all denjenigen UN zu beachten, die im JA die Beteiligungsposition freiwillig ausweisen.
3. Bedeutung der Beteiligungsdefinition für den Ausweis im Jahresabschluss
Rn. 3
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Die Beteiligungsdefinition ist entscheidend für
(1) |
die Zuordnung gesellschaftsrechtlicher Kap.-Anteile zum AV oder UV eines UN und |
(2) |
die Abgrenzung der Posten des Finanz-AV. |
Bezüglich Letzterem sieht § 266 Abs. 2 den Ausweis von Beteiligungen unter dem (gleichnamigen) Posten "Beteiligungen" (A. III. 3.) vor.
Rn. 4
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Die Relevanz der Beteiligungsdefinition für die Abgrenzung der Posten des Finanz-AV erstreckt sich indessen grds. nur auf große und mittelgroße KapG sowie diesen qua § 264a gleichgestellten PersG (bezüglich solcher UN, die den Regelungen des PublG unterworfen sind, sei an dieser Stelle auf HdR-E, PublG § 5, Rn. 8, verwiesen). Kleinen KapG (vgl. § 267 Abs. 1) und Kleinst-KapG (vgl. § 267a Abs. 1f.) ist es dagegen anheimgestellt, lediglich eine verkürzte Bilanz aufzustellen (vgl. § 266 Abs. 1 Satz 3f., deren Regelungsinhalt(e) aufgrund der gesetzesseitigen Rechtsformdifferenzierung uneingeschränkt auch auf haftungsprivilegierte PersG i. S. d. § 264a Abs. 1 Anwendung finden). Im Falle der Ausübung dieses Wahlrechts können sie somit auf eine Aufgliederung der "Finanzanlagen" bzw. sogar des gesamten "AV" verzichten (vgl. auch HdR-E, HGB § 271, Rn. 81).
Rn. 5
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Über die Frage des Bilanzausweises von Beteiligungen hinaus entscheidet die Beteiligungsdefinition auch über den Ausweis kurz- und langfristiger Gäubigerrechte sowie von Verbindlichkeiten, da die Bilanzgliederung nach § 266 Abs. 2f. auch für die über das direkte Beteiligungsverhältnis hinausgehenden finanziellen Verflechtungen zu den UN, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, besondere Bilanzposten vorsieht. Dies gilt im Übrigen auch für die in § 271 Abs. 2 definierten "verbundenen UN". Im Einzelnen sind in der Bilanz neben dem Posten "Beteiligungen" folgende besondere Posten auszuweisen:
Aktivseite:
- A. III. 4. "Ausleihungen an UN, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht";
- B. II. 3. "Forderungen gegen UN, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht";
Passivseite:
- C. 7. "Verbindlichkeiten gegenüber UN, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht".
Auch hier ist zu beachten, dass kleine KapG (i. S. d. § 267 Abs. 1) und Kleinst-KapG (i. S. d. § 267a Abs. 1) im Wege der ...