Prof. Dr. Christoph Hütten, Dr. Julia Zicke
A. Hintergrund
Rn. 1
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Das HGB gestattet KapG und PersG i. S. d. § 264a, die nach § 267 als mittelgroß einzustufen sind, bereits i. R.d. Aufstellung des JA gewisse Informationsreduktionen (vgl. HdR-E, HGB § 327, Rn. 20). Während jedoch kleine KapG durch § 266 Abs. 1 Satz 2 davon befreit sind, ihre Bilanz in der in § 266 Abs. 2f. kodifizierten Tiefe zu gliedern, werden mittelgroße UN diesbezüglich mit großen UN (i. S. d. § 267) gleichgestellt. Die daraus resultierende Informationstiefe sowie sich aus bestimmten Anhangangaben ergebenden Informationen wollte der Gesetzgeber (in konkreter Umsetzung des Art. 47 Abs. 3 der 4. EG-R bzw. Art. 31 Abs. 2 der Bilanz-R 2013/34/EU) allerdings – offensichtlich zum Schutz des bilanzierenden UN – nicht der breiten Öffentlichkeit, sondern nur der UN-Leitung selbst sowie bestimmten Stakeholdern (insbesondere den Gesellschaftern) des bilanzierenden UN zur Verfügung stellen. Diese Differenzierung wurde dadurch realisiert, dass entsprechende Befreiungsnormen durch ihre Kodifizierung in § 327 nicht an der Aufstellung, sondern an der Offenlegung des JA ansetzen.
B. Persönlicher Anwendungsbereich
Rn. 2
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Dem Wortlaut nach können die in § 327 geregelten Offenlegungserleichterungen von mittelgroßen KapG i. S. d. § 267 in Anspruch genommen werden. Entscheidend ist dabei die Klassifizierung nach § 267 für das Jahr, auf das sich die offenlegungspflichtigen Unterlagen beziehen, und nicht etwa die Klassifizierung (falls bereits feststellbar) zum Zeitpunkt der Offenlegung (vgl. so auch ADS (2000), § 327, Rn. 6). Damit kann § 327 von solchen KapG in Anspruch genommen werden, welche kumulativ die beiden folgenden Kriterien erfüllen (vgl. § 267 Abs. 2, 3 Satz 2):
in dem GJ, auf das sich die offenzulegenden Unterlagen beziehen sowie im GJ zuvor oder aber in den zwei GJ vor dem von der Offenlegung betroffenen GJ (im Fall einer Neugründung oder Umwandlung reicht das GJ; für den Fall eines Formwechsels sei an dieser Stelle auf § 267 Abs. 4 Satz 3 verwiesen) sind von den folgenden Größenmerkmalen mindestens zwei erfüllt:
- BS ≤ 20 Mio. EUR;
- UE ≤ 40 Mio. EUR;
- AN-Zahl im Jahresdurchschnitt ≤ 250;
und
- es wurden keine von der KapG ausgegebenen Wertpapiere i. S. d. § 2 Abs. 1 WpHG zum Handel an einem organisierter Markt i. S. d. § 2 Abs. 11 WpHG zugelassen und es wurde auch keine entsprechende Zulassung beantragt. Ansonsten wäre die KapG kap.-marktorientiert i. S. d. § 264d und würde als große KapG zu behandeln sein (vgl. § 267 Abs. 3).
Sofern nicht nur die o. a. Grenzen für BS, UE und AN-Zahl nach § 267 Abs. 2, sondern sogar die niedrigeren Werte des § 267 Abs. 1 bzw. § 267a nicht überschritten werden, können die weitergehenden Erleichterungen des § 326 wahrgenommen werden (vgl. hierzu HdR-E, HGB § 326, Rn. 12ff.). Falls auf deren Inanspruchnahme allerdings verzichtet wird, steht die Anwendung des § 327 offen (vgl. HdR-E, HGB § 326, Rn. 22).
Rn. 3
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Durch den Globalverweis in § 264a Abs. 1 wird die Inanspruchnahme der Erleichterungen des § 327 auch i. S. d. § 267 mittelgroßen PersG eröffnet, an denen weder direkt noch indirekt eine natürliche Person als Vollhafter beteiligt ist und die deshalb die Vorschriften der §§ 264–330 zu beachten haben (sog. KapG & Co. bzw. haftungsbeschränkte PersG). Gemäß § 339 Abs. 2 haben (auch) eG § 327 anzuwenden und können somit die größenabhängigen Erleichterungen in Anspruch nehmen, ebenso UN, an denen der Bund oder Länder beteiligt sind (vgl. analog HdR-E, HGB § 326, Rn. 3).
Rn. 4
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Kredit-, Finanzdienstleistungs-, Wertpapier-, Zahlungs- und E-Geld-Institute sowie Versicherungs-UN und Pensionsfonds können – auch wenn sie als mittelgroße UN i. S. d. § 267 gelten – die Erleichterungen des § 327 nicht in Anspruch nehmen, da § 340l Abs. 1 und § 341l Abs. 1 nicht auf § 327 verweisen (vgl. analog HdR-E, HGB § 326, Rn. 4).
Rn. 5
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UN, deren Offenlegung durch das PublG geregelt ist, dürfen § 327 auf keinen Fall anwenden, da die Größenkriterien gemäß § 1 Abs. 1 PublG erheblich über den Schwellenwerten für mittelgroße KapG gemäß § 267 Abs. 2 liegen (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 327 HGB, Rn. 2).
Rn. 6
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Für eine mittelgroße, nicht i. S. d. § 264d kap.-marktorientierte KapG, die in den KA eines MU mit Sitz in einem Mitgliedstaat in der EU oder des EWR einbezogen ist, kann sich gemäß § 264 Abs. 3f. eine Befreiung von der Offenlegungspflicht in Gänze ergeben. Gleiches wiederum gilt für mittelgroße, nicht i. S. d. § 264d kap.-marktorientierte PersG, die unter § 264a Abs. 1 fallen, und die die in § 264b näher statuierten Voraussetzungen erfüllen (vgl. HdR-E, HGB § 325, Rn. 2, 6).
C. Gegenstand der Erleichterungen
I. Abgrenzung der Erleichterungen
Rn. 7
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§ 327 enthält lediglich Erleichterungen hinsichtlich der offenzulegenden Unterlagen und hier nur bezüglich des offenzulegenden JA. Diese Erleichterungen werden, was Satz 1 des § 327 verdeutlicht, im Verhältnis zu den Anforderungen des § 325 Abs. 1 gewährt ("ist § 325 Abs. 1 mit der Maßgabe an...