In steuerlichen Sonderbilanzen der Gesellschafter werden Wirtschaftsgüter bilanziert, die dem Gesellschafter gehören oder seiner Beteiligung dienen (vgl. 2.3.2). In steuerlichen Ergänzungsbilanzen werden individuelle Korrekturen zu den Wertansätzen in der Gesamthandsbilanz der Gesellschaft bilanziert, die auf einzelne Gesellschafter entfallen (BFH vom 28. 09. 1995 BStBl II 1996, 68). Sonderbilanzen der Gesellschafter werden erst auf der zweiten Stufe, Ergänzungsbilanzen dagegen noch auf der ersten Stufe der Gewinnermittlung, nämlich auf der Ebene des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft, erstellt. Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens dürfen in Ergänzungsbilanzen nicht ausgewiesen werden. Ergänzungsbilanzen setzen Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens voraus und erfassen nicht diese Wirtschaftsgüter selbst, sondern Werteabweichungen zwischen dem Kapitalkonto des Gesellschafters in der Gesamthandsbilanz und seinem tatsächlichen steuerlichen Eigenkapital. Die Ergebnisse der steuerlichen Ergänzungsbilanzen gehören zur ersten Gewinnermittlungsstufe des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und nicht zur zweiten Gewinnermittlungsstufe der Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben der Gesellschafter. Die in der Person des einzelnen Mitunternehmers begründeten Korrekturen zu Wertansätzen der Gesamthandsbilanz können zu Aufstockungen in einer positiven Ergänzungsbilanz (Mehrwerte), aber auch zu Abstockungen in einer negativen Ergänzungsbilanz (Minderwerte) führen. Ergänzungsbilanzen kommen in folgenden Fällen in Betracht:
- Anteilige Inanspruchnahme personenbezogener Steuervergünstigungen durch einzelne Gesellschafter (z. B. erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen, unversteuerte Rücklagen nach § 6b EStG),
- Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter in eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (§ 6 Abs. 5 Sätze 3 und 4 EStG),
- entgeltlicher Erwerb eines Mitunternehmeranteils, Gesellschafterwechsel (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG),
- Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Personengesellschaft (§ 24 UmwStG),
- Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (§§ 3 ff. UmwStG).
Die Mehr- oder Minderwerte in der Ergänzungsbilanz stellen eine akzessorische Ergänzung zur Gesamthandsbilanz dar. Wenn die Wirtschaftsgüter aus dem Gesamthandsvermögen ausscheiden, sind sie ebenso wie in der Gesamthandsbilanz auch in der Ergänzungsbilanz auszubuchen. Die Ergänzungsbilanz eines Gesellschafters ist auch aufzulösen, wenn er selbst aus der Gesellschaft ausscheidet. Durch das Ergebnis aus der positiven bzw. negativen Ergänzungsbilanz wird der Gewinnanteil des betreffenden Gesellschafters nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vermehrt bzw. vermindert (BFH vom 15. 03. 2017 DStR 2017, 1976).
2.3.4.1 Positive Ergänzungsbilanz
Eine positive Ergänzungsbilanz wird unter anderem für den Erwerber bei der entgeltlichen Übertragung eines Gesellschaftsanteils aufgestellt, wenn beim Veräußerer stille Reserven aufgelöst werden. In der Steuerbilanz der Gesellschaft werden die Bilanzansätze der Wirtschaftsgüter unverändert weitergeführt. Die Differenz zwischen dem Buchwert des Gesellschaftsanteils des Erwerbers in der Steuerbilanz der Gesellschaft und dem Kaufpreis des Gesellschaftsanteils wird in der Ergänzungsbilanz als Mehrkapital des Neugesellschafters ausgewiesen. Auf der Aktivseite der Ergänzungsbilanz werden die Mehrbeträge entsprechend den Teilwerten der Einzelwirtschaftsgüter eingestellt. Die Mehrbeträge enthalten die anteilig aufgelösten stillen Reserven der Einzelwirtschaftsgüter.
Beispiel
An der A-OHG sind A zu 60 % und B zu 40 % an Gewinn, Verlust und stillen Reserven einschließlich des Firmenwerts beteiligt, Die Bilanz weist zum 31. 12. 01 die folgenden Werte aus:
Aktiva |
Bilanz der A-OHG zum 31. 12. 01 |
Passiva |
|
Buchwert |
(Teilwert/gemeiner Wert) |
|
|
Grund und Boden |
80 000 |
(100 000) |
Kapital A |
150 000 |
Gebäude |
120 000 |
(150 000) |
Kapital B |
50 000 |
Maschinen |
20 000 |
(30 000) |
Lieferantenschulden |
70 000 |
Einrichtung |
10 000 |
(15 000) |
sonstige Verbindlichkeiten |
10 000 |
Waren |
50 000 |
(55 000) |
|
|
Firmenwert |
0 |
(50 000) |
|
|
|
280 000 |
400 000 |
|
280 000 |
Am 31. 12. 01 veräußert B seinen Gesellschaftsanteil zu einem Kaufpreis von 98 000 EUR an den C, der ebenfalls mit 40 % beteiligt wird. Das Gebäude wird gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG mit 3 % abgeschrieben. Die Maschinen und die Einrichtung werden linear gemäß § 7 Abs. 1 EStG abgeschrieben und haben am 01. 01. 02 jeweils noch eine Restnutzungsdauer von 2 Jahren. Die Warenbestände sind am 31. 12. 02 noch zu 20 % vorhanden.
LÖSUNG C erwirbt steuerlich nicht ein Wirtschaftsgut "Gesellschaftsanteil", sondern den ideellen Anteil an jedem einzelnen Wirtschaftsgut. Die Anschaffungskosten des C betragen insgesamt (50 000 EUR bisheriger anteiliger Buchwert des Gesellschaftsanteils zzgl. anteilig bezahlte stille Reserven und Firmenwert 48 000 EUR =) 98 000 EUR. In der Gesamthandsbilanz der OHG zum 01. 01. 02 führt C das Kapitalkonto des B mit 50 000 EUR unverändert fort. Die von C bezahlten anteilig...