Eine teilentgeltliche Übertragung liegt vor, wenn für die Übertragung des Wirtschaftsguts vom Gesellschafter an die Gesellschaft oder umgekehrt ein Entgelt vereinbart wird, das unterhalb des Teilwerts liegt (gemischte Schenkung). In der Praxis ist dies häufig in den Fällen der vorweggenommenen Erbfolge, insbesondere bei Abstandszahlungen, Gleichstellungsgeldern und der Übernahme von Verbindlichkeiten anzutreffen. Die rechtliche Behandlung ist zwischen Rspr. und Finanzverwaltung umstritten. Bei teilentgeltlicher Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung und des X. Senats des BFH die strenge Trennungstheorie. Das Rechtsgeschäft ist im Verhältnis des zu leistenden Entgelts zum Verkehrswert übertragenen Wirtschaftsguts in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuspalten (sog. Entgeltlichkeitsquote, BMF vom 07. 06. 2001 BStBl I 2001, 367; BMF vom 08. 12. 2011 BStBl 2011, 1279, Rz. 15; BFH vom 27. 10. 2015, X R 28/12, DStR 2015, 2834). Der Umfang der Entgeltlichkeit bestimmt sich nach dem Verhältnis des Kaufpreises zum Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts. Für den entgeltlichen Teil gelten die Grundsätze der Veräußerung wie unter fremden Dritten (vgl. 4.4.1.1). Für den unentgeltlichen Teil sind die Grundsätze der unentgeltlichen Übertragung anzuwenden (vgl. 4.4.2).
Beispiele
Vater A überträgt auf seinen Sohn S ein Grundstück (Buchwert 100 000 EUR, Teilwert 250 000 EUR). S muss im Gegenzug (alternativ)
- dem A eine Abstandszahlung i. H. v. 125 000 EUR zahlen,
- seiner Schwester T ein Gleichstellungsgeld i. H. v. 125 000 EUR zahlen,
- Verbindlichkeiten des A i. H. v. 125 000 EUR übernehmen.
LÖSUNG S hat in den Fällen a)–c) jeweils zu 1/2 unentgeltlich erworben und führt insoweit den auf ihn entfallenden Buchwert i. H. v. 50 000 EUR fort. I. H. d. Abstandszahlung, des Gleichstellungsgeldes oder der Übernahme der Verbindlichkeiten liegt eine entgeltliche Anschaffung der anderen Grundstückshälfte vor. Die Differenz zwischen dem Entgelt, jeweils i. H. v. 125 000 EUR, und dem anteiligen Buchwert 50 000 EUR führt zu einem Veräußerungsgewinn.
Eine Gegenleistung kann sowohl durch die Hingabe von Aktiva als auch durch die Übernahme von Passiva (z. B. Verbindlichkeiten) erfolgen. In diesen Fällen ist die Übertragung des Wirtschaftsguts nicht vollumfänglich unentgeltlich. Soweit Einzelwirtschaftsgüter gegen Übernahme von Verbindlichkeiten übertragen werden, steht dies einer erfolgsneutralen Übertragung entgegen. Die Übernahme von Verbindlichkeiten ist als besonderes Entgelt anzusehen (BFH vom 11. 12. 2001, VIII R 58/98, BStBl II 2002, 420).
Der Charakter des Kapitalkontos, das bei dem Zugang des Wirtschaftsguts angesprochen wird, entscheidet darüber, ob die Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt (vgl. zur Abgrenzung von Eigenkapital und Darlehenskonten BFH vom 04. 02. 2016, IV R 46/12, BStBl II 2016, 607; BMF vom 26. 07. 2016, BStBl I 2016, 684).
Beispiel
a) |
A und B sind zu je 50 % an der AB-OHG beteiligt. In seinem Einzelunternehmen hat A einen Pkw (Buchwert 1 000 EUR, Verkehrswert 10 000 EUR). Zudem hat A eine Verbindlichkeit bei der Bank des Pkw-Herstellers i. H. v. 3 000 EUR. A überträgt den Pkw nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen der AB-OHG. Dabei übernimmt die AB-OHG auch das Darlehen. |
LÖSUNG Der Vorgang ist eine teilentgeltliche Übertragung. Der entgeltliche Teil beträgt durch die Übernahme der Verbindlichkeit 30 % (3 000 EUR von 10 000 EUR). Im Einzelunternehmen werden durch die Übertragung stille Reserven i. H. v. 2 700 EUR (3 000 EUR abzgl. 30 % des Buchwerts = 300 EUR) aufgedeckt. Die OHG muss den Pkw mit 3 700 EUR (3 000 EUR zzgl. 70 % des Buchwerts = 700 EUR) auf der Aktivseite und die Verbindlichkeit mit 3 000 EUR auf der Passivseite im Gesamthandsvermögen bilanzieren (BMF vom 08. 12. 2011 BStBl I 2011, 1279, Tz. 15).
b) |
Fallabwandlung: A überträgt den Pkw (Pkw (Buchwert 1 000 EUR, Verkehrswert 10 000 EUR) in das Gesamthandsvermögen der OHG teilweise gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten i. H. v. 1 000 EUR (Buchung auf dem Kapitalkonto des A) und teilweise durch Buchung auf dem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto i. H. v. 9 000 EUR. Die OHG übernimmt keine Verbindlichkeiten und aktiviert den Pkw mit 10 000 EUR in ihrem Gesamthandsvermögen. |
LÖSUNG Die nur teilweise Buchung über ein Gesellschaftsrechte vermittelndes Kapitalkonto führt insgesamt zu einem entgeltlichen Vorgang. Dennoch muss die Übertragung des Pkw zwingend mit dem Buchwert angesetzt werden, weil die Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt ist (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG). Wenn mit der Übertragung eine Änderung der Gewinnverteilung und der Beteiligung am Liquidationserlös verbunden ist, haben sowohl A als auch B eine negative Ergänzungsbilanz aufzustellen. In den übrigen Fällen sind die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven in vollem Umfang dem Einbringenden A zuz...