1 Gesellschaftsrecht
1.1 Zivilrechtliche Grundlagen
1.1.1 Zivilrecht und Besteuerung
Die Besteuerung knüpft an Vorgänge an, die ihre rechtliche Gestaltung nach den Vorschriften des Zivilrechts erhalten haben. Es gibt praktisch keinen steuerlich bedeutsamen Sachverhalt, der nicht eine Grundlage im Bereich des Privatrechts findet. Besonders deutlich wird dies bei der unterschiedlichen Behandlung der Personen- und Kapitalgesellschaften. Deshalb werden zunächst im folgenden Kapitel A die zivilrechtlichen Prinzipien der Personengesellschaften und in den Kapiteln G und H die zivilrechtlichen Prinzipien der Kapitalgesellschaften dargestellt. In Teil B ff. und III I ff. folgt die Darstellung der Besteuerung der Personen- und der Kapitalgesellschaften, die den Schwerpunkt des Buches bildet.
- Die Kapitalgesellschaften sind im Zivilrecht Körperschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit und werden als solche getrennt von ihren Gesellschaftern gesehen. Auch im Ertragsteuerrecht werden die Kapitalgesellschaften als eigenständige Steuersubjekte behandelt. Ihre Besteuerung ist von der Besteuerung der Anteilseigner zu trennen. Die Kapitalgesellschaften unterliegen mit ihrem Einkommen der Körperschaftsteuer, ihre Gesellschafter zahlen je nach ihrer Eigenschaft als natürliche oder juristische Personen Einkommen- oder Körperschaftsteuer auf die von der Kapitalgesellschaft erhaltenen Ausschüttungen. Die Anknüpfung an das Zivilrecht führt also zur grundsätzlichen Doppelbesteuerung der Ergebnisse zum einen bei der Gesellschaft und zum andern bei den Gesellschaftern.
- Die Personengesellschaften haben zivilrechtlich nach der älteren Auffassung keine eigene Rechtspersönlichkeit. Träger der zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechte ist danach nicht die Gesellschaft als organisierte Gesamtheit, sondern Träger sind die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit. Nach neuerer Auffassung in Literatur und Rechtsprechung wird den Personengesellschaften, auch der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), im Rechtsverkehr die Rechtsfähigkeit in weiten Bereichen zugestanden. Die (Außen-)GbR ist rechtsfähig, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet. Im Steuerrecht führte die gewandelte zivilrechtliche Auffassung bisher noch zu keinen konsequenten Folgerungen. Die Personengesellschaften sind nur teilweise – abhängig von der Steuerart – eigene Steuersubjekte. Ertragsteuerlich wird ihr Ergebnis zunächst auf Gesellschaftsebene ermittelt und festgestellt. Hinsichtlich der Einkunftserzielung und der Einkünfteermittlung sind die Personengesellschaften also steuerlich Rechtssubjekte. Anschließend wird das Ergebnis aber originär den Gesellschaftern zugerechnet und auf sie verteilt. Bei der Ertragsbesteuerung erfolgt ein Durchgriff durch die Gesellschaft auf die Ebene der Gesellschafter. Die Personengesellschaften sind deshalb selbst keine Subjekte der Besteuerung; sie selbst zahlen keine Einkommensteuer. Ihr Ergebnis wird nur bei den Gesellschaftern besteuert und dort je nach deren Rechtspersönlichkeit der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterworfen. Es kommt also nur zu einer Einmalbesteuerung der Ergebnisse.
- Die fehlende Rechtspersönlichkeit der Personengesellschaft im Zivilrecht schlägt nur im Bereich der Einkommensteuer, dagegen nicht im Bereich der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer durch. Die Personengesellschaft ist Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer, wenn ihre Tätigkeit ein Gewerbebetrieb ist (§ 5 Abs. 1 GewStG). Die Personengesellschaft ist auch umsatzsteuerlich Unternehmerin und als solche Schuldnerin der Umsatzsteuer (§ 13a UStG).
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Rechtspersönlichkeit im Zivilrecht |
Rechtssubjekt der Besteuerung auf dem Gebiet der |
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ESt |
GewSt |
KSt |
USt |
Natürliche Person |
ja |
ja |
ja |
nein |
ja |
Personengesellschaft |
nein |
nein |
ja |
nein |
ja |
Kapitalgesellschaft |
ja |
nein |
ja |
ja |
ja |
1.1.2 Grundformen des Gesellschaftsrechts
Gesellschaften sind alle privatrechtlichen Personenzusammenschlüsse, deren Mitglieder sich rechtsgeschäftlich zusammengeschlossen haben, um einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Das deutsche Gesellschaftsrecht ist wegen der vielen möglichen Rechtsformen außerordentlich komplex. Die unterschiedlichen Rechtsformen lassen sich jedoch von zwei grundsätzlichen Rechtsformen ableiten, nämlich von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, §§ 705 ff. BGB) und dem eingetragenen Verein (e. V., §§ 21 ff. BGB). Der eingetragene Verein ist der Prototyp der rechtsfähigen Körperschaft mit Rechtsfähigkeit, die GbR der Prototyp der (teil-)rechtsfähigen Vereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit.
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Personengesellschaft |
Körperschaft |
Grundform |
- Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR, §§ 705 ff. BGB)
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- Eingetragener Verein (e. V., § 21 ff. BGB)
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Sonderformen |
- OHG (§§ 105 ff. HGB)
- KG (§§ 161 ff. HGB)
- Stille Gesellschaft (§§ 230 ff. HGB)
- Partnerschaftsgesellschaft (PartGG)
- EWIV (EG-VO)
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- Kapitalgesellschaften:
- GmbH (GmbHG)
- Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) (GmbHG)
- AG (AktG)
- Eingetragene Genossenschaft (GenG)
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Mischformen |
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Die Personengesellschaft fußt auf der Persönlichkeit ihrer Gesellschafter. Der Zusammenschluss ist v...