Die Vorschrift des § 6 Abs. 5 EStG regelt die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern des Betriebsvermögens in ein anderes Betriebsvermögen. Unternehmerisches Handeln im mittelständischen Bereich soll nicht durch ertragsteuerliche Regelungen gefährdet werden. Die Steuerneutralität der Übertragung von Wirtschaftsgütern soll erforderliche Umstrukturierungen von Personenunternehmen erleichtern. Der Gesetzeszweck geht dahin, solche Übertragungen grundsätzlich zum Buchwert und damit ohne Aufdeckung stiller Reserven zuzulassen, wenn entweder dieselbe Person oder dieselben Personen vor und nach der Übertragung Rechtsträger sind oder wenn die Übertragung zwar zum Rechtsträgerwechsel führt, aber dies lediglich innerhalb derselben Mitunternehmerschaft geschieht.
In § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG wird die Buchwertfortführung bei Überführung von Wirtschaftsgütern ohne Rechtsträgerwechsel geregelt. Die Buchwerte sind anzusetzen, wenn Wirtschaftsgüter aus einem eigenen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in dessen Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften überführt werden. Das bisherige Wahlrecht, statt des Buchwerts den Teilwert oder einen Zwischenwert anzusetzen, gilt seit 01. 01. 1999 nicht mehr.
In § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG wird die Buchwertfortführung auf bestimmte Fälle der Überführung von Wirtschaftsgütern mit Rechtsträgerwechsel erstreckt. § 6 Abs. 5 EStG umfasst insgesamt folgende Fälle der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter:
§ 6 Abs. 5 EStG |
Sachverhalt: Übertragung/Überführung des Wirtschaftsguts |
Rechtsfolge |
Satz 1 |
Überführung von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen |
zwingende Buchwertfortführung, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist |
Satz 2 |
Überführung aus einem eigenen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in dessen Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt |
wie Satz 1 |
Satz 2 |
Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften |
wie Satz 1 |
Satz 3 Nr. 1 |
Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus dem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt |
wie Satz 1 |
Satz 3 Nr. 2 |
Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, und umgekehrt |
wie Satz 1 |
Satz 3 Nr. 3 |
Übertragung unentgeltlich zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft |
wie Satz 1 |
Das Gesetz weist einen präzisen Katalog auf. Dies spricht für eine enumerative und nicht lediglich beispielhafte Aufzählung der Übertragungsfälle, die unter die Buchwertfortführung fallen. Nicht ausdrücklich erwähnte Sachverhalte wie z. B. die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften werden nicht erfasst. Das Gesetz will das Überspringen stiller Reserven auf andere natürliche Personen zwar zulassen, aber nicht zwischen verschiedenen Mitunternehmerschaften. Nach h. M. sind bei Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften tauschähnliche Vorgänge anzunehmen, die zur Gewinnrealisierung führen. In dieser Allgemeinheit ist das nicht überzeugend. Wenn es der Gesetzeszweck ist, das Überspringen von stillen Reserven zwischen verschiedenen Mitunternehmern verschiedener Mitunternehmerschaften zu verhindern, muss zumindest die Buchwertüberführung zwischen personen- und anteilsidentischen Schwestergesellschaften zulässig sein. Die Buchwertfortführung lässt sich jedoch u. U. dadurch erreichen, dass die Wirtschaftsgüter zunächst aus dem Gesamthandsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen und von dort in das Sonderbetriebsvermögen oder Gesamthandsvermögen der Schwesterpersonengesellschaft übertragen werden (OFD Frankfurt/Main vom 10. 04. 2019 DStR 2019, 1357; zu Gestaltungsmöglichkeiten Fischer/Petersen, DStR 2019, 2169). Zur Frage der steuerneutralen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nahmen der I. Senat und der IV. Senat des BFH gegenläufig Stellung. Der I. Senat des BFH hält in diesen Fällen eine Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG für ausgeschlossen, weil keine planwidrige Gesetzeslücke vorliege (Urteil vom 25. 11. 2009 I R 72/08 BStBl II 2010, 471). Dem widerspricht der IV. Senat des BFH und plädiert für eine verfassungskonforme Auslegung nach dem Gebot der Folgerichtigkeit (Urteil vom 15. 04. 2010 IV B 105/09 BStBl II 2010, 971). Seine Auffassung würde die Gestaltungsspielräume erheblich erweitern. Klarheit kann nur eine Entscheidung des Großen Senats des BFH bringen.
Der BFH ...