Die Rechtsstellung des Zuwendungsnießbrauchers bestimmt sich nach den vertraglichen Vereinbarungen und hilfsweise nach den Vorschriften des BGB und HGB. Der Nießbraucher übt grundsätzlich die Gesellschafterrechte mit Ausnahme der Rechte zur Kündigung oder Liquidation der Gesellschaft aus. Das Fruchtziehungsrecht des Nießbrauchers beschränkt sich auf den gesellschaftsrechtlich entnahmefähigen laufenden Ertrag. Steuerlich kommt es darauf an, ob der Nießbraucher zum Mitunternehmer geworden ist, also hinreichend Mitunternehmerinitiative und -risiko trägt. Der Nießbraucher hat im Regelfall keinen Anteil an den stillen Reserven des Gesellschaftsvermögens und am Geschäftswert. Nach der Rspr. wird der Nießbraucher am Gesellschaftsanteil deshalb nur dann Mitunternehmer, wenn er einen nennenswerten Einfluss auf die Geschäftsführung hat (BFH vom 22. 06. 2017 DStR 2017, 2653; BFH vom 20. 09. 2018 BStBl II 2019, 131; BFH vom 01. 03. 2018 BStBl II 2018, 539). Der Nießbraucher ist nur dann Mitunternehmer, wenn er anstelle des Gesellschafters vollständig dessen gesellschaftsrechtliche Position einnehmen kann, d. h. eine rechtlich geschützte Position innehat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann (BFH vom 19. 07. 2018 DStR 2018, 2372). Ob daneben auch der bisherige Gesellschafter (= Nießbrauchsbesteller) als Mitunternehmer anzusehen ist, richtet sich in erster Linie nach dem Innenverhältnis zwischen Nießbraucher und Nießbrauchsbesteller. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt es zu einer Spaltung des Mitunternehmeranteils zwischen Nießbraucher und Nießbrauchsbesteller. Dem Nießbrauchsbesteller müssen weiterhin die Kernrechte der Gesellschafterstellung zustehen. Er behält auch nach der Einräumung des Nießbrauchs die Befugnis, bei Beschlüssen selbst abzustimmen, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen (BGH vom 09. 11. 1998 DB 1999, 208). Dies ist steuerlich u. a. bei Veräußerung oder Aufgabe des Gesellschaftsanteils ist bedeutsam (zu den steuerlichen Folgen beim Tod des Nießbrauchs-Mitunternehmers s. Mielke, DStR 2014, 18).
Die nichtentnahmefähige Gewinn- und Verlustbeteiligung sowie der Anteil an außerordentlichen Gewinnen sind im Regelfall dem Nießbrauchsbesteller zuzurechnen. Unter diesen Umständen ist auch der Nießbrauchsbesteller Mitunternehmer geblieben, wenn er am Geschäftswert und am Auseinandersetzungsguthaben beteiligt bleibt und zumindest die Möglichkeit der Ausübung von Rechten zurückbehalten hat, die den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten eines Kommanditisten angenähert sind (BFH vom 01. 03. 1994 BStBl II 1995, 241). Er muss gesellschaftsvertraglich das Stimmrecht in außerordentlichen Angelegenheiten oder Grundlagengeschäften haben (BFH vom 23. 02. 2010, II R 42/08, BStBl II 2010, 555). Wenn der Schenker sich bei der Übertragung eines Personengesellschaftsanteils unter Nießbrauchsvorbehalt die Ausübung der Stimmrechte auch in Grundlagengeschäften der Gesellschaft vorbehält, hat der Bedachte keine Mitunternehmerinitiative (BFH vom 06. 05. 2015, II R 34/13, BStBl II 2015, 821).
Zu den gewerblichen Einkünften des Nießbrauchsbestellers rechnen auch Sondervergütungen. Wirtschaftsgüter bleiben Sonderbetriebsvermögen des Nießbrauchsbestellers, auch wenn der Nießbraucher am Gesellschaftsanteil auch den Nießbrauch am Sonderbetriebsvermögen erhält.
Beispiel
A und B sind Gesellschafter der AB-OHG zu je 1/2. A hat der OHG ein ihm gehöriges Grundstück zur eigenbetrieblichen Nutzung vermietet. A räumt dem N im Jahr 03 an seinem Gesellschaftsanteil und an seinem Grundstück den Nießbrauch mit der Maßgabe ein, dass N für A die Geschäftsführung ausübt. Im Jahr 06 erklärt die OHG die Betriebsaufgabe. Behandlung der stillen Reserven aus dem OHG-Anteil und aus dem Grundstück?
LÖSUNG Die Gesellschafter A und B haben in 06 zu je 1/2 den Aufgabegewinn aus den OHG-Anteilen zu versteuern (§ 16 Abs. 2, 3, § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Die Aufgabe des Betriebs der Personengesellschaft löst auch die betriebliche Bindung des Sonderbetriebsvermögens. Die dadurch aufgedeckten stillen Reserven gehören zum begünstigten Aufgabegewinn des A.
Die Bestellung des Nießbrauchs am Gesellschaftsanteil und am zum Sonderbetriebsvermögen gehörenden Grundstück hat weder zur Aufgabe der Mitunternehmerstellung des A noch zur Entnahme des Grundstücks geführt. A hat als Anteilsinhaber einen hinreichenden Bestand an vermögensrechtlicher Substanz des nießbrauchsbelasteten Gesellschaftsanteils (Beteiligung am Geschäftswert und Auseinandersetzungsguthaben) und hinreichende gesellschaftsrechtliche Mitwirkungsrechte (zumindest Rechte, die den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten eines Kommanditisten angenähert sind) zurückbehalten. Durch die Einräumung des Nießbrauchs am Gesellschaftsanteil in 03 wurde die betriebliche Bindung des Grundstücks nicht gelöst. Ein Grundstück, das zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters gehört, wird durch die Bestellung eines Nießbrauchs am Gesellschaftsanteil und am Grundstück grundsätzlich nicht entn...