Bei einer sog. geschlossenen Mitunternehmerkette ist zur Missbrauchsvermeidung bestimmt, dass der Gesellschafter der Obergesellschaft zugleich Sondermitunternehmer der Untergesellschaft ist. Die von der Obergesellschaft aus ihrer Beteiligung an der Untergesellschaft erzielten Gewinnanteile sind Teil ihres Gesamtgewinns und werden den Mitunternehmern der Obergesellschaft nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zugeordnet (Schmid/Heinz/Jung, GmbHR 2007, 628; Kamchen/Kling, NWB 2016, 1275). Auf Leistungsvergütungen der Untergesellschaft an den Gesellschafter der Obergesellschaft ist § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzuwenden. Er ist mittelbar Mitunternehmer der Untergesellschaft (sog. Durchgriffstheorie). Sondervergütungen, welche die Untergesellschaft einem Gesellschafter der Obergesellschaft für unmittelbare Leistungen (Tätigkeit, Kapital, Nutzungen) an die Untergesellschaft gewährt, werden im Gesamtgewinn der Untergesellschaft nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfasst. Die Vergütung ist bei der Gewinnfeststellung der Untergesellschaft dem die Leistung erbringenden Gesellschafter allein als Vorwegvergütung zuzurechnen. Er nimmt (nur) mit der Sondervergütung an der Gewinnfeststellung der Untergesellschaft teil, obwohl er nicht (unmittelbar) Gesellschafter der Untergesellschaft ist. Zur Anwendung des § 15a EStG bei doppelstöckigen Personengesellschaften im Fall von Verlusten beschränkt haftender Gesellschafter vgl. E 1.13.
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG lässt die Stellung der zwischengeschalteten Personen(ober)gesellschaft unberührt. Sie bleibt Gesellschafterin und Mitunternehmerin der Untergesellschaft. Deshalb ist der auf die Obergesellschaft entfallende Anteil am Gewinn der Untergesellschaft weiterhin der Obergesellschaft und nicht etwa deren Gesellschaftern im Rahmen der Gewinnfeststellung der Untergesellschaft zuzurechnen.
Beispiel
Mittelbare Beteiligung
An der ABC-OHG sind A, B und C zu je 1/3 beteiligt. Die ABC-OHG ist an der X-KG mit 90 % beteiligt. Die restlichen 10 % werden von der X-(Komplementär-)GmbH gehalten. A hat der X-KG Geschäfte vermittelt und dafür von ihr Provisionsentgelte i. H. v. 200 000 EUR erhalten. Der Handelsbilanzgewinn der X-KG im Jahr 01 beträgt 1,5 Mio. EUR, der Handelsbilanzgewinn der ABC-OHG 750 000 EUR.
LÖSUNG
Gewinnfeststellung der X-KG
|
X-KG |
ABC-OHG |
X-GmbH |
A |
Handelsbilanzgewinn |
1 500 000 EUR |
1 350 000 EUR |
150 000 EUR |
– |
+ Sonderbetriebseinnahmen des A |
200 000 EUR |
– |
– |
200 000 EUR |
steuerlicher Gesamtgewinn |
1 700 000 EUR |
1 350 000 EUR |
150 000 EUR |
200 000 EUR |
Gewinnfeststellung der ABC-OHG
|
A |
B |
C |
Gesamtgewinn |
250 000 EUR |
250 000 EUR |
250 000 EUR |
Die gewerblichen Einkünfte des A betragen insgesamt 450 000 EUR.
Die Obergesellschaft kann weiterhin Sonderbetriebsvermögen bei der Untergesellschaft haben und von dieser Sondervergütungen i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG beziehen. Die Gesellschafter der Obergesellschaft haben weiterhin bei der Obergesellschaft Sonderbetriebsvermögen und beziehen von dieser Sondervergütungen. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG erstreckt sich in seiner Auswirkung also nur darauf, dass die Gesellschafter der Obergesellschaft auch bei der Untergesellschaft Sonderbetriebsvermögen haben und von dieser Sondervergütungen beziehen können.
Beispiel
Gesellschafter A der X-OHG erbringt Arbeitsleistungen für die Y-OHG, an der er nicht unmittelbar beteiligt ist, und erhält hierfür von der Y-OHG eine Vergütung. Die X-OHG hält eine Beteiligung an der Y-OHG.
Abb. 2.B.6
LÖSUNG Mitunternehmer bei der Y-OHG sind unmittelbar die X-OHG, C, D und mittelbar A. Am Gewinn der Y-OHG nehmen jedoch nur die unmittelbaren Gesellschafter (X-OHG, C, D) teil. Bei A ist lediglich die Vergütung aus dem Arbeitsverhältnis als Sonderbetriebseinnahmen i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusetzen. Die damit zusammenhängenden Aufwendungen sind Sonderbetriebsausgaben.
Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter der Obergesellschaft unmittelbar der Untergesellschaft zur Nutzung überlässt, sowie Forderungen gegen die Untergesellschaft sind als Sonderbetriebsvermögen I Teil des Gesamtbetriebsvermögens der Untergesellschaft. Die Sondervergütungen, welche die Gesellschafter der Obergesellschaft von der Untergesellschaft erhalten, sind bei diesen Sonderbetriebseinnahmen mit der Folge, dass der Gewinn, insbesondere auch der Gewerbeertrag der Untergesellschaft, nicht gemindert wird. Der Gewinn der zwischengeschalteten Obergesellschaft sowie ihr Betriebsvermögen und ihre Gewinnfeststellung werden nicht berührt.
Beispiel
Im obigen Beispiel vermietet A ein Grundstück an die Y-OHG.
LÖSUNG Das vermietete Grundstück ist Sonderbetriebsvermögen des A bei der Y-OHG und nicht etwa bei der X-OHG. A nimmt als mittelbarer Mitunternehmer an der Gewinnfeststellung der Y-OHG teil und hat dort die Miete als Sonderbetriebseinnahme zu erfassen.
Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft gehört zum Gewerbeertrag der Untergesellschaft der Gewinn der Obergesellschaft aus der Veräußerung ihres Mitunternehmeranteils (BFH...