Dipl.-Ök. Heinz-Hermann Hellen, Dr. Martin Vosseler
A. Miet-, Pacht- und Leasingverhältnisse
I. Begriffsabgrenzung
1. Mietverhältnisse
Rn. 1
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Ein Mietverhältnis wird nach § 535 BGB durch den Abschluss eines gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrags (Mietvertrag) begründet (vgl. Emmerich (2011), Rn. 4; Kussmaul (1987), S. 176, m. w. N.; Palandt (2023), Einführung vor § 535 BGB, Rn. 1f.). Der rechtliche Eigentümer der Mietsache (Vermieter) verpflichtet sich durch den Vertragsschluss, dem Mieter die Sache während der Vertragsdauer zur Nutzung zu überlassen und sie in Stand zu halten (vgl. § 535 Abs. 1 BGB; Glaubig (1993), S. 9). Die Gegenleistung des Mieters besteht gemäß § 535 Abs. 2 BGB in der Entrichtung des vertraglich vereinbarten Mietzinses. Bei Ablauf des Mietvertrags ist der Mieter darüber hinaus zur Rückgabe des Mietobjekts an den Vermieter verpflichtet. Ein Mietverhältnis ist also ein auf Gebrauchsgewährung gegen Entgelt abzielendes Dauerschuldverhältnis (vgl. Palandt (2023), Einführung vor § 535 BGB, Rn. 1).
Rn. 2
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
I.S.d. §§ 535ff. BGB kann es sich bei dem Mietgegenstand nur um Sachen nach § 90 BGB handeln. Eine Vermietung von Rechten ist somit ausgeschlossen (vgl. Walker (2022), Kap. 2, Rn. 1; Palandt (2023), § 535 BGB, Rn. 1f.).
2. Pachtverhältnisse
Rn. 3
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Ebenso wie ein Mietverhältnis wird ein Pachtverhältnis durch den Abschluss eines gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrags (Pachtvertrag) begründet, auf den gemäß § 581 Abs. 2 BGB die Vorschriften zum Mietvertrag entsprechend anzuwenden sind, sofern die §§ 582 bis 584b BGB nichts anderes bestimmen. Durch den Abschluss des Pachtvertrags verpflichtet sich der Verpächter nach § 581 Abs. 1 Satz 1 BGB, neben der Gebrauchsüberlassung des Pachtgegenstands zusätzlich dem Pächter die Früchte i. S. d. § 99 BGB aus dem Pachtobjekt zu überlassen. Als Gegenleistung hat der Pächter gemäß § 581 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten. Bei einem Pachtverhältnis handelt es sich somit um ein Dauerschuldverhältnis, das auf die Gebrauchsgewährung und Ertragsüberlassung gegen Entgelt gerichtet ist.
Rn. 4
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Durch die gesetzlich kodifizierte Hauptpflicht des Verpächters, dem Pächter die Früchte i. S. d. § 99 BGB zu überlassen, kommen als Pachtgegenstände nicht nur Sachen i. S. d. § 90 BGB, sondern zusätzlich auch Rechte sowie Sach- und Rechtsgesamtheiten infrage (vgl. Kussmaul (1987), S. 179; Palandt (2023), § 581 BGB, Rn. 3).
3. Leasingverhältnisse
a) Begriff, wirtschaftliche Bedeutung und aufsichtsrechtliche Einordnung
Rn. 5
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Ursprünglich entstammt der Leasingbegriff dem englischen "to lease", das wörtlich mit "mieten" respektive "pachten" zu übersetzen ist (vgl. Jürgens (1988), S. 1; Maus (1996), Rn. 1). Obwohl alle Leasingverhältnisse dadurch gekennzeichnet sind, dass es sich "um eine entgeltliche Gebrauchs- oder Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern handelt" (BFH, Urteil vom 26.01.1970, IV R 144/66, BStBl. II 1970, S. 266; vgl. auch Figge (2000), S. 160), bereitet die Ableitung einer präzisen Definition des Begriffs "Leasing" im deutschen Sprachgebrauch einige Schwierigkeiten (vgl. Bieg, StB 1997, S. 425; Coenenberg/Haller/Schultze (2021) S. 87). Einerseits mangelt es dem Leasingverhältnis – im Gegensatz zu Miet- und Pachtverhältnissen – an einer Legaldefinition (vgl. Brakensiek (2001), S. 172; Kussmaul (1987), S. 182; Maus (1996), Rn. 2), andererseits reicht die Bandbreite der in der Praxis unter dem Begriff "Leasing" vorzufindenden Vertragsgestaltungen von reinen Mietverhältnissen bis in die Nähe von Ratenkaufverträgen (vgl. HB-RP (1995), Teil I, Rn. 767; Glaubig (1993), S. 10; Helmschrott (1997), S. 1f.; Beck Bil-Komm. (2022), § 246 HGB, Rn. 58; Küting/Hellen/Brakensiek, DStR 1998, S. 1465; zu den einzelnen Arten von Leasingverhältnissen auch HdR-E, Kap. 6, Rn. 8ff.). Es überrascht daher nicht, dass sich in der Literatur eine Vielzahl verschiedener Begriffsbestimmungen findet (vgl. Büschgen (1998), Rn. 1, m. w. N.). Der BGH nimmt indes in seiner laufenden Rspr. durch die Qualifizierung des Leasingverhältnisses als atypisches Mietverhältnis einen eindeutigen Standpunkt ein (vgl. BGH, Urteil vom 08.10.1975, VIII ZR 81/74, DB 1975, S. 2366; BGH, Urteil vom 23.02.1977, VIII ZR 124/75, DB 1977, S. 813; BGH, Urteil vom 23.02.1977, VIII ZR 312/75, DB 1977, S. 1136 (1137); BGH, Urteil vom 09.03.1977, VIII ZR 192/75, DB 1977, S. 815; BGH, Urteil vom 05.04.1978, VIII ZR 42/77, BB 1978, S. 682; BGH, Urteil vom 16.09.1981, VIII ZR 265/80, DB 1982, S. 40; BGH, Urteil vom 28.10.1981, VIII ZR 302/80, DB 1982, S. 480; BGH, Urteil vom 02.12.1981, VIII ZR 273/80, DB 1982, S. 482; BGH, Urteil vom 29.11.1989, VIII ZR 323/88, DB 1990, S. 270 (271); BGH, Urteil vom 28.03.1990, VIII ZR 17/89, DB 1990, S. 1228; BGH, Urteil vom 10.07.1996, VIII ZR 282/95, BB 1996, S. 1794).
Allg. formuliert handelt es sich bei Leasingverhältnissen um "besonders ausgestaltete Nutzungsüberlassungsverhältnisse, die sich an die Ausgestaltung von Miet- oder Pachtverträgen anlehnen, aber je nach Vertragstyp in wesentlichen Punkten von diesen abweichen" (HdJ, Abt. I/8 (2020), Rn. 1). Wie bei Miet- oder Pachtv...