Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Eric Sickmann
A. Einleitung
Rn. 1
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Aus § 316 ergibt sich, welche KapG prüfungspflichtig sind. In Abs. 1 ist die Prüfungspflicht des JA und Lageberichts, in Abs. 2 die des KA und Konzernlageberichts geregelt (vgl. auch Marten/Quick/Ruhnke (2020), S. 57f.). Der sog. Nachtragsprüfung ist Abs. 3 gewidmet.
Gegenstand und Umfang der Prüfung ergeben sich erst aus § 317. Allerdings ist die vom Gesetzgeber beabsichtigte strikte Trennung dieser Problemkreise (vgl. BT-Drs. 10/4268, S. 117f.) nur z. T. in die Tat umgesetzt worden. Dass Bilanz, GuV, Anhang und Lagebericht – sowie für kap.-marktorientierte KapG, die keinen KA aufzustellen haben, KFR, EK-Spiegel und ggf. Segmentberichterstattung – Gegenstand der Prüfung des JA sind, steht bereits in § 316 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. den §§ 242 Abs. 3 und 264 Abs. 1 Satz 1 f. Gleiches gilt für § 316 Abs. 2 in Bezug auf den KA und Konzernlagebericht. Aus § 316 Abs. 2 i. V. m. § 297 Abs. 1 wird deutlich, dass Konzernbilanz, -GuV, -anhang und -lagebericht sowie KFR und EK-Spiegel Gegenstand der Prüfung sind. Sofern der KA um eine Segmentberichterstattung erweitert wurde, ist diese ebenfalls in die Prüfung einzubeziehen. Erstellen kap.-marktorientierte UN gemäß § 315e einen IFRS-KA, ergibt sich der Gegenstand der Prüfung aus IAS 1.10 (ED/2019/7.10). In § 316 Abs. 3 Satz 1 ist neben Anlass und Gegenstand der Nachtragsprüfung auch deren Umfang ("soweit es die Änderung erfordert") geregelt. Stellt eine (große) KapG gemäß § 325 Abs. 2af. neben dem JA auch einen (informatorischen) IFRS-EA für Offenlegungszwecke auf, ist dieser IFRS-EA auch durch den für die Prüfung des JA bestellten AP zu prüfen (vgl. § 324a Abs. 2 Satz 1; HdR-E, HGB § 324a).
B. Prüfungspflicht für den Jahresabschluss und Lagebericht (Abs. 1)
I. Kreis der prüfungspflichtigen Kapitalgesellschaften
Rn. 2
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Eine KapG (AG, KGaA, SE, GmbH) ist nach § 316 Abs. 1 prüfungspflichtig, wenn sie an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinander folgenden GJ jeweils mindestens zwei der drei Größenmerkmale des § 267 Abs. 2f. für mittelgroße oder große Gesellschaften aufweist (vgl. § 267 Abs. 4 Satz 1; HdR-E, HGB § 267). Bei einer in den Kreis der prüfungspflichtigen KapG "hineinwachsenden" Gesellschaft setzt die Prüfungspflicht mit dem zweiten von zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen ein, an denen die Größenmerkmale des § 267 Abs. 2 oder 3 vorliegen. Die Prüfungspflicht beginnt nicht erst am darauffolgenden (dritten) Abschlussstichtag. Entsprechend entfällt bei einer bisher prüfungspflichtigen mittelgroßen oder großen KapG die Prüfungspflicht bereits am zweiten von zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen, an denen die Gesellschaft die für kleine KapG geltenden Größenmerkmale des § 267 Abs. 1 aufweist (vgl. Gelhausen, AG 1986, S. 67 (70); ADS (2000), § 316, Rn. 30f.). Bei einem mehrmaligen Wechsel der Größenklassen ist bis zu dem Abschlussstichtag zurückzugehen, an dem erstmalig die Größenklasse mit der des vorangegangenen Abschlussstichtags übereinstimmt, um beurteilen zu können, ob eine Prüfungspflicht gegeben ist (vgl. Biener/Berneke (1986), S. 165). Im Fall einer Umwandlung oder Neugründung besteht die Prüfungspflicht bereits am ersten Abschlussstichtag nach einer solchen Maßnahme, soweit die erforderlichen Größenmerkmale gegeben sind (vgl. § 267 Abs. 4 Satz 2); dies wiederum gilt nicht für den Fall eines Formwechsels, sofern der formwechselnde Rechtsträger eine KapG oder PersG i. S. d. § 264a Abs. 1 ist (vgl. § 267 Abs. 4 Satz 3; BT-Drs. 18/4050, S. 60).
Rn. 3
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
In nachstehender Übersicht sind die Größenklassen des § 267(a) und ihre Folgen für die Prüfungspflicht dargestellt. Im Zusammenhang mit der Umsetzung des sog. Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BilRUG) vom 17.07.2015 (BGBl. I 2015, S. 1245ff.) wurden die Schwellenwerte für die Größenklassen des § 267 letztmalig angehoben (vgl. BT-Drs. 18/4050, S. 60).
Übersicht: Kreis der prüfungspflichtigen Kapitalgesellschaften im Überblick
Vorstehende Übersicht zeigt, dass KapG, deren BS 6 Mio. EUR übersteigt, deren UE über 12 Mio. EUR liegen und die mehr als 50 AN beschäftigen, prüfungspflichtig sind (mindestens zwei dieser Größenkriterien müssen gleichzeitig erfüllt sein).
Rn. 4
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Die im Prinzip allein von der Größe einer KapG abhängige Prüfungspflicht kennt eine Reihe von Ausnahmen:
Unabhängig von den Größenmerkmalen des § 267 Abs. 1 gelten kap.-marktorientierte KapG (vgl. § 264d) stets als große KapG und sind selbst dann prüfungspflichtig, wenn sie die Größenmerkmale kleiner KapG (vgl. § 267 Abs. 1) aufweisen (vgl. § 316 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 267 Abs. 3 Satz 2).
Für KapG bestimmter Wirtschaftszweige – wie Kredit-, Finanzdienstleistungs-, Wertpapier-, Zahlungs- und E-Geld-Institute (vgl. § 340k) sowie Versicherungs-UN und Pensionsfonds (vgl. § 341k) – gelten Spezialvorschriften (vgl. bereits Gross/Schruff (1986), S. 401, 412).
Von der generellen Prüfungspflicht sind gemäß § 264 Abs. 3 nicht kap.-marktorientierte KapG befreit, die TU eines nach § 290 zur Aufstellung eines KA verpflichteten MU sind, sofern sie die in § 264 Abs....