Die stille Gesellschaft dient der Kapitalbeschaffung für das Unternehmen und der Kapitalanlage für Investoren.
- Aus der Sicht des Geschäftsinhabers dient die Vermögenseinlage des Stillen der längerfristigen Finanzierung des Unternehmens. Die Fremdfinanzierung bleibt nach außen anonym. Da kein Handelsregistereintrag möglich ist, entstehen keine Kosten. In Verlustsituationen wird die Liquidität geschont, da der Stille keine Zahlungen erhält. Wenn der Stille auch am Verlust teilnimmt, ergeben sich positive Wirkungen auf das Jahresergebnis, da die Verlustübernahme beim Geschäftsinhaber als Ertrag gebucht wird. Im Übrigen können mit der Rechtsform der stillen Gesellschaft Personen oder Personengruppen an das Unternehmen gebunden werden, ohne dass diese Personen wesentliche Mitspracherechte haben. Dabei ist an die Vorbereitung der Unternehmensnachfolge und an die vorweggenommene Erbfolge zu denken. Durch Schenkung einer stillen Beteiligung an Familienangehörige lassen sich Progressionsvorteile erzielen (vgl. B 11). Auch leitende Angestellte können steuerlich begünstigt am Erfolg des Unternehmens beteiligt werden.
- Aus der Sicht des Stillen bietet sich eine ertragsabhängige Beteiligungsmöglichkeit mit einer höher dotierten, wenn auch stärker risikobehafteten Einlage, als dies bei einem festverzinslichen Darlehen der Fall ist. Die Einlage ist außerdem Fremdkapital, das im Insolvenzfall quotenmäßig bedient werden muss (Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, 8. Aufl., Köln 2016; Seefelder, Die stille Gesellschaft, 2017).
Die stille Gesellschaft ist eine Innengesellschaft. Sie wird nicht in das Handelsregister eingetragen. Nach außen tritt nur der Inhaber des Handelsgewerbes auf. Er schließt mit dem stillen Gesellschafter einen Gesellschaftsvertrag. An der stillen Gesellschaft sind also nur zwei Personen, nämlich der Geschäftsinhaber und der Stille beteiligt. Wenn sich mehrere Personen am Handelsgewerbe eines andern beteiligen, sind im Regelfall mehrere stille Gesellschaften anzunehmen, es sei denn, die stillen Gesellschafter haben sich zu einer GbR zusammengeschlossen. Die mehrgliedrige stille Gesellschaft wird in der Unternehmenspraxis zunehmend für die Unternehmensfinanzierung genutzt. In ihr sind mehrere stille Gesellschafter, die sich an dem Handelsgewerbe beteiligen, zusätzlich in einer Innengesellschaft miteinander verbunden, in deren Rahmen sie ihre aus der stillen Beteiligung ergebenden Rechte wahrnehmen.
Praktische Bedeutung hat die mehrgliedrige stille Gesellschaft vor allem für Publikumsgesellschaften, die auf diese Weise das Anlagekapital einsammeln, ohne dass der Inhaber des Handelsgewerbes mit den einzelnen Anlegern konfrontiert wird. Eine Servicegesellschaft übernimmt die Organisation der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft und nimmt die Rechte der stillen Gesellschafter einheitlich gegenüber dem Inhaber des Handelsgewerbes wahr. Da die Servicegesellschaft und der Inhaber des Handelsgewerbes häufig eng miteinander verbunden sind, stellen sich Probleme des Anlegerschutzes (zur fehlerhaften mehrgliedrigen stillen Gesellschaft Mock, DStR 2014, 536, 598).
Der Stille beteiligt sich mit einer Einlage an dem Handelsgewerbe des andern und erhält eine Gewinnbeteiligung. Das Gesellschaftsverhältnis bestimmt sich nach den Vorschriften des HGB (§§ 230 ff. HGB), hilfsweise nach den Vorschriften über die GbR (§§ 705 ff. HGB). Die gesetzlichen Vorschriften sind weitgehend dispositives Recht. Der wichtigste zivilrechtliche Unterschied zur Personengesellschaft (GbR, OHG, KG) besteht darin, dass der stille Gesellschafter nicht dinglich, sondern nur schuldrechtlich an der Gesellschaft beteiligt ist. Daran ändert auch die steuerlich bedeutsame Unterscheidung zwischen der typischen und der atypischen stillen Gesellschaft nichts. Bei der typischen stillen Gesellschaft hat der Stille einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung seiner Nominaleinlage, bei der atypischen stillen Gesellschaft erstreckt sich sein schuldrechtlicher Anspruch darüber hinaus auf einen vereinbarten Anteil an den stillen Reserven und/oder am Geschäftswert des Geschäftsinhabers.
Tatbestandsmerkmale
- Gesellschaftsvertrag zwischen dem stillen Gesellschafter (natürliche oder juristische Person) und dem Inhaber eines Handelsgewerbes (Einzelunternehmen, Personen-, Kapitalgesellschaft).
- Der Stille erbringt eine Vermögenseinlage, die in das Eigentum des Inhabers des Handelsgewerbes übergeht.
- Der Stille erhält keine Beteiligung am Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers, sondern nur eine schuldrechtliche Beteiligung. Es entsteht kein gemeinschaftliches Gesellschaftsvermögen. Der Stille wird nicht dinglich beteiligt, sondern hat nur schuldrechtliche Ansprüche aus der Beteiligung.
- Der Stille hat Anspruch auf Gewinnbeteiligung (zwingend) und ist am Verlust bis zur Einlage beteiligt (gesetzlicher Normalfall, abdingbar).
- Neben den Vertragsbeziehungen aus der stillen Gesellschaft kann der Stille mit dem Inhaber des Handelsgewerbes auch noch andere sch...