Die Rechte und Pflichten der Gesellschafter richten sich in erster Linie nach dem Gesellschaftsvertrag (§ 109 HGB), ansonsten nach den Vorschriften der §§ 110–122 HGB und subsidiär nach den Vorschriften der §§ 705 ff. (§ 105 Abs. 3 HGB).
Das Recht zur laufenden Geschäftsführung steht grundsätzlich jedem Gesellschafter einzeln zu, verbunden mit einem Widerspruchsrecht für die übrigen nicht geschäftsführungsbefugten Gesellschafter (§ 114 Abs. 1, 115 Abs. 1 HGB). Abweichende Regelungen jeder Art sind möglich (§ 114 Abs. 2 HGB). Durch Vertrag von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschaftern steht ein Kontrollrecht zu (§ 118 Abs. 1 HGB). Die Geschäftsführungsbefugnis erlaubt nur Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt (§ 116 Abs. 1 HGB). Ungewöhnliche Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, bedürfen der Zustimmung aller Gesellschafter, auch wenn sie durch Vertrag von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind (§ 116 Abs. 2 HGB).
Von den Maßnahmen der laufenden Geschäftsführung sowie den außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen sind die Maßnahmen zu unterscheiden, die das Gesellschaftsverhältnis und seine Gestaltung betreffen (Grundlagengeschäfte). Grundlagengeschäfte sind kein Teil der Geschäftsführung. Darunter fallen z. B. die Feststellung des Jahresabschlusses (BGHZ 76, 338), Änderungen des Gesellschaftsvertrages, Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, Aufnahme oder Ausschluss von Gesellschaftern, Betriebsveräußerung oder -verpachtung. Grundlagengeschäfte bedürfen grundsätzlich der Zustimmung aller Gesellschafter, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes geregelt ist.
Das Gesetz sieht grundsätzlich die Vertretung einzeln durch jeden OHG-Gesellschafter vor (Einzelvertretungsmacht, § 125 Abs. 1 HGB). Der Gesellschaftsvertrag kann in den Grenzen des § 125 HGB abweichende Regelungen treffen:
- den Ausschluss eines Gesellschafters von der Vertretung (§ 125 Abs. 1 HGB),
- die echte Gesamtvertretung durch alle Gesellschafter (echte Gesamtvertretung, § 125 Abs. 2 HGB),
- die unechte Gesamtvertretung durch mehrere Gesellschafter (§ 125 Abs. 2 HGB),
- die Einzelvertretung nur durch einen oder mehrere Gesellschafter (§ 125 Abs. 2 HGB),
- die gemischte Gesamtvertretung durch mehrere Gesellschafter zusammen mit einem Prokuristen (§ 125 Abs. 3 HGB).
Der Umfang der Vertretungsmacht bestimmt sich unabhängig von der Geschäftsführungsbefugnis zwingend nach § 126 HGB. Die Vertretungsmacht erstreckt sich anders als die Geschäftsführungsbefugnis (§ 116 HGB) nicht nur auf die Handlungen des gewöhnlichen Betriebs, sondern auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfte und Rechtshandlungen einschließlich der Veräußerung und Belastung von Grundstücken sowie der Erteilung und des Widerrufs einer Prokura (§ 126 Abs. 1 HGB). Eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht ist im Interesse des Schutzes des Rechtsverkehrs Dritten gegenüber im Außenverhältnis unwirksam. Eine Ausnahme gilt lediglich für die Filialprokura, die auf den Betrieb der Zweigniederlassung beschränkt werden kann (§ 126 Abs. 2 HGB). Die Vertretungsmacht betrifft jedoch nur die Verkehrsgeschäfte, bei denen die Gesellschaft und nicht der einzelne Gesellschafter vertreten wird. Rechtsgeschäfte, denen alle Gesellschafter zustimmen müssen (Grundlagengeschäfte), werden von der Vertretungsmacht nicht erfasst.
Beispiel
Der allein vertretungsberechtigte Gesellschafter A der AB-OHG
- schließt im Namen der Gesellschaft einen Vertrag mit einem stillen Gesellschafter S,
- nimmt einen weiteren Gesellschafter C in die OHG auf.
LÖSUNG
- Da die stille Gesellschaft ein lediglich zweiseitiger Vertrag zwischen dem Inhaber des Handelsgewerbes, hier der AB-OHG, und dem stillen Gesellschafter ist, kann A die OHG wirksam vertreten.
- Die Aufnahme eines Gesellschafters und andere Änderungen des Gesellschaftsvertrages bedürfen der Zustimmung aller Gesellschafter und gehören zu den Grundlagengeschäften, die von der Vertretungsmacht grundsätzlich nicht gedeckt sind.
Die Gesellschafter unterliegen einer allgemeinen Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft und als deren besonderer Ausprägung einem Wettbewerbsverbot (§ 112 HGB).
An Vermögensrechten stehen dem Gesellschafter Gewinnansprüche (§§ 120, 121 HGB) sowie Entnahmerechte (§ 122 HGB) zu. Aus den § 105 Abs. 3 i. V. m. §§ 734, 738 BGB folgen Abfindungs- und Auseinandersetzungsansprüche bei Ausscheiden bzw. Beendigung der Gesellschaft.