Die Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG setzt grundsätzlich voraus, dass die Personengesellschaft ein gewerbliches Unternehmen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 EStG betreibt. Hierzu gehört, dass die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit als Personengesellschaft den objektiven und subjektiven Tatbestand des Gewerbebetriebs erfüllen. Ein Gewerbebetrieb liegt gem. § 15 Abs. 2 EStG vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Selbständigkeit,
- Nachhaltigkeit der Betätigung,
- Gewinnerzielungsabsicht,
- Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr,
- keine Ausübung von Land- und Forstwirtschaft oder von selbständiger Arbeit
- Betätigung darf den Rahmen einer bloßen Vermögensverwaltung nicht überschreiten (BFH vom 14. 07. 2016 BStBl II 2017, 165).
Objektiv ist die Erfüllung der Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erforderlich. Die Eintragung in das Handelsregister als OHG oder KG ist nicht ausreichend, sondern lediglich ein Indiz. Die Abgrenzung der gewerblichen Einkünfte zu anderen Einkunftsarten und zur privaten Vermögensverwaltung ist grundsätzlich wie bei Einzelunternehmen vorzunehmen.
Beispiel
Betriebsverpachtung
A und B betreiben in der Rechtsform einer OHG in den Jahren 01 bis 10 eine Autoreparaturwerkstätte. Zu Beginn des Jahres 11 wird das Geschäft von der OHG an C verpachtet. Welche Einkünfte liegen vor?
LÖSUNG In den Jahren 01 bis 10 liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor. Ab dem Jahr 11 sind bei der OHG wie bei einem Einzelunternehmen die Grundsätze der Betriebsverpachtung anwendbar (R 139 Abs. 5 EStR). Es handelt es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn von der OHG keine Aufgabeerklärung abgegeben worden ist. Ist eine Aufgabeerklärung abgegeben worden, so liegen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor, weil nur noch eine Vermögensverwaltung gegeben ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
Subjektiv muss sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch auf der Ebene der einzelnen Gesellschafter Einkünfteerzielungsabsicht gegeben sein. Der BFH hält es für zulässig und geboten, Tätigkeiten einer Personengesellschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht unter dem Gesichtspunkt der Liebhaberei steuerrechtlich nicht in die Gewinnermittlung einzubeziehen (sog. Segmentierung BFH vom 25. 06. 1996 BStBl II 1997, 202). Bei einer Personengesellschaft ist grundsätzlich von einem einheitlichen Gewerbebetrieb auszugehen. An sich gemischte Tätigkeiten sind dementsprechend insgesamt zunächst als gewerblich zu behandeln. Erst nach dieser vorrangigen "Färbung" ist für die jeweils verschiedenen, selbständigen Tätigkeitsbereiche das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht zu prüfen. Ertrag und Aufwand, die auf einer privat veranlassten Tätigkeit beruhen, sind steuerrechtlich nicht in die Gewinnerzielung der Personengesellschaft einzubeziehen (Weiss, SteuerStud 2019, 456).
Beispiel
Segmentierung
Eine KG erzielt seit Jahren gewerbliche Einkünfte aus der Vermietung von Grundstücken und Baumaschinen an Hoch- und Tiefbaufirmen, aus dem Verkauf von Grundstücken und Baumaschinen auf eigene Rechnung sowie aus dem An- und Verkauf von Baustoffen. Im Jahr 05 erweitern die Gesellschafter den Unternehmensgegenstand auf die Vermietung von Fluggerät. Sie kaufen auf Kredit zwei Hubschrauber, die sie vermieten und nach Ablauf von drei Jahren wieder verkaufen. Aus der Vermietung und der Veräußerung entstehen laufende Verluste.
LÖSUNG Die KG erzielt aus der Vermietung und dem Verkauf von Grundstücken und Baumaschinen und aus dem An- und Verkauf von Baustoffen gewerbliche Einkünfte gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Grundsätzlich sind zwar die Einkünfte einer gewerblich tätigen Personengesellschaft insgesamt als gewerblich zu qualifizieren, wenn auch nur ein Teil der Einkünfte gewerblicher Natur ist (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Damit sind sämtliche Betätigungen der KG – auch die Vermietung der Hubschrauber – grundsätzlich gewerblicher Natur. Dies schließt jedoch nicht aus, im Anschluss an die Bestimmung des objektiven Tatbestandes der Einkunftserzielung den subjektiven Tatbestand der Einkunftserzielungsabsicht bei den einzelnen Betätigungen isoliert zu prüfen (sog. Segmentierung der Prüfung). Dies führt hier dazu, dass das negative Ergebnis der Hubschraubervermietung nicht in die übrige Gewinnermittlung der KG einzubeziehen ist. Aufwand und Ertrag beruhen hier auf einer privat veranlassten, nicht mit Gewinnerzielungsabsicht getragenen Tätigkeit (Liebhaberei).
Drei Fiktionen der gewerblichen Betätigung in vollem Umfang ergeben sich aus § 15 Abs. 3 EStG:
- Seitwärts-Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 1. Alt. EStG, wenn die Personengesellschaft auch eine gewerbliche Tätigkeit ausübt (unten 1.3.2),
- Aufwärts-Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. EStG durch mit Einkunftserzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer OHG, KG oder einer anderen Personengesellschaft, wenn sie gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erzielt (unten 1.3.2),
- gewerbliche Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (unten 1.3.3).
Erfasst werden die Einkünfte...